Das letzte gemeinsame Foto ist lange her. Als SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Juli des vergangenen Jahres einen gemeinsamen öffentlichen Termin in Kärnten wahrnahmen, war die Stimmung so unterkühlt, dass nicht einmal ein Erinnerungsfoto entstand. Andere Möglichkeiten ließ Doskozil verstreichen – weder bei der SPÖ-Klausur im Jänner noch bei Rendi-Wagners großer Grundsatzrede im März noch beim Aufmarsch am 1. Mai war er zugegen. Am Samstag aber entstand das erste gemeinsame Foto der beiden seit zwei Jahren.
Pamela Rendi-Wagner war nämlich als Ehrengast beim Landesparteitag der burgenländischen SPÖ in Oberwart geladen – und hat die Einladung angenommen. Im Mittelpunkt stand aber Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Er wurde mit 97,8 Prozent zum zweiten Mal nach 2018 zum Landesparteivorsitzenden gekürt. Damals hatte er 98,4 Prozent der Stimmen erhalten. Gleichzeitig erfolgte mit dem Parteitag auch der Startschuss zum Wahlkampf für die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen am 2. Oktober. Beim Einzug von Hans Peter Doskozil samt aller Spitzenkandidaten für den eingeläuteten Wahlkampf waren alle Augen auf die Begegnung der beiden Parteigrößen gelenkt. Höflich begrüßte Rendi-Wagner den Landesparteiobmann, bevor dieser sich in Richtung Alt-Kanzler Kern wandte.
Gekommen waren rund 1660 Funktionärinnen und Funktionäre sowie die 171 Spitzenkandidatinnen und -kandidaten für die Kommunalwahlen. Als Ehrengäste wurden Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner, der ehemalige Bundeskanzler Christian Kern und der frühere Vizekanzler Hannes Androsch auf der Bühne interviewt. Rendi-Wagner lobte den burgenländischen Weg: "Ich bin stolz auf den Landeshauptmann. Das Burgenland ist eine Erfolgsgeschichte. Sowas fällt nicht vom Himmel, es ist das Ergebnis beinharter sozialdemokratischer Arbeit." Vor allem aber schoss sie sich auf die ÖVP ein, die ebenfalls am Samstag ihren Bundesparteitag in Graz abhält: "Dort trifft sich der ehemalige Sebastian-Kurz-Anbetungsverein, der wieder einmal seinen Namen ändert – nutzen wird ihnen das auch nichts", sagte sie.
Kern zu Kurz-Rücktritt: "Habe mir einen eingeschenkt"
"Ihr habt einen Plan und zieht ihn durch", schwärmte auch Alt-Kanzler Christian Kern: "Das unterscheidet euch von der Bundesregierung." Kern erwähnte auch seine eigene Geschichte mit der ÖVP und erzählte, wie er reagierte, als Sebastian Kurz sich aus der Politik zurückzog: "Es war Nachmittag, ich bin im Büro gesessen. Und ich muss ehrlich sagen, ich habe mir einen eingeschenkt. Und ich habe mir auch einen zweiten und einen dritten eingeschenkt."
Das sozialdemokratische Urgestein Hannes Androsch plädierte für politische Stabilität angesichts der vielen Krisen. Die derzeitige Regierung biete diese nicht: "Man kann nicht einmal auf die Toilette gehen, ohne dass eine Regierungsumbildung stattgefunden hat."
Umschiffte Führungsdebatte, große Ansagen
In seiner Rede umschiffte Hans Peter Doskozil einen schwelenden Führungsstreit in der SPÖ (gerade im Burgenland wird Rendi-Wagners Eignung als Spitzenkandidatin regelmäßig in Zweifel gezogen): "Die ÖVP schreibt auf Wahlplakate: 'Es kommt auf den Bundeskanzler an'. Aber das stimmt nicht: Es kommt auf die Menschen an", sagte er: "Deshalb dürfen wir nicht über Funktionen und Ämter diskutieren, sondern darüber, was unser Angebot an die Menschen ist."
Den Mindestlohn, der er im Burgenland für alle Bedienstete in der Landesverwaltung einführte, fordert er österreichweit: "Die Länder können sich das leisten", sagte er. "Wir müssen da hingehen, wo es wehtut und auch mit unseren Vorfeldorganisationen diskutieren." Überzeugen muss er nämlich auch erst die eigenen Reihen: Bei der Mitgliederbefragung sprach sich vor zwei Jahren zwar die Mehrheit dafür aus. In den Gewerkschaften fürchtet man allerdings um die Kollektivvertragshoheit, und auch die Landeshauptmannkollegen aus Wien und Kärnten sind zurückhaltend. Michael Ludwig und Peter Kaiser waren übrigens nicht zu Hans Peter Doskozil nach Oberwart gefahren.
Auch bei anderen Themen bürstete Hans Peter-Doskozil gegen den sozialdemokratischen Strich: Energieunternehmen sollen ruhig, Gewinne machen dürfen, weil sie zuvor Verluste eingefahren haben – aber in Zeiten wie diesen müssten die Steuern auf Energie gesenkt werden. An der Spitze der Unternehmen bräuchte man Qualität – und solle dafür auch ordentlicher Gagen bezahlen. Im Burgenland werde es ein Komplettverbot von Parteispenden geben – die SPÖ wurde eben erst mit einer Strafe belegt, weil sie gegen die Spendenobergrenze verstieß. Aufhören ließ Doskozil mit einer weiteren Ansage: Er werde Parteien im Burgenland das Plakatieren verbieten.
"Ich bin froh, dass du gekommen bist, Pam"
"Ich bin froh, dass du gekommen bist, Pam", sagte er. Das sei ein erster, wichtiger Schritt im internen Diskussionsprozess: "Wenn wir diese Diskussionen nicht führen, wenn wir nicht dorthin gehen, wo es wehtut, wird nicht gelingen, was wir uns alle wünschen: ein sozialdemokratischer Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin", schloss Doskozil seine Rede. Es gab dafür Standing Ovations – auch von Rendi-Wagner.
Tosenden Applaus erntete der wiedergewählte Landesparteiobmann auch bei der Verkündung des Wahlergebnisses: Er wurde mit 97,8 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Nur wenige Augenblicke nach der Präsentation ließ es sich die Bundesparteichefin nicht nehmen, Doskozil als erste zum Wahlergebnis zu gratulieren. Ein kurzer höflicher Händedruck, nachdem Rendi-Wagner eigenständig auf ihn zu gegangen war, war das Ergebnis.
Funktionäre und Spitzenkandidaten stehen geschlossen hinter Doskozil
Geschlossen hinter ihrem wiedergewählten Landeshauptmann zeigen sich die zahlreichen Funktionärinnen und Funktionäre, sowie Spitzenkandidatinnen und -kandidaten für die Kommunalwahlen. „Es braucht genau solche klaren Ansagen. Wichtig dabei ist, was die Menschen, und was Österreich braucht“, bestätigt SPÖ-Landtagspräsidentin Verena Dunst die Rede des Landesparteichefs. Dem stimmt auch Bettina Zentgraf, die bei den Gemeinderatswahlen im Burgenland für die SPÖ in Mörbisch ins Rennen um das Bürgermeisteramt geht.
Zurückhaltender zeigt man sich bei der Frage, ob man sich Pamela Rendi-Wagner im Kanzleramt wünscht. „Was es jetzt braucht ist ganz klar: Neuwahlen und die SPÖ an der Spitze“, sagt sich Verena Dunst, lässt dabei jedoch offen, wie auch schon Doskozil in seiner Rede, wer an der Spitze dieser Partei stehen soll.