Die Debatte um den Umgang mit der grassierenden Inflation wird immer schärfer geführt. Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) fordert nun eine Preiskommission. Indes wird der Vorschlag von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr nicht den Strompreis, sondern die Haushaltsrechnungen zu deckeln, auch von der Regierung geprüft.
Die Preise deckeln könne man nur auf europäischer Ebene, so Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) heute am Rande einer Pressekonferenz. Die Idee, stattdessen aber die Höhe der Strom- oder Gasrechnung zu deckeln, sei hingegen sein "sehr spannender Vorschlag". Das sei eben kein Eingriff in den Preisbildungsprozess, aber eine Beschränkung eines Teils der Kosten. Eines Teils deshalb, damit Haushalte dennoch einen Anreiz haben, um Energie einzusparen.
Einen Zeitrahmen wollte der Finanzminister heute nicht nennen: "Wir werden so schnell wie möglich auch einen Vorschlag auf den Tisch bringen", versicherte er aber. "Über den Sommer werden wir jetzt intensiv daran arbeiten".
An Details wird "fieberhaft" gearbeitet
Ihm gehe es bei seinem Vorschlag darum, dass die Energierechnungen begrenzt und gleichzeitig Anreize zum Energiesparen gegeben würden, präzisierte wiederum Felbermayr am Montag. Für Durchschnittshaushalte und gegebenenfalls auch kleinere gewerbliche Verbraucher sollen die Rechnungen nicht um mehr als 10 oder 20 Prozent steigen.
"Daher sollten die Energieversorger einen Teil des Energieverbrauchs der Haushalte kostenfrei abgeben, für den Rest aber Marktpreise verrechnen", so der Wifo-Direktor. Offen sei etwa, wie unterschiedliche Haushaltsgrößen bei der Berechnung der Gutschrift berücksichtigt werden sollen, welche Obergrenzen es geben soll und ob Strom und Gas gleich behandelt werden sollen, so der Ökonom. An Antworten auf diese Fragen würde derzeit noch "fieberhaft" gearbeitet.
Gewerkschaft will Energiepreisdeckel
Gewerkschaftsbund-Präsident Wolfgang Katzian zeigte sich heute im Ö1-Morgenjournal "sehr, sehr froh, dass das endlich passiert". Der Gewerkschafter fordert aber deutlich mehr und raschere Maßnahmen: "ein Energiepreisdeckel für private Haushalte absolut alternativlos".
Man prüfe alle Vorschläge, so Finanzminister Brunner, er halte aber nichts davon, auf nationaler Ebene in die Märkte direkt einzugreifen. Wäre der Strom in Österreich billiger, würden Nachbarstaaten von niedrigen Preisen profitieren, die die österreichischen Steuerzahler finanziert würden: "Da muss man sich schon seriös anschauen, ob das gescheit ist", so der Finanzminister.
Finanziert solle das aus Katzians Sicht über eine Abschöpfung der krisenbedingten Übergewinne von Energieunternehmen: "Alle, die heute mit Wasser, mit Wind oder mit Sonne produzieren, wo weder das Wasser noch die Sonne noch der Wind teurer geworden ist, profitieren vom hohen Gaspreis". Die europäische Energieagentur schätze, dass so "200 Milliarden Euro in die Kassen der Energieversorger gespült" worden seien, so Katzian.
ÖGB will mit Preiskommission nicht warten
Der Gewerkschaftsbund schlägt außerdem vor, etwa die Mehrwertsteuer für Produkte des täglichen Bedarfs auf eine bestimmte Zeit auszusetzen oder zu halbieren. Eine Preiskommission solle zusätzlich Kontrollen durchführen und auch Preisobergrenzen festlegen können, fordert der ÖGB.
Das könne der Gewinnpreisspirale nicht nur bei Energie-, sondern auch bei Lebensmittelpreisen einen Riegel vorschieben, zeigt sich der ÖGB-Präsident überzeugt. Das bestehende Expertengremium der Regierung sei hier zu zahnlos. Auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kann sich eine amtliche Preisregelung für bestimmte Produkte vorstellen.
Der Fiskalrat hält eine solche Kommission aktuell nicht für notwendig. Gezielte Maßnahmen für Menschen, die sich aufgrund der Teuerung den Alltag nicht mehr leisten können, seien demnach zurzeit besser. Rasche Maßnahmen besonders für armutsbetroffene Familien mit Kindern forderten heute auch Caritas, Volkshilfe und Diakonie. Alle drei Hilfsorganisationen berichteten von einem immensen Anstieg Hilfesuchender.
Eine Preiskommission erst einzusetzen, wenn Russland den Gashahn zudrehe, sei zu spät, so Katzian. Jeder wisse, "dass uns das möglicherweise ins Haus steht und wenn bestimmte Optionen auf mich zukommen, dann wäre ich persönlich zumindest gerne vorbereitet und fange nicht erst zum Planen an, wenn das dann am Tisch liegt".
SPÖ will Eile, FPÖ Sanktionsende
"Dass die türkis-grüne Regierung immer am längsten braucht, wenn es darum geht, die Menschen zu entlasten, ist bekannt", kritisiert auch SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter. Er fordert deshalb, "gleich die Finanzierung der Hilfen für die Haushalte durch eine Abschöpfung der Milliarden an Übergewinnen, die bei den Energiekonzernen zusammenkommen, mitzuprüfen und hier nicht auch noch wertvolle Zeit zu verlieren".
Die FPÖ ist hingegen weiterhin davon überzeugt, dass ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland, das in der Ukraine einen Angriffskrieg führt, der richtige Weg aus der Teuerung wäre. Die SPÖ, der auch ÖGB-Präsident Katzian angehört, sei eine treibende Kraft hinter den Sanktionen, wird in einer Aussendung kritisiert. Bei der Sozialdemokratie würden "Forderungen und die politische Realität" weit auseinanderdriften, kritisierte die blaue Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch außerdem. So werde die rot regierte Stadt Wien etwa nächstes Jahr die Gebühren für Müll, Kanal und Wasser erhöhen.