Eineinhalb Stunden weilte Bundeskanzler Karl Nehammer nach eigenen Angaben am Montag beim russischen Präsidenten Wladimir Putin – allerdings nicht im Kreml, sondern in dessen Residenz westlich von Moskau. Händedruck habe es keinen gegeben, twitterte der Kanzlersprecher. Ob wegen Corona oder um politische Distanz zu wahren, ist nicht bekannt.
Konferenz mit 70 Journalisten
Der Tisch, an dem der Kanzler Platz genommen habe, sei lang gewesen, aber nicht so lang wie jener, an dem Putin den französischen Präsidenten und den deutschen Kanzler empfangen habe. In einer Videokonferenz von der österreichischen Botschaft in Moskau aus informierte Nehammer die nationalen und internationalen Medien über die Ergebnisse der Unterredung. Mit dabei waren 70 Journalisten aus aller Welt, darunter CNN, "New York Times", "Spiegel", Reuters, ARD. Weder Journalisten noch Fotografen oder Kameraleute waren in der Putin-Residenz zugegen, Fotos oder Filmaufnahmen von der Zusammenkunft gibt es keine. Ganz zu schweigen von einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Kritik am Besuch
Das Treffen zwischen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat den ganzen Tag über für viel Kritik gesorgt. Russland-Experte Gerhard Mangott hatte im Vorfeld harsche Kritik an der Visite Nehammers in Moskau geübt: Putin würde die Bilder nutzen können, um zu zeigen, dass er nicht isoliert sei. Auch von der Opposition gab es Kritik, die Grünen zeigten sich zurückhaltend bis kritisch.
"Wenn man die Übersetzungen dazu nimmt, dann haben sie sehr kurz gesprochen", kommentierte der ehemalige österreichische Diplomat Stefan Lehne am Abend in der ZIB2 des ORF. Er glaube, dass Putin und Nehammer der Gesprächsstoff langsam ausgegangen sei und keine echte Kommunikation vorhanden gewesen sei, sagte der Experte.
Auf Twitter stellte auch der ehemalige russische Schachweltmeister Garri Kasparow, der den russischen Präsidenten seit Langem kritisiert, die Reise infrage. Sich mit Putin zu treffen, um ihm zu sagen, dass er isoliert sei, zeige genau das Gegenteil – dass er nämlich nicht isoliert sei. Exakt das sei auch das Ziel Putins dabei. "Was für ein Witz", kommentiert Kasparow. Genauso gut könne man Putin ein Steak servieren und ihm erzählen, er sei Vegetarier.
"Kein Freundschaftsbesuch"
"Das war kein Freundschaftsbesuch", erklärte Nehammer anschließend. Er habe sich "keine Wunder von der Reise" erwartet. "Mir war es wichtig, Putin in die Augen zu schauen und ihm zu sagen, was ich in Butscha erlebt habe." Der Kanzler versuchte vor und nach der Zusammenkunft immer wieder, den Eindruck zu zerstreuen, dass er von Putin instrumentalisiert, über den Tisch gezogen wurde. Und: "Jeder Schritt, sei er noch so klein, ist besser, als keinen Schritt zu tun."
Weiterhin skeptisch
Grundsätzlich zeigte sich Nehammer skeptisch über den weiteren Kriegsverlauf: "Ich bin pessimistisch. Putin ist massiv in der Kriegslogik angekommen." Die nächsten Wochen würden womöglich dramatisch und brutal werden. "Alle Zeichen deuten auf einen Sturm hin", verwies Nehammer auf Hinweise, ein Großangriff der russischen Armee auf die Ostukraine stehe unmittelbar bevor. "Ich orte eine Spirale der Gewalt, die sich in die Höhe schraubt." Einmal mehr versicherte Nehammer, dass der Besuch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Charles Michel und dem deutschen Kanzler Olaf Scholz abgesprochen war – und er, Nehammer, auch die Zustimmung der ukrainischen Führung hatte: "Wäre Selenskyj dagegen gewesen, wäre ich nicht gefahren."
