Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka trifft im Rahmen seines zweitägigen Türkei-Besuchs heute den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Auch Gespräche mit dem Parlamentspräsidenten und dem Außenminister stehen auf der Agenda. Morgen trifft Sobotka das Oberhaupt der orthodoxen Kirche, den Patriarchen von Konstantinopel Bartolomaios, der übrigens scharfe Kritik an der Solidarisierung der russischen orthodoxen Kirche und dessen Patriarchen Kyrill mit Putins Vorgehen in der Ukraine übt.
Die Zusammenkunft mit Erdogan ist eingebettet in das politische Tauwetter zwischen Österreich und der Türkei. Bundeskanzler Karl Nehammer, der Erdogan am Donnerstag am Rande des Nato-Gipfels in Madrid trifft, betreibt schon seit Längerem die Aussöhnung mit der Türkei, die als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine eine Schlüsselrolle einnimmt. Vor zehn Tagen traf der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig den türkischen Präsidenten in Istanbul.
Diplomatische Eiszeit
Nach dem gescheiterten Putschversuch und der Ausrufung des Ausnahmezustands inklusive Massenverhaftungen gegen Oppositionelle und Journalisten in der Türkei brach zwischen Wien und Ankara eine diplomatische Eiszeit aus. Österreichische Archäologen durften nicht mehr in Ephesus graben, die Türkei legte ein Veto gegen Österreich in der Nato-Partnerschaft ein. Der einstige Außenminister und spätere Bundeskanzler Sebastian Kurz stand federführend für den scharfen Anti-Erdogan-Kurs.
Still und leise hat die Türkei in den letzten Wochen die beiden Blockaden beendet. Nehammer telefoniert im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine regelmäßig mit Erdogan. In diesen Tagen entscheidet sich, ob über grüne Korridore Getreide aus der Ukraine exportieren werden kann.