Die Maskenpflicht wird auf ein Mindestmaß reduziert (in Spitälern und Altenheimen, wo die gefährdetsten Menschen versammelt sind, bleibt sie). Es ist eine vernünftige, wenn auch überfällige Entscheidung von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne): Angesichts der gesunkenen Infektionszahlen gibt es keine Grundlage mehr für großflächige Maßnahmen und spätestens mit dem Ende der Verpflichtung an Schulen war das "überall, wo man hin muss, gilt Maskenpflicht"-Argument der Bundesregierung nicht mehr schlüssig.
Rauch und die Regierung werden sich daran messen lassen müssen, ob sie in den kommenden Monaten schnell reagieren, sollten die Infektionszahlen wieder in die Höhe gehen – sei es, weil das Wetter im Herbst schlechter wird oder weil uns neue Varianten des Virus heimsuchen. Dass Österreich schlechter – mit mehr Erkrankungen und schärferen Maßnahmen – durch die vergangenen Pandemiephasen gekommen ist als vergleichbare Staaten, lag nicht zuletzt daran, dass die Verantwortlichen zu zögerlich reagiert hatten, als die Probleme am Horizont längst absehbar waren: Sowie die Zahlen deutlich steigen, muss es schnell wieder Maßnahmen geben – werfen Sie Ihre Masken lieber noch nicht weg.
Ärgerlich ist dagegen das Schicksal der Impfpflicht: Von Anfang an war die türkis-grüne Koalition gewarnt worden, wenn sie so eine einschneidende Maßnahme beschließt, müsse sie sie auch konsequent durchziehen – und dass das nicht einfach sein würde, weil sie just dann umgesetzt werden müsste, wenn die Infektionszahlen niedrig sind, um für die nächste Welle Immunschutz aufzubauen.
In dieser Phase sind wir jetzt – und die Regierung legt genau den erwarteten Rohrkrepierer hin. Zu entspannt sei die Lage jetzt, um die Impfpflicht zu zünden, sagen Gesundheitsminister und Verfassungsministerin. Und jede Wette, die Lage dann auf einmal nicht mehr entspannt ist, wird es zu spät sein, als dass die Impfpflicht etwas retten könnte.
Die Impfpflicht ist von ihrer Genese an – erfunden von Bundeskanzler Schallenberg und den Landeshauptleuten am Achensee, weil sie dem Land einen neuen Lockdown erklären mussten – eine völlig verunglückte Maßnahme. Es wäre der Republik viel erspart geblieben – die polarisierte Auseinandersetzung darum rund um den Jahreswechsel – hätte man sich die Pflicht von Anfang an erspart.
Georg Renner