Die Bürgermeisterstichwahlen zwei Wochen nach den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen sind geschlagen. Und sie brachten zwei ÖVP-Schlappen in wichtigen Städten, nämlich in der Bezirkshauptstadt Schwaz (ging an die SPÖ) und Hall in Tirol. In Kufstein und Imst konnten sich der parteifreie Martin Krumschnabel bzw. ÖVP-LAbg. Stefan Weirather durchsetzen.
In Kramsach wiederum kann der einzige deklarierte FPÖ-Bürgermeister in die Gemeindestube einziehen.
Die größte Überraschung ereignete sich an diesem sonnigen Sonntag wohl in Schwaz: SPÖ-Kandidatin Victoria Weber (Team Zukunft - Viktoria Weber) setzte sich gegen den ÖVP-Bürgermeister Hans Lintner mit 58,50 Prozent durch. Der 71-Jährige Lintner hatte die Bezirkshauptstadt seit 1997 regiert.
Auch in Hall in Tirol musste die ÖVP eine empfindliche Niederlage einstecken. Der Polit-Neuling Werner Hackl von der Volkspartei war angetreten, um die langjährige ÖVP-Bürgermeisterin Eva-Maria Posch zu beerben. Er scheiterte jedoch am parteifreien Christian Margreiter (Für Hall), der ein Ergebnis von 57,50 Prozent einfahren konnte.
In den Bezirkshauptstädten Kufstein und Imst bleibt indes alles beim Alten: Weirather verteidigte sein Amt mit 65,66 Prozent gegen seine Konkurrentin Andrea Jäger, die mit 16,21 Prozent in die Stichwahl gegangen war. In Kufstein, der zweitgrößten Stadt Tirols, blieb Krumschnabel Stadtchef. Gegen ihn ins Rennen ging die einzige NEOS-Kandidatin, die es in eine Stichwahl geschafft hatte. Birgit Obermüller holte 30,55 Prozent der Wählerstimmen ab.
Die FPÖ darf sich über einen Erfolg in Kramsach freuen. In der Unterländer Gemeinde mit 4.121 Wahlberechtigten wird künftig Bezirksparteiobmann Andreas Gang an der Spitze des Dorfes stehen. Der ÖVP-nahe Bürgermeister Bernhard Zisterer unterlag mit 48,76 Prozent.
Bemerkenswert war die Stichwahl in Wenns (Bezirk Imst). Beide Kandidaten überzeugten jeweils exakt 631 Wähler von sich. Bei einer solchen Pattsituation entscheidet am Ende jener Kandidat die Wahl für sich, dessen Liste beim ersten Wahlgang mehr Mandate erhielt. Damit wird es in Wenns mit dem 29-jährigen Patrick Holzknecht (ÖVP) künftig den jüngsten Ortschef in Tirol geben.
Die Wahlbeteiligung war indes niedrig: Nur 56,86 Prozent der aufgerufenen Bevölkerung schritt zu den Wahlurnen, am 27. Februar waren es noch rund 66 Prozent. Die höchste Wahlbeteiligung gab es in Ainet in Osttirol (75,51 Prozent).
Trotz zweier signifikanter Niederlagen in zwei wichtigen Städten zeigte sich die Landeshauptmann-Partei ÖVP einmal mehr über die kommunalen Urnengänge insgesamt zufrieden und verwies auf ihