Der Sommer bietet heuer keine Corona-Entspannung. Am Donnerstag wurden 5.144 Neuinfektionen, und die aktuelle Prognose geht von einer weiteren Zunahme aus. "Es wurde eine Sommerwelle prognostiziert und es wird auch eine hohe Herbstwelle geben", sagt Simulationsforscher Niki Popper, der für das Gesundheitsministerium verschiedene Szenarien durchgerechnet hat. Alle haben eines gemeinsam: "Das Virus ist gekommen, um zu bleiben", sagt Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Auch wenn Corona keine Ruhe lässt: "Wir können nicht weitere drei Jahre auf diesem Stressniveau bleiben. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben." Wie das konkret aussehen soll, skizzierte er am Donnerstag.
Masken, Testen, Maßnahmen
Die Maskenpflicht wird im Herbst zurückkommen. "Wir werden wieder Maske tragen, weil sie das gelindeste Mittel sind, um Ansteckungen zu vermeiden", kündigt Rauch an. Schulschließungen und Lockdowns will er unbedingt vermeiden: "Im dritten Pandemiejahr können wir nicht grobschlächtig mit den gleichen Instrumenten operieren wie am Anfang. Die Impfpflicht bleibt vorerst ausgesetzt. Ob sie jemals scharf gestellt wird, lasse sich zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen, so Rauch.
Entschieden ist jedoch: Das aktuelle Testregime wird zumindest bis Jahresende verlängert. Bis dahin bleiben fünf PCR-Tests und fünf Antigentests pro Person und Monat kostenlos.
Impfen schützt vor Krankenhaus
Omikron hat das Werben für die Impfung nicht leichter gemacht: "Es ist ein täglicher Kampf, gegen die Diskreditierung der Impfung anzutreten", sagt Rauch. Viele würden die Wirkung der Impfung in Zweifel ziehen, weil sie sich trotzdem mit Corona angesteckt hätten. "Natürlich kann man sich anstecken", sagt Rauch. Es gehe aber um etwas anderes: Die Impfung verhindert zuverlässig, dass man wegen Corona im Krankenhaus behandelt werden muss, und damit eine Überlastung der Spitalskapazitäten. "Die Impfung tut genau das, was sie soll", bestätigt Katharina Reich, die Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit.
Sogar in den optimistischen Szenarien zeigt sich: Durch Impfungen wird die Ausbreitung nicht nachhaltig verhindern. "Auch wenn wir viel impfen, werden wir weitere Wellen sehen", sagt Niki Popper. Durch Auffrischungsimpfungen lässt sich allerdings sehr wohl die Höhe der Welle reduzieren.
Regelmäßige Auffrischungsimpfungen
Ziel ist daher, möglichst viele Menschen zur Auffrischungsimpfung zu bringen: "Nicht die Impfverweigerer, sondern sie werden darüber entscheiden, ob wir es ohne überlastete Krankenhäuser schaffen", sagt Rauch.
Bei Corona gelten drei Impfungen als Grundimmunisierung, alle weiteren werden als Auffrischungsimpfungen gezählt. Dafür zu werben ist der Hauptfokus des Gesundheitsministeriums – und zwar "in Arztpraxen, bei Arbeitgebern, in Gemeinden, in Vereinen – überall, wo noch Überzeugungsarbeit geleistet werden kann", sagt Rauch.
Weil sich die Impfung in den ersten acht Wochen am stärksten auf die Übertragung auswirkt, sollte der Zeitpunkt für die Auffrischung gut gewählt sein: "Alle, die sich als gesund erachten, sollten dieses Zeitfenster nutzen und den Impfschutz vor der zu erwartenden großen Welle im Herbst nutzen", sagt Katharina Reich. Anders ist das für Menschen ab 65 Jahren und allen mit Vorerkrankungen. Ihnen wird schon jetzt ein Booster empfohlen, im Herbst dann noch einer.
Wer zwischendurch an Corona erkrankt ist, erspart sich dadurch übrigens keine Impfung. "Die dadurch aufgebaute Immunität ist immer nur so stark, wie die Krankheit war", erklärt Reich. Die vielen leichten Erkrankungen durch Omikron hinterlassen auch nur eine leichte Immunität. Auch ob durch einen Test Antikörper nachgewiesen wurden, sei irrelevant: "Man kann davon nicht ableiten, ob und wie lange man geschützt ist", sagt Katharina Reich.
Es muss bessere Daten geben
Seit Anfang Mai müssen Bundesländer ins Covid-19-Datenregister eintragen, ob Menschen wegen Corona ins Krankenhaus eingeliefert wurden, oder ob der positive Test nicht die Ursache für die Behandlung ist. "Das passiert allerdings sehr zögerlich", sagt Rauch. Es gäbe Krankenhäuser und Rechtsträger, die sich sehr leicht damit tun. "Andere stehen wie die Kuh vorm Scheunentor", sagt Katharina Reich. Rauch will nun den Druck erhöhen: "Wir müssen das wissen. Es wird der Tag kommen, an dem wir veröffentlichen, wer einmeldet, und wer nicht."
Veronika Dolna