FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte bisher seine Rolle bei der Gründung von FPÖ-nahen Vereinen, die im Fokus der Staatsanwaltschaft standen, stets heruntergespielt. Ein offenbar heimlich vom Ex-FPÖ-Abg. Hans-Jörg Jenewein aufgezeichnetes Telefonat legt jetzt aber den Verdacht nahe, dass Kickl in die Architektur der parteinahen Vereine involviert war, die die WKStA auf den Plan gerufen hatte, berichtet die "Presse".
"Und dann hat der Herbert auch den Namen Austria in Motion, soweit ich mich erinnern kann, konzipiert", heißt es etwa in dem Telefonat Jeneweins mit den FPÖ-Kollegen Markus Tschank und Markus Braun. "Ich war damals bei einem Gespräch dabei, als es um die Idee dieses Vereines (gemeint ist "Austria in Motion, Anm.) gegangen ist", hatte Kickl unter Wahrheitspflicht letzten März im Ibiza-U-Ausschuss gesagt: Bis zur Veröffentlichung des Ibiza-Videos habe er "mit dem Verein seit diesem Erstgespräch überhaupt nichts mehr zu tun gehabt".
Telefonat bei Ermittlungen gefunden
Das Telefonat zeichnet ein Bild stärkerer Einbindung: Die drei Freiheitlichen erörtern darin - in Vorbereitung auf die Zeugenbefragung im U-Ausschuss - die Ab- und Hintergründe der FPÖ-nahen Vereine (Austria in motion, ISP), berichtet die Freitags-"Presse" unter Hinweis auf den ihr vorliegenden Akt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte schon angesichts des Ibiza-Videos Ermittlungen rund um diese Vereine wegen des Verdachts verdeckter Parteispenden aufgenommen, teilweise wurden sie eingestellt. Aktuell wird noch "wegen der Mittelverwendung durch Vereine wegen Untreue" ermittelt; Tschank und drei weitere ehemalige Vereinsfunktionäre werden laut Medien als Beschuldigte geführt.
Ermittelt wird in anderer Sache (er soll illegal Informationen aus dem BVT bekommen haben) auch gegen Jenewein. Und bei ihm wurde, so die "Krone", im Zuge einer Razzia das aufgezeichnete Telefonat gefunden. Der frühere Abgeordnete Tschank (er war dann Kassier des Vereins) erzählt, wie 2015 auf Wunsch des damaligen Parteichefs Heinz-Christian Strache der Verein "Austria im Motion" auf die Beine gestellt wurde:
"Wir haben uns damals mit dem Herbert Kickl im Bundesbüro zusammengesetzt und haben das besprochen und haben gesagt, schau: Wenn man einen externen Verein gründet und der Verein hat einen eigenen Verwendungszweck (...) das was nicht passieren darf ist, dass das Geld, wenn es dort einen Vereinsspender gibt, dass das Geld dann verwendet wird für Parteizwecke", schilderte Tschank. "Und dann hat der Herbert auch den Namen Austria in Motion, soweit ich mich erinnern kann, konzipiert. Und ich hab dann Satzungen gebastelt. Austria in Motion ist der prominenteste Verein, weil dort am meisten Geld eingetroffen ist. Du hast dort wahrscheinlich ungefähr eine halbe Million an reinen Spendengeldern lukriert."
"Für jede Spende gibt's 20 Prozent"
Die FPÖ habe Verträge mit der 2017 gegründeten Agentur "St. Stephens" und auch mit den Vereinen gehabt: "Für jede Spende, die die Agentur bringt, gibt's 20 Prozent." Und: "Die Bundesgeschäftsstelle hat es gewusst komplett - also das war Teil der Gesamtstrategie auch im Wahlkampf 17 schon. Sonst hätten wir diese Provisionsverträge gar nicht aufgesetzt." 2017 sei es dann auch "losgegangen. Und dann sind da so riesige (...) Summen eingegangen. Ganz, ganz regelmäßig. Auch viele kleine Summen. Stieglitz zum Beispiel."
Siegfried Stieglitz stand am Donnerstag wegen der Spenden vor Gericht: Ihm und Strache werden Bestechung und Bestechlichkeit vorgeworfen, konkret dass Stieglitz an "Austria in Motion" gespendet und dafür ein Aufsichtsratsmandat in der Asfinag bekommen haben soll.
"Okay, wir gründen einen Sicherheitsverein"
Tschank ist, wie er laut "Krone" erzählt, "aus allen Wolken gefallen" als er sich nach Auftauchen des Ibiza-Videos die Vereinsunterlagen ansah. Dann wurde schnell ein Büro angemietet - und der Vereinskassier beschloss, alle Summen zurückzuüberweisen, weil er schon ein schlechtes Gefühl hatte.
Der Verein ISP habe Verträge mit dem Verteidigungsministerium gehabt: "Doskozil ist da an den Joschi herangetreten und hat gesagt, es ist ein Vertrag frei, ja, ob die FPÖ jemanden hätte, der das kann. Dann haben wir gesagt, okay wir gründen einen Sicherheitsverein." Der damalige Verteidigungsminister und jetzige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) bestritt diese Darstellung.
"Bei uns werden's keine Chat-Protokolle finden"
Beraten hätten die drei Freiheitlichen - mit Blick auf den U-Ausschuss - auch über Verschleierungstaktiken. Jenewein habe vorab Aktenlieferungen an Tschank versprochen - der wiederum zugesagt habe, verlässlich zu schreddern. Auch eine Einschätzung anderer Abgeordneter wird kundgetan: Den Grünen David Stögmüller bezeichnet Jenewein als "Bauernbua aus dem Innviertel", der keinen geraden Satz reden könne. Stephanie Krisper (NEOS) sei "nicht die hellste Kerze auf der Torte". Und: "Ungut ist der Krainer (Jan, SPÖ, Anm.), weil er nur mit Polemik arbeitet." Zum Schluss sprechen die Freiheitlichen über die Sprengkraft von Chats: "Bei uns werden's halt keine Chat-Protokolle finden. Keine Korrespondenzen", zitiert die "Presse".
Die FPÖ trat Vorwürfen gegen Kickl in einem Statement am Freitag entgegen: "Einen Verein zu gründen, ist ein verfassungsmäßig verbrieftes Recht. Es handelt sich hier um den unlauteren Versuch, etwas zu skandalisieren und zu kriminalisieren, wo es nichts zu skandalisieren und zu kriminalisieren gibt." Kickl habe - wie er auch im Ibiza-Untersuchungsausschuss ausgesagt habe - nie eine Funktion in diesem Verein innegehabt und sei nie Mitglied gewesen. "Alle Verfahren gegen die FPÖ in der Causa Vereine und illegale Parteifinanzierung wurden von der WKStA eingestellt", hieß es.