Nun ist es offiziell: Alexander Van der Bellen hat am Sonntagnachmittag seine Wiederkandidatur publik gemacht. Um 16 Uhr 05 gab der Bundespräsident seine Intention in einem zweiminütigen Youtube-Video unter dem Titel "Da sein für unser Österreich" via Facebook, Instagram, und Twitter bekannt, knapp darauf folgte ein TikTok-Video.
In dem launigen Video, das vor allen in der Hofburg und in den Weinbergen von Wien gedreht wurde und das einen Screenshot des Ibiza-Videos enthält, wirbt er mit seinen in turbulenten Zeiten in den letzten fünf Jahren gemachten Erfahrungen um die Unterstützung der Wählerinnen und Wähler. "Wir leben in einer Übergangszeit. Nichts ist mehr selbstverständlich. Ich glaube, dass es so herausfordernd bleiben wird." Es werde eine große Aufgabe zu sein, den Frieden, den sozialen Zusammenhalt, unsere schöne Natur zu bewahren. "All das Gute zu bewahren, mitzunehmen in die Zukunft, darum geht es in den kommenden Jahren." Er wolle das Seinige dazu beitragen, dass "die nächsten Jahre gut werden" für uns alle. "Und ich werde keine Ruhe geben, bis ich sicher bin, dass wir alle gemeinsam auf dem richtigen Weg sind. Mit all meiner Lebenserfahrung und Kraft da sein für unser Österreich! Ich kann mir nichts Sinnvolleres vorstellen."
Am Montagvormittag wird Van der Bellen im Presseklub Concordia vor die Medien treten und auf seine Beweggründe eingehen. Der Wahlkampf wird nicht von der Hofburg aus, sondern von einem anderen Büro aus gemanagt.
Mit seiner Wiederkandidatur steht er ganz in der Tradition nahezu aller Bundespräsidenten der Zweiten Republik, die auch für eine zweite Amtszeit kandidiert haben. Van der Bellens Amtszeit endet im Jänner 2023, die Wahl dürfte im Oktober über die Bühne gehen.
Über die Art und Weise, wie Van der Bellen seine Wiederkandidatur bekannt gib, war in den letzten Tagen viel spekuliert worden. Vorgänger Heinz Fischer hatte im November 2009 Neuland beschritten und seine Wiederkandidatur nicht in einer Pressekonferenz oder im Rahmen eines öffentlichen Termins verkündet. Fischer hatte sich in einem Video via Facebook an die Österreicherinnen und Österreicher gewandt – legendär sind die Utensilien geblieben, mit denen er damals den Tisch drapiert hatte: eine Packung Manner-Schnitten, die Bundesverfassung, das Bild seiner Enkeltochter, ein Hufeisen eines obersteirischen Schmieds. Erst fünf Tage (!) später lud Fischer zu einem Medientermin. Zuvor hatte sich noch das Heinz-Fischer-Unterstützungskomitee konstituiert und sich der Öffentlichkeit vorgestellt.
Van der Bellen wollte eigentlich um Ostern herum sein Interesse für eine zweite Amtszeit publik machen, doch der Krieg in der Ukraine machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Niemand würde zum damaligen Zeitpunkt verstehen, warum er wenige Wochen nach Ausbruch des Krieges die Öffentlichkeit suche, hieß es damals. Der Termin hätte sich aus den Kalendern seiner beiden Vorgänger ergeben: Fischer gab sechs Monate, Klestil fünf Monate vor dem Wahlsonntag seine Wiederkandidatur bekannt.
Als Wahltermine sind diesmal der 9. und der 16. Oktober im Gespräch. Damit bliebe die nötige Vorlaufzeit für einen etwaigen zweiten Durchgang bzw. eine Wahlanfechtung, Van der Bellens jetzige Amtszeit endet unwiderruflich am 26. Jänner 2023. Der Oktober-Termin hätte den Vorteil, dass vor Ausbruch einer etwaigen Corona-Herbstwelle gewählt werden würde, 2020 und 2021 gingen die Zahlen Ende Oktober nach oben. Der genaue Termin wird von der Bundesregierung festgelegt.
Sollte Van der Bellen neuerlich antreten, wollen ÖVP und SPÖ keinen Gegenkandidaten aufstellen, war in den letzten Monaten in höchsten Parteikreisen zu vernehmen. Zum einen sei die Gefahr groß, dass man eine Wahlniederlage einfahre, zum anderen gebe es keine Wahlkampfkostenrückerstattung. Die Schlappe von 2016, als man im ersten Durchgang eine krachende Niederlage mit den Spitzenkandidaten Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol einfuhr, sitzt beiden Großparteien noch im Nacken. Die Neos haben noch nicht entschieden.
In jedem Fall wollen die Freiheitlichen eine Kandidatin oder einen Kandidaten gegen Van der Bellen ins Rennen schicken. Dessen Gegenspieler von 2016, Norbert Hofer, hat bereits abgewinkt, der Dritte Nationalratspräsident will bis 2028 warten. Im Gespräch sind die blaue Nationalratsabgeordnete Susanne Fürst sowie FPÖ-Chef Herbert Kickl. Letzterer läuft allerdings Gefahr, ein schlechteres Ergebnis als Hofer 2016 einzufahren. Antreten dürften auch die MFG, der Chef der Bierpartei, Marco Pogo und Ex-BZÖ-Politiker Gerald Grosz.