In den Abendstunden brach Nehammer wieder in Richtung Österreich auf. Nach Moskau flog der Kanzler Linie mit einem Zwischenstopp und einer Übernachtung in Istanbul. Welche Route er für die Heimkehr wählt, ist offen.
18.56 Uhr: Das Hintergrundgespräch findet live im Fernsehen statt: Zwei Privatsender zeigen einen leicht verzögerten Livestream des Gruppenanrufs. "Das wurde erlaubt", stellt Puls-24-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner klar. Unterbrochen wird das Gespräch durch eine Liveschaltung der ARD, die offenbar ihr Mikrofon nicht stummgeschaltet hat.
18.45 Uhr: Nach dem Pressestatement gibt Nehammer noch ein Hintergrundgespräch mit über 50 Journalisten, Fragen sind zugelassen.
18.32 Uhr: Nehammer wäre nicht in Moskau, "wenn Selenskyj etwas dagegen gehabt hätte". Das eine Treffen werde nicht alles ändern, aber jeder kleine Schritt sei wichtig. Er habe aber "generell keine positiven Eindrücke" gewonnen. Das erklärte Nehammer am Montagabend gegenüber Medien.
18.30 Uhr: Putin misstraue der internationalen Staatengemeinschaft und dem internationalen Recht, sagt Nehammer, der selbst beiden vertraut. Im Gespräch habe Putin darauf beharrt, dass die Ukraine für die Morde in Butscha verantwortlich sei. Das habe zu eriner Diskussion geführt. Putin würde aber weiter auf die Istanbuler Gespräche setzen, so Nehammer.
18.29 Uhr: Nehammer spricht nun live aus Moskau und berichtet zunächst von seiner Reise nach Kiew und Butscha und den brutalen Bildern, die er dort sah. Die Morde an der ukrainischen Zivilbevölkerung seien auch heute Thema bei dem Gespräch mit Putin gewesen.
17.40 Uhr: Laut Nehammer-Pressesprecher Daniel Kosak gab es beim Treffen zwischen dem österreichischen Kanzler und Russlands Präsident Putin auf österreichischen Wunsch keine gemeinsamen Fotos und auch kein gemeinsames Pressestatement. Nach dem Gespräch fuhr Nehammer in die österreichische Botschaft in Moskau. Er wollte sich später vor Journalisten äußern.
17.14 Uhr: Die Differenzen zwischen Russland und Österreich sind nicht "sehr groß", korrigierte das Kanzleramt seine eigene Presseaussendung:
16.55 Uhr: 75 Minuten Gespräch seien etwas kurz, findet Russland-Experte Gerhard Mangott. So lange brauche Putin gewöhnlich für die Erklärung, warum die Ukraine kein eigenes Volk sei, so Mangott auf Twitter.
16.51 Uhr: Die Reise nach Russland sei für ihn "eine Pflicht" gewesen, unterstrich der Bundeskanzler. "Eine Pflicht aus der Verantwortung heraus, nichts unversucht zu lassen, um eine Einstellung der Kampfhandlungen oder zumindest humanitäre Fortschritte für die notleidende Zivilbevölkerung in der Ukraine zu bewirken."
16.35 Uhr: Nehammer sprach nach seinem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin von einem "sehr harten und offenen Gespräch". Er habe die "schweren Kriegsverbrechen in Butscha und anderen Orten" angesprochen und betont, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen sind, so Nehammer in einem Statement des Bundeskanzleramts.
Er habe Putin auch "in aller Deutlichkeit" gesagt, dass Sanktionen gegen Russland verschärft werden würden, "solange Menschen in der Ukraine sterben", und klargemacht, dass es humanitäre Korridore brauche. Seine wichtigste Botschaft an Putin sei aber gewesen, "dass dieser Krieg endlich enden muss, denn in einem Krieg gibt es auf beiden Seiten nur Verlierer", so der Kanzler. Nun werde er die europäischen Partner über das Gespräch informieren und über weitere Schritte beraten.
16.11 Uhr: Wie das Bundeskanzleramt bestätigt, ist das Treffen mit Putin beendet und hat rund 75 Minuten gedauert. Über die Gesprächsinhalte gebe es keine Informationen.
15.49 Uhr: Das Gespräch findet hinter verschlossenen Türen und ohne Berater statt – Putin spricht immerhin gutes Deutsch und Englisch. Worüber Nehammer und Putin zurzeit sprechen, wird die Welt daher erst später erfahren. Gegenüber der "Kronen Zeitung" wurde dennoch berichtet: Zur Begrüßung gab es keinen Handschlag, bei Gesprächsende wird es keine offiziellen Bilder geben.
15.40 Uhr: Der ukrainische Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, hat sich bei einem Pressegespräch in Klagenfurt zur Moskau-Reise des Kanzlers zurückhaltend geäußert. Er hoffe auf Resultate, derzeit sei Putin aber sehr stark auf die russische Offensive in der Ostukraine fokussiert. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) unterstrich, wichtig sei bei dem Termin Nehammers mit Putin, dass die klare Linie der EU eingehalten werde.
15.37 Uhr: Auf dem Gelände von Putins Residenz Nowo-Ogarjowo befinden sich Hubschrauberlandeplätze, ein Reitstall, Sportanlagen, Gewächshäuser – und ein Teich, in dem 2002 der damalige US-Präsident George W. Bush fischte.
15.27 Uhr: Zumindest Putin will wohl auch über Gaslieferungen sprechen. "Das Hauptthema ist die Lage der Dinge um die Ukraine", erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut dpa, "auf der anderen Seite lässt sich eine Erörterung der Gasangelegenheiten auch nicht ausschließen, weil das Thema für die österreichische Seite ziemlich aktuell ist."
Gegenüber der Agentur Interfax sagte Peskow, dass es sich um ein Gespräch hinter verschlossenen Türen handle und weder Bilder noch Informationen für Medien von russischer Seite im Anschluss geplant seien. Greifbare Ergebnisse werden nicht erwartet. Putin wolle allerdings am Dienstag Fragen von Journalisten beantworten, schrieb die dpa.
15.10 Uhr: Das Treffen zwischen Putin und Nehammer hat begonnen. Nach einer für Putin typischen Verspätung findet das Treffen in einem Landhaus statt, das dem Kreml gehört. Die staatliche russische Agentur TASS berichtete, dass die Begegnung in Putins Residenz in Nowo-Ogarjowo stattfindet. Kanzler-Sprecher Daniel Kosak bestätigte.
14.50 Uhr: In der österreichischen Botschaft in Moskau bereitete sich Nehammer auf das Treffen mit Putin vor.
14.34 Uhr: 21 in Russland zugelassene Fluggesellschaften sind auf eine schwarze Liste der EU gesetzt worden. Österreichs Kanzler ist zwar per Linienflug nach Moskau geflogen, sollte aber dennoch wieder zurückkommen können.
14.28 Uhr: Während Nehammer in Moskau mit Putin spricht, kündigt EU-Energiekommissarin Kadri Simson bei einer Pressekonferenz in Wien weitere Sanktionen gegen Russland an, "weil diese Art von Aggression ernste Konsequenzen haben muss": Im Mai werde die EU-Kommission einen detaillierten Plan vorstellen, wie man noch bis zum Ende dieses Jahres die russischen Gasimporte in die EU um zwei Drittel reduzieren könne.
14.12 Uhr: Waffen statt Waffenstillstand: Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht davon aus, dass ein russischer Großangriff im Osten der Ukraine bevorsteht, und spricht sich dafür aus, die Ukraine schnell mit weiteren Waffenlieferungen zu untersützen.
14.00 Uhr: Das Vieraugengespräch zwischen Putin und Nehammer sollte jetzt beginnen. Der russische Präsident ist aber für seine Unpünktlichkeit bekannt – besonders bei Treffen mit ausländischen Politikern.
13.51 Uhr: Russland wird seinen Militäreinsatz in der Ukraine nach Angaben von Außenminister Sergei Lawrow vor der nächsten Gesprächsrunde mit der Ukraine nicht unterbrechen. Er sehe aber keinen Grund, warum die Friedensgespräche nicht fortgesetzt werden sollten. Ob Nehammers Besuch etwas an Russlands Meinung ändert, ist fraglich.
13.45 Uhr: Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich bisher noch nicht zur Reise des Kanzlers geäußert. In der Präsidentschaftskanzlei wollte man Nehammers Besuch vorerst nicht kommentieren.
13.30 Uhr: Am Samstag besuchte Nehammer den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew und traf den Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt, Vitali Klitschko, sowie dessen jüngeren Bruder Wladimir Klitschko. Zweiterer scheint von der Russland-Reise seines Gastes nicht erfreut zu sein: Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter teilte der frühere Profiboxer eine kritische Geschichte der deutschen "Bild"-Zeitung mit der Schlagzeile "Das gehört sich nicht zur heutigen Zeit".
Besuch in Kiew
13.20 Uhr: Während in Wien bei 12 Grad die Sonne scheint, nieselt es im kalten Moskau. Eine Schönwetterreise ist Nehammers Besuch bei Putin also auch im wörtlichen Sinne nicht.
12.59 Uhr: Die EU-Kommission hat sich zurückhaltend zu Nehammers Treffen mit dem russischen Präsidenten geäußert. "Grundsätzlich ist für uns jeder Versuch, der Ukraine Frieden zu bringen, nützlich", sagte eine Kommissionssprecherin am Montag in Brüssel auf eine entsprechende Frage. "Aber ich habe keinen weiteren Kommentar zu möglichen Auswirkungen einer solchen Reise", fügte sie hinzu.
12.40 Uhr: Nehammer ist in Moskau angekommen. Im Konvoi in Begleitung von Sicherheitsfahrzeugen fährt der Kanzler vom Flughafen in die russische Hauptstadt.
12.38 Uhr: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei über Nehammers Reise nach Moskau telefonisch informiert worden, sagte der EU-Kommissionsvertreter in Österreich Martin Selmayr. "Wir sind sicher, dass der österreichische Bundeskanzler die Vor- und Nachteile dieser Reise gut abgewogen hat", so Selmayr. Nun warte man gespannt auf das Ergebnis der Reise. Ob man persönlich oder telefonisch mit Putin spreche, sei "eine Entscheidung, die jeder selbst treffen muss".
12.22 Uhr: Nehammers Reise wird weltweit mit Spannung beobachtet. In Russland wird der Tweet des Kanzlers, in dem er seine Reise ankündigt, aber interessant übersetzt. Statt der klaren Haltung Österreichs zum russischen "Angriffskrieg" melden russische Medien die Haltung zur "Militäroperation" – das Wort Krieg wurde vom Kreml in diesem Zusammenhang verboten.
12.14 Uhr: Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn wünscht Nehammer "alles Gute" bei seiner Reise. Angesichts der russischen Großoffensive hält er den Zeitpunkt für Gespräche über eine Waffenruhe aber für verfrüht, berichtet Ö 1. Gabrielius Landsbergis, Außenminister von Litauen, glaubt nicht, dass man mit Putin sprechen sollte, "außer es geht um seine rechtliche Verantwortung in diesem Konflikt".
11.58 Uhr: "Es ist klug, die Gesprächsschienen offenzuhalten", sagt der Innsbrucker Völkerrechtsprofessor Walter Obwexer. Zwar werde Putin diese Bühne propagandistisch nützen, aber dieses Risiko gebe es immer: "Sonst dürfte gar nicht vermittelt werden." Es handle sich um keinen Freundschaftsbesuch, sondern um eine Vermittlungsmission – wenn auch mit geringen Erfolgsaussichten.
Juristische Einordnung
Rechtlich sei die Reise kein Problem, meint Völkerrechtsexperte Ralph Janik: "Europas Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist schwach ausgebildet. Es kann gar keinen EU-Beschluss geben, der den Mitgliedsstaaten eine bestimmte Außenpolitik vorschreibt." Neutralität bedeute (militärische) Unparteilichkeit, aber nicht Teilnahmslosigkeit.
11.30 Uhr: Die Außenminister der EU-Staaten beraten am Montag in Luxemburg über zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten für die von Russland angegriffene Ukraine. Auf dem Tisch liegt unter anderem der Vorschlag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, weitere 500 Millionen Euro für die Lieferung von Waffen und anderer militärischer Ausrüstung bereitzustellen.
11.10 Uhr: FPÖ-Obmann Herbert Kickl begrüßt Nehammers Reise, wenn dieser "jetzt die Rolle eines Brückenbauers zwischen der Ukraine und Russland im Sinne der österreichischen Neutralität erkannt hat". Allerdings sei "sein Verhalten der letzten Wochen dazu nicht wirklich eine konstruktive Vorleistung. Der Kanzler hat leider bereits sehr viel an Porzellan zerschlagen", sagt der FPÖ-Chef in einer Aussendung. Es dränge sich der Verdacht auf, dass "der innenpolitisch motivierte, persönliche Rettungsplan des Herrn Nehammer" im Zentrum der Reise stehe, vermutete Kickl.
11.06 Uhr: Skeptisch gab sich die SPÖ. "Dialog zu führen und mit allen im Gespräch zu sein, ist wichtig, aber genauso wichtig ist auch, ein klar definiertes Ziel für dieses Gespräch mit Putin zu haben und innerhalb der EU gut abgestimmt zu sein", meinte SPÖ-Europasprecher und Vizeklubchef Jörg Leichtfried. "Dem Kanzler ist hoffentlich bewusst, dass das Risiko auch für den außenpolitischen Ruf Österreichs hoch ist", warnte Leichtfried.
11.00 Uhr: Nicht geplant ist eine gemeinsame Pressekonferenz. Nach Informationen der Kleinen Zeitung hat Nehammer einen entsprechenden Wunsch der Russen ausgeschlagen, die Gefahr, international von dem ausgewiesenen Politprofi Putin vorgeführt zu werden, wäre zu groß gewesen. Geplant ist nur ein Fototermin, TV-Kameras sind zu dem Treffen nicht zugelassen.
10.45 Uhr: Ob Nehammer – so wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Kanzler Olaf Scholz – am überlangen Tisch des russischen Präsidenten Platz nehmen muss oder nicht, hängt einerseits vom Ort der Zusammenkunft ab, andererseits von den Modalitäten.
Der französische Präsident wie auch der deutsche Kanzler hatten sich geweigert, einen Coronatest von den russischen Behörden durchführen zu lassen. Stattdessen hatten sie auf Anraten der Geheimdienste auf eine Ärztin, einen Arzt ihres Vertrauens gesetzt. Die russischen Geheimdienste hätten die DNA der beiden Spitzenpolitiker gesichert und abgespeichert. Wie Nehammer damit verfährt, bleibt abzuwarten.
10.30 Uhr: Bei den Grünen löst das Treffen mit dem russischen Präsidenten keine Begeisterung aus. Vorausgesetzt, die Reise sei mit der EU abgestimmt, "könnte es einen Versuch wert sein", reagierte Vizekanzler Werner Kogler am Montag zurückhaltend. Dass der Koalitionspartner keinen Applaus spendet, könnte auch damit zu tun haben, dass die Grünen dem Vernehmen nach erst aus den Medien von Nehammers Reiseplänen nach Moskau erfahren haben. "Nicht gutheißen" will die Grünen-Außenpolitik-Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic den Besuch bei Putin: "Das hat mit Diplomatie nichts zu tun."
10.15 Uhr: Es mache einen Unterschied, wenn man jemandem "von Angesicht zu Angesicht" sage, dass er "den Krieg moralisch verloren" habe, sagt Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in Luxemburg gegenüber Puls 24. Das Treffen sei mit den "wesentlichen Partnern" abgesprochen worden. Das Wort "Krieg" sollte Nehammer aber vermeiden. Die russische Invasion so zu nennen, ist in Russland verboten. Es drohen 15 Jahre Haft.
9.55 Uhr: Die Ostukraine steht offenbar vor massiven Angriffen durch die russische Armee. "Es wird eine Offensive geben ... nicht nur auf Mariupol, sondern auch auf andere Orte, Städte und Dörfer", sagte der Putin-Verbündete und Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, in einem Telegramm-Video. Erst werde man die Donbass-Gebiete Luhansk und Donezk "vollständig befreien", danach Kiew und alle anderen Städte einnehmen.
"Die russischen Truppen werden zu noch größeren Operationen im Osten unseres Staates übergehen", sagte auch der ukrainische Präsident Selenskyj. Laut ukrainischen Medien waren am späten Sonntagabend heftige Explosionen in der nordöstlichen Stadt Charkiw und in Mykolajiw in der Nähe des Schwarzen Meeres zu hören. Der britische Militärgeheimdienst sprach am Montag von russischem Beschuss in Donezk und der Nachbarregion Luhansk.
8.46 Uhr: Der Obmann der Impfgegner-Partei MFG, Michael Brunner, stellt sich die Frage, "was er (Nehammer, Anm.) dort will, außer die österreichische Bundesregierung einmal mehr international lächerlich zu machen". Würde der Kanzler im Sinne der Neutralität handeln, hätte er Putin und den ukrainischen Präsidenten Selenskyj nach Wien geladen, befindet Brunner.
8.00 Uhr: Nehammer ist mit seinem engsten Team gestern Abend nach Moskau aufgebrochen. Begleitet wird er von seiner außenpolitischen Beraterin, der Grazerin Barbara Kaudel, seinem Pressesprecher Daniel Kosak, seinem Fotografen Dragan Tatic sowie einer Handvoll Corbra-Leuten. Entgegen ersten Meldungen flog der Kanzler nicht mit einem Bedarfsflugzeug, sondern Linie – mit einem Zwischenstopp in der Türkei – zu dem Termin. Die Nacht verbrachte Nehammer in Istanbul.
Sonntag, 22.10 Uhr: "Ich halte diesen Besuch für keine kluge Entscheidung", sagte der Russland-Experte Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck in der ZiB 2. Auf einen Brückenbauer habe in der EU keiner gewartet, die Osteuropäer kritisierten diesen Schritt bereits scharf, sagte Mangott in der "ZiB 2 am Sonntag". Russlands Präsident Wladimir Putin habe die Macht über die Bilder dieses Besuches und werde diese zu nutzen wissen.
Sonntag, 19.40 Uhr: Der Besuch in Moskau dürfe nicht dazu führen, "dass Österreich den gemeinsamen europäischen Weg verlässt", sagt Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger in einer Aussendung. Putin sei "ganz klar der Aggressor in diesem Krieg". Es könne in dieser Frage keine Neutralität geben, so Meinl-Reisinger.
Sonntag, 18.32 Uhr: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kündigt seine Reise nach Moskau auf Twitter an. Es brauche humanitäre Korridore, einen Waffenstillstand und die Aufklärung von Kriegsverbrechen.