Die ÖVP hat in der Seniorenbund-Affäre – die oberösterreichische Senioren-Organisation der Volkspartei hatte sich neben ihrer Parteiorganisation zusätzlich auch als Verein gemeldet, um fast zwei Millionen Euro an Corona-Hilfsgeldern zu kassieren – zu einer eher überraschenden Verteidigungslinie gegriffen: Sie zeigt mit dem Finger auf die SPÖ.

"Zwei Organisationen unter einem Türschild unterzubringen, ist bei der SPÖ keine Ausnahme. Solche intransparenten Vereinskonstruktionen verdeutlichen, dass der SPÖ jedes Bewusstsein für Abgrenzung und Transparenz fehlt", heißt es in einer Aussendung von ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner am Freitag. So hätten der SPÖ-Pensionistenverband und die Arge Sechzig Plus dieselbe Adresse wie auch die SPÖ-Arbeiterfischer-Vereine und der Verband der Österreichischen Arbeiter-Fischerei-Vereine. "Angesichts ihrer eigenen Intransparenz sollte die SPÖ vor der eigenen Türe kehren und diese dubiose Vorgangsweise beenden – anstatt vollkommen ungerechtfertigte Attacken gegen die Volkspartei zu reiten", findet Sachslehner.

Belege dafür, dass die SPÖ mit dem Seniorenbund vergleichbar wäre, hat Sachslehner nicht geliefert: Der SPÖ-Pensionistenverband betont, keine Förderung aus dem NPO-Fonds beantragt oder bezogen zu haben. Präsident Peter Kostelka erklärte auf Anfrage der APA, dass dies auch gar nicht möglich wäre, weil beim Pensionistenverband Bund, Land und Ortsgruppen eine Rechtspersönlichkeit seien. Außerdem gebe es einen Beschluss des Vorstandes, keine Förderung zu beantragen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch fordert die ÖVP indes auf, die Fördersumme zurückzuzahlen.

Anzeige wegen Verwendung der Förderung für Personalkosten

Unterdessen hat sich herausgestellt, dass die Coronahilfen für den OÖ Seniorenbund aus dem Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds offenbar auch für Personalkosten verwendet wurden. Das sagt dessen Obmann Josef Pühringer den Oberösterreichischen Nachrichten. Politikwissenschafter Hubert Sickinger hält das nicht für rechtens. "Der Seniorenbund versucht hier eine Flucht aus dem Parteiengesetz", meinte er in mehreren Medien am Freitag.

Wegen diese Aussage, dass "mit dem Geld für die Landesleitung fast ausschließlich Gehälter bezahlt" wurden, bringen die Neos Anzeigen ein. Die Förderungen aus dem NPO-Fonds dürfen laut Gesetz nur für Miete und Pacht oder Betriebskosten und dergleichen verwendet werden, nicht aber für Personalkosten.

"Mit dem Geld wurden fast ausschließlich Mitarbeiter bezahlt"

Der Obmann des OÖ Seniorenbundes, Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer, sagte im Gespräch mit den OÖN, dass ein Viertel des Geldes an die Landesleitung, der Rest an die 250 ansuchenden Ortsgruppen gegangen sei. "Mit dem Geld für die Landesleitung wurden fast ausschließlich Gehälter bezahlt. Wir haben 20 Mitarbeiter und in der Coronazeit keine Kurzarbeit in Anspruch genommen." Hätte man dies getan, hätte man mehr öffentliches Geld bekommen, ist er überzeugt.

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass 2021 Veranstaltungen des Vereins auch dem Wahlkampf der ÖVP dienten, meinte er allerdings: "Im Wahlkampf kann sich das schon mal ein bisschen vermischen. Aber ich kann ausschließen, dass Gelder für politische Veranstaltungen verwendet wurden." Dass man etwas zurückzahlen muss, erwarte er, auch wenn Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) das bereits prüfen lässt, nicht. "98 Prozent unserer Tätigkeit sind Vereinstätigkeit. Da geht es um Veranstaltungen, Reisen und Bildungsprogramme. Kein Euro der Fördermittel wurde für Parteiarbeit benützt", beteuerte Pühringer, "wir haben ganz sicher nichts widerrechtlich verwendet".

Seniorenbund erklärt, keine Vorfeldorganisation zu sein

Der OÖ Seniorenbund will aber keine ÖVP-Vorfeldorganisation sein: "Dem OÖ Seniorenbund ist auch keine politische Partei bekannt, in deren Statut/Satzungen eine Mitwirkung des Vereins OÖ Seniorenbund an der Willensbildung dieser Partei, etwa durch Entsendungen in deren Organe, vorgesehen wäre", schreibt Rechtsanwalt Werner Suppan, auch Anwalt mehrere ÖVP-Spitzenfunktionäre in anderen Angelegenheiten, in einer Stellungnahme.

Den Förderbezug rechtfertigt man mit einem Schreiben aus dem Sozialministerium, in welchem dem Seniorenrat, in dem auch der Seniorenbund vertreten ist, geraten wird, einen Antrag an den NPO-Unterstützungsfonds zu stellen. Und man führt die Doppelexistenz als Teilorganisation der ÖVP und als gemeinnütziger Verein ins Treffen, die allerdings weitgehend personalident sind.