Der freiheitliche Kandidat für die Hofburg, Walter Rosenkranz, will vor allem mit zwei Themen im Wahlkampf um die Hofburg punkten: Die Coronamaßnahmen und der Umgang mit der österreichischen Neutralität im Krieg Russlands gegen die Ukraine. Eine unbeliebte Regierung würde er zwar nicht sofort entlassen und vorher das Gespräch suchen, sagte er im APA-Interview. Sollte es zu "drastischen Verschiebungen" kommen, müssten die Karten aber "neu gemischt werden".
"Die Regierung entlassen ist eine Möglichkeit. Nur ich sehe das nicht als ersten Schritt und notwendig. Ich möchte zuerst einmal mit den Regierenden sprechen", meint Rosenkranz im Hinblick auf die derzeitige Performance von Türkis-Grün in den aktuellen Krisen. Als direkt gewählter Volksvertreter - "das ist die Stärke des Bundespräsidenten" - hätte er aber die Macht, das Volk neu entscheiden zu lassen, ob die Mehrheitsverhältnisse noch passen.
Überschießende Corona-Maßnahmen
Als Quell der Unzufriedenheit im Volk sieht Rosenkranz etwa die seiner Meinung nach überschießenden Corona-Maßnahmen. Zwar verteidigt er den anfänglichen Schulterschluss, letztendlich habe das "Herumschwimmen" in der Gesundheitspolitik zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt, die sich bis in Freundeskreise und Familien gezogen habe. Dabei soll ihm auch seine Erfahrung als Volksanwalt mit einzelnen Fällen zugutekommen, ein Amt das er weiterführen, aber vom Wahlkampf strikt trennen will.
Kein Rütteln an der Neutralität
Kein Rütteln gibt es für Rosenkranz an der Neutralität - obwohl das im "Wirtschaftskrieg" gegen Russland bereits der Fall sei. Dass der Angriff Russlands auf die Ukraine nicht begründbar ist, sei völkerrechtlich und menschenrechtlich unbestritten, "das kann einen auch als österreichischer Bundespräsident nicht kalt lassen". Aber: "Dieser Irrsinn muss ein Ende haben und wir als Österreich bieten uns als neutraler Boden für Verhandlungen an. Da hat Österreich seine glaubwürdige Rolle mittlerweile leider verloren." Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland seien "letztlich nicht zu Ende gedacht".
Dass die FPÖ in einem ihrer Sujets mit der ikonischen Staatsvertrags-Balkonszene mit dem einstigen ÖVP-Außenminister Leopold Figl wirbt, ist kein Versehen. Dieser gehöre wie Ex-Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) schlicht zu einer anderen Kategorie, denn: "Es gibt viele Politiker, aber nur ganz wenige Staatsmänner." "Wir sind in einem kleinen Land sehr gut aufgehoben, wir haben das alles sehr gut zusammengebaut. Und das steht jetzt leider auf dem Spiel beziehungsweise ist schon wieder kaputt gemacht worden.", so Rosenkranz.
Bleibt Parteimitgliedschaft treu
Seine Parteimitgliedschaft will Rosenkranz auch nicht als Präsidentschaftskandidat abstreifen, was er als "verlogen" sehen würde. "Das ist doch nur ein Placebo. Glaubt wirklich jemand in Österreich, dass Alexander Van der Bellen seine grüne Seele an irgendwen abgegeben hat und es überhaupt nicht mehr spürt? Im Gegenteil: Ich orte eigentlich nach wie vor, dass er seinen politischen Ideen, und das ist nix verwerfliches, nachhängt. Meine Ziele, meine Ideale, die gebe ich nicht irgendwo an der Garderobe ab."
Gleich verhält es sich auch mit der Mitgliedschaft des studierten Juristen in der akademischen Burschenschaft Libertas. "Ich bin glücklich damit, es war eine der besten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe", meint er dazu. Auf Mittelschulebene sei er sogar in der selben Verbindung gewesen wie der spätere Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Die Debatte über schlagende Burschenschafter und dass diese aus dem "Reich des Bösen" kämen, sei schlicht "überhitzt".
Forderung eines "Verbotsgesetzes"
Keinen Anachronismus sieht Rosenkranz beim Verbot der NS-Wiederbetätigung. "Das Verbotsgesetz ist mit gutem Grund in den Trümmern nach dem Zweiten Weltkrieg nach dem Sieg über die Nazi-Herrschaft gemacht worden", meint er dazu. Allerdings sei es auch überlegenswert, ähnliche Gesetze für andere Gruppen einzusetzen: "Ich fordere hier ganz klar auch schärfere Gesetze gegen den extremistischen Islam und den Linksextremismus."
Ebenso wichtig findet Rosenkranz laut eigener Aussage den Kampf gegen jede Form von Antisemitismusmus. Dass die Führung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) nach wie vor keinen Kontakt zu den Freiheitlichen pflegt, enttäuscht ihn daher. "Ich nehme das zur Kenntnis. Ich finde es im zwischenmenschlichen Bereich sehr schade." Die Verweigerung des Handschlags durch einen IKG-Präsidenten bedeute eigentlich nichts anderes, als eine Diskussionsverweigerung.
Wehrpflicht und Ausstattung des Heeres wichtig
Als möglicher künftiger Oberbefehlshaber über das Bundesheer würde Rosenkranz einiges an Erfahrung mitbringen, arbeitete der Jurist doch Anfang der 1990er im Verteidigungsministerium. Dementsprechend wichtig ist ihm die Wehrpflicht sowie die ausreichende Ausstattung des Heeres. Jahrzehntelang habe die Politik den Kopf in den Sand gesteckt und gesagt, es werde schon nichts passieren. "Jetzt ist wieder die große Hysterie da", meint er im Hinblick auf die Ukraine. "Es wird in Wirklichkeit auch wieder nichts passieren." Rosenkranz plädiert für die Aufstockung des jährlichen Heeresbudgets auf 1,5 bis 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
"Belebender" Wettbewerb
Dass Rosenkranz bei weitem nicht der einzige Herausforderer Van der Bellens ist, ist ihm wohl bewusst - und es stört ihn auch nicht. "Persönlich kenne ich natürlich Gerald Grosz aus dem Parlament." Und mit Michael Brunner der impfkritischen Liste MFG trete auch ein weiterer Rechtsanwalt an. Dieser Wettbewerb sei eigentlich "belebend". Verwunderlicher sei, dass keine andere Fraktion, "die sich als staatstragend empfindet", einen Kandidaten oder eine Kandidatin aufstellt.
Was Rosenkranz noch bedauern würde wäre, wenn sich Amtsinhaber Van der Bellen keinem TV-Duell stellen würde, auch wenn dies noch nicht gewiss sei. "Ich würde es fast als hochmütig betrachten. Es ist eine Wahl und diese Wahl beginnt bei Null", meint der Freiheitliche dazu. Es gibt einen Amtsbonus, den hat jeder Bürgermeister und den hat jeder Landeshauptmann. Es sei auch eine Verpflichtung des Bundespräsidenten, in die mediale Öffentlichkeit zu gehen und sich mit Mitbewerbern sachlich auf respektvoller Ebene auszutauschen.
Rosenkranz bestätigt auch die drei Millionen Euro, die die Bundespartei laut "Standard" für ihn in den Wahlkampf investiert. Spenden werden nicht gesammelt. Wie bereits bei seiner Antritts-Pressekonferenz berichtet, ist sein Ziel eine Stichwahl gegen Amtsinhaber Van der Bellen, bei der der FPÖ-Politiker dann die Mehrheit erreichen will. Also zumindest um eine Stimme.