Die Regierung hat am Dienstagvormittag ihr drittes Paket gegen die Teuerung vorgestellt. Es umfasst rund sechs Milliarden Euro an Maßnahmen, etliche davon werden strukturell auf Dauer verankert.

Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner (beide ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler und Sozialminister Johannes Rauch (beide Grüne) präsentierten die folgenden Maßnahmen:

Maßnahmen für Einzelpersonen

  • Der "Klimabonus", der im Oktober allen Hauptwohnsitzern in Österreich ausgezahlt wird, wird auf 250 Euro erhöht, unabhängig vom Wohnort. Dazu kommt eine Einmalzahlung von 250 Euro - in Summe werden also 500 Euro überwiesen (Kinder bekommen die Hälfte). 
  • Besonders betroffene Gruppen wie Arbeitslose und Mindestpensionisten bekommen 300 Euro extra
  • Im August wird eine zusätzliche Einmalzahlung der Familienbeihilfe in Höhe von 180 Euro pro Kind ausgezahlt
  • Die Erhöhung des Familienbonus von 1500 auf 2000 Euro sowie des Kindermehrbetrags wird vorgezogen

Maßnahmen für Unternehmen

  • Eine "Strompreiskompensation" soll die Energiekosten mildern
  • Betriebe sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Prämie von bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei auszahlen dürfen
  • Energieintensive Unternehmen bekommen einen Direktzuschuss

Strukturelle Maßnahmen

  • Die kalte Progression wird großteils abgeschafft; ein jährlicher "Progressionsbericht" von Wifo und IHS soll die Höhe der "Inflationssteuer" feststellen - zwei Drittel des Betrags werden nach einer Automatik rückerstattet; über ein Drittel kann die jeweilige Regierung verfügen, wie es zurückerstattet wird
  • Familien-  und Sozialleistungen werden künftig laufend der Inflation angepasst. Das umfasst neu Familienbeihilfe, Studienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Reha- und Umschulungsgeld.

Die Regierungsspitze sprach in einer Pressekonferenz in Superlativen. "Das Volumen ist tatsächlich riesig. Das ist keine Übertreibung oder Zuspitzung, sondern faktisch", sagt Nehammer. "Das ist echt groß, das ist ein Riesenvolumen", weitere Steuerreformen würden sich erübrigen, weil die kalte Progression abgeschafft werde, sagte Vizekanzler Werner Kogler.

Sechs Milliarden Euro Kosten, in Summe 28 Milliarden bis 2026

Die sofortigen Entlastungen für die Menschen kosten fünf Mrd. Euro, für Unternehmen ist eine Mrd. für Entlastungsmaßnahmen vorgesehen. Sie bekommen eine Strompreiskompensation, für energieintensive Firmen sind Direktzuschüsse vorgesehen. Langfristig werden die kalte Progression abgeschafft, Sozialleistungen jährlich valorisiert und die Lohnnebenkosten gesenkt. Diese Maßnahmen mitgerechnet hat das Paket ein Volumen von 28 Mrd. Euro. Es ist das bereits dritte Entlastungsbündel, die ersten zwei Energie-Entlastungspakete hatten ein Volumen von insgesamt vier Mrd. Euro.

Brunner, Kogler, Nehammer, Rauch (v. l. n. r.)
Brunner, Kogler, Nehammer, Rauch (v. l. n. r.) © APA/TOBIAS STEINMAURER

Brunner bezeichnete die Abschaffung der Kalten Progression als Frage der Fairness, denn der Staat profitiere von der starken Inflation. "Ich bin froh, dass wir es schaffen, die kalte Progression abzuschaffen." Die Steuerzahler würden sich damit bis 2026 anhängig von der Inflationsentwicklung 15 bis 20 Mrd. Euro ersparen. "Es ist ein gewaltiger Wurf."

Laut Brunner werden sich die 28 Mrd. Euro zur Hälfte durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen aufgrund der Inflation und zu einem Drittel durch höheren Konsum finanzieren. In Summe seien das 24 Mrd. Euro.

Es wird das dritte Paket dieser Art sein, zwei Maßnahmenbündel zur Entlastung hat die Regierung bereits beschlossen. Diese wurden mit vier Milliarden Euro an Steuergeld budgetiert. Aber wo bleibt die versprochene Entlastung? Ein Überblick über die Maßnahmen.

Paket 1 – Jänner 2022 – 1,7 Milliarden Euro

Energiekostenausgleich

600 Millionen Euro lässt sich die Regierung das Herzstück des ersten Pakets kosten – der Energiekostenausgleich. Dabei gingen Gutscheine im Wert von 150 Euro an alle Haushalte im Land, um die saftigen Strom- und Gasrechnungen abzufedern.

Wo ist das Geld?

Der Weg zu dieser Maßnahme ist umständlich. Jene, die die Gutscheine einlösen dürfen (abhängig vom Einkommen), müssen diese aktiv bei ihrem Energieanbieter einreichen. Der zieht den Betrag dann von der nächsten Rechnung ab. Aber: Das wird wohl erst Anfang kommenden Jahres der Fall sein. Hier heißt es also noch Warten.

Teuerungsausgleich

Wer keine Arbeit hat, Mindestsicherung oder Ausgleichszulagen bezieht, dem wurde ein Teuerungsausgleich in Höhe von 150 bzw. 300 Euro versprochen. 200 Millionen Euro wurde für diese Maßnahme veranschlagt.

Wo ist das Geld?

Laut Finanzministerium wurde das Geld bereits ausgezahlt. Über das AMS sei die Auszahlung besonders schnell gegangen, über die PVA dauerte es etwas länger.

Aussetzung der Ökostrompauschale und des Ökostrom-Förderbeitrages

Diese wurde für das heurige Jahr beschlossen und macht den größten Brocken des Paketes aus. Pro Haushalt sollte die Maßnahme im Schnitt 100 Euro bringen. Insgesamt wurden dafür rund 900 Millionen Euro eingeplant.

Wo ist das Geld?

Das wird laut Ministerium seit Jahresbeginn automatisch von der Stromrechnung abgezogen und scheint dort gar nicht mehr auf.

Paket 2 – April 22 – 2,3 Milliarden Euro

Pendlerpauschale und Pendlereuro

Neben Unternehmen profitieren Pendlerinnen und Pendler am meisten vom zweiten Paket. Das Pendlerpauschale wurde von der Regierung um 50 Prozent erhöht, der Pendlereuro vervierfacht. 400 Millionen Euro kostet diese Maßnahme. 150 weitere Millionen sind für Preissenkungen bei den Öffis sowie eine Ausweitung des Angebots vorgesehen.

Wo ist das Geld?

Pendlerinnen und Pendler können wählen, ob sie das Geld bereits jetzt direkt über die Lohnverrechnung erhalten wollen oder später über die nächste Arbeitnehmer-Veranlagung.

Senkung von Energieabgaben für Unternehmen

Der größte Brocken entfällt in diesem Paket auf die Entlastung von Unternehmen. 900 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, dass spezifische Energieabgaben (Erdgas und Elektrizität) gesenkt werden.

Wo ist das Geld?

Laut Finanzministerium läuft die Senkung bereits seit Mai – für alle Unternehmen.

Entlastung von KMUs mit hohem Treibstoffaufwand

Klein- und Mittelunternehmen, die für ihre Produktion einen hohen Treibstoffaufwand haben, sollten über eine Treibstoffrückvergütung entlastet werden. Kostenpunkt: 120 Millionen.

Wo ist das Geld?

Hier ist man offenbar noch nicht so weit, laut Ministerium wird dieses Vorgehen erst im kommenden, dritten Paket gelöst.

Liquiditätshilfen für Unternehmen

Mehr als doppelt so viel Geld – nämlich 300 Millionen Euro – wurden als Liquiditätshilfe für Unternehmen eingeplant. Das sollte durch die Herabsetzung der Vorauszahlungen der ESt/KSt-Zahlungen passieren.

Wo ist das Geld?

Unternehmen können diese bereits seit Anfang April beantragen.