Die Bundesregierung denkt darüber nach, wie Gewinne von Firmen mit Staatsbeteiligung, die überproportional von der Krise profitieren, gesetzlich abgeschöpft werden können. "Ich habe dem Finanzminister und der Wirtschaftsministerin den Auftrag gegeben, Vorschläge dafür vorzulegen", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) der "Tiroler Tageszeitung".
Staatliches Krisenmanagement sei "durch die Privatisierung von Infrastrukturunternehmen deutlich schwieriger geworden". Denn auch wenn der Staat an einem börsennotierten Unternehmen beteiligt sei, selbst mehrheitlich wie beim Verbund, gelte Aktienrecht vor staatlichen Zielen. "Wenn keine Krise ist, werfen diese Unternehmen Dividenden ab. In der Krise behindert uns diese Struktur aber", so Nehammer.
Nehammer: "Gewinne gehören dem Volk"
Wenn Unternehmen mit staatlicher Beteiligung große Gewinne erwirtschaften, sollten die Eigentümer profitieren, so der Kanzler, und das seien am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler: "Zufallsgewinne bei Unternehmen mit staatlicher Beteiligung gehören dem Volk und nicht den Unternehmen alleine. Da braucht es ein neues Reglement".
Als Beispiel nannte Nehammer hohe Gewinne bei der Stromproduktion aus Wasserkraft, wo nun die hohen Gaspreise der Maßstab für den Strompreis sind. "Da müssen wir uns überlegen, wie diese Gewinne für die Menschen verfügbar gemacht werden können. Alle Wirtschaftsliberalen fallen jetzt gleich in Ohnmacht. Aber in Zeiten der Krise müssen wir zusammen helfen."
SPÖ sieht von der ÖVP gemachtes Problem
Es sei die ÖVP gewesen, "die in den letzten Jahrzehnten Privatisierungen vorangetrieben und in Regierungsverantwortung hemmungslos privatisiert hat", sagt SPÖ-Industriesprecher Rainer Wimmer in einer Aussendung. Profitiert hätten jene, die die Unternehmen oft viel zu billig kaufen konnten, so Wimmer, der auch erinnert, dass "einige dieser Privatisierungen von massiven Korruptionsvorwürfen begleitet" waren.
Es sei völlig richtig, dass es eine starke Beteiligung der öffentlichen Hand brauche, auch die Abschöpfung übermäßiger Gewinne sei dringend notwendig. Wimmer befürchtet, dass die Nehammers "Selbstkritik" zu spät komme und glaubt nicht, dass die ÖVP zu einem Richtungswechsel fähig ist.
Die Industriellenvereinigung (IV) zeigt sich hingegen über die Aussagen des Kanzlers "besorgt". Der Staat würde schon jetzt durch Dividendenausschüttungen und Steuereinnahmen von steigenden Energiepreisen profitieren. "Ad Hoc-Eingriffe in den rechtlichen und steuerlichen Rahmen" seien aber ein falsches Signal und würden dem Standort Österreich aber schaden, so die IV in einer Aussendung. Allein durch Nehammers Äußerungen hätte die Aktie der Verbund AG drei Milliarden Euro an Wert verloren.