Nach dem "Camp Wüste" Anfang Februar wird nun nur wenige hundert Meter weiter die nächste besetzte Lobau-Baustelle geräumt. Das "Grätzel 1" ist deutlich kleiner: zwei Holzcontainer boten hier den Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten Schutz. Laut Polizeisprecherin Barbara Gass sagte die Exekutive gegen 10.00 Uhr die behördliche Auflösung der Versammlung durch und forderte die Aktivistinnen und Aktivisten auf, das Gelände zu verlassen.
Gass zufolge rechneten die Einsatzkräfte mit etwa 15 bis 20 Demonstranten "im Aktionsraum". Ihnen standen mehr als 400 Beamte - unter anderem die WEGA - gegenüber, die neben dem eigentlichen Einsatz das Gelände absperrte.
"Wir rechnen mit einem längeren Einsatz", sagte Gass. So gehe es nach der Räumung um den Abbau der Hütten und Erdlöcher. Auch zahlreiche Hindernisse würden die Beamten erwarten. Nicht zuletzt deshalb habe man auch für ausreichend Reserven gesorgt. Mit einem Hebelkran werden Aktivistinnen und Aktivisten von den niedrigen Dächern geholt.
Der Bereich rund um die Hirschstettner Straße im 22. Wiener Gemeindebezirk ist großflächig gesperrt. Die beiden Buslinien 22A und 87A sind aktuell in ihrem Betrieb aufgrund des Polizeieinsatzes eingeschränkt.
Spontane Solidaritätskundgebungen
Die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten, die den Bau der sogenannten Stadtstraße als mehrspurige Autobahn verhindern wollen, rufen zu Solidaritätskundgebungen rund um die besetzte Baustelle auf. Für 19 Uhr ist eine Protestkundgebung vor der SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße geplant.
Die Aktivistinnen und Aktivisten von "LobauBleibt" übten scharfe Kritik: "Zahlreiche Menschen, die den Ort des friedlichen Protests nicht freiwillig den Baggern und Planierwalzen überlassen wollen, sollen in Kürze aus ihren Hütten und Zelten geholt werden", hieß es in einer Aussendung. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wolle mit dem Bau der Stadtautobahn Fakten schaffen, um den Lobautunnel doch noch durchzusetzen. "In Zeiten von fossilem Krieg und Klimakrise wäre das ein fataler Schritt in die falsche Richtung."
"Die Räumung unterstreicht erneut die rückständige Verkehrspolitik der Stadt Wien in der Donaustadt. Nach Absage des Lobau-Tunnels wäre es nur logisch, die Pläne der Stadtstraße zu prüfen und dem tatsächlichen Bedarf anzupassen", kritisiert Agnes Zauner, Geschäftsführerin von GLOBAL 2000 in einer Aussendung.
Erfreut zeigt sich hingegen der Wiener FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdahlik. Ein guter Tag beginne "nun einmal mit einer von linken Chaoten geräumten Baustelle", ließ Mahdalik per Aussendung wissen. Die Besetzung habe die Bauarbeiten für die Stadtstraße viel zu lange Verzögert und 22 Millionen Euro an Schäden angerichtet, so der blaue Verkehrssprecher.
Die Asfinag wies darauf hin, dass man die Bautätigkeit aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Stadt Wien fortsetzen müsse. "Eine verhältnismäßige und deeskalierende Vorgehensweise im Sinne des Dialogs der vergangenen Monate" sei dabei ein zentrales Anliegen. "Ein umsichtiges Vorgehen und ein respektvoller Umgang mit den Aktivistinnen und Aktivisten waren und sind uns wichtig", betonte Asfinag-Unternehmenssprecherin Petra Mödlhammer. Auch Polizeisprecherin Gass sagte, dass man so deeskalierend wie möglich vorgehen wolle.
Im Übrigen sei die Neugestaltung der bereits bestehenden Anschlussstelle Hirschstetten auf der A23 (Südosttangente) ein "Umbau", kein "Neubau". Gewährleistet werde dadurch auch, dass der tägliche Stau im Ampelbereich der Hirschstettner Straße reduziert wird, und damit auch die Lärm- und die Abgasbelastung für die Anrainerinnen und Anrainer abnimmt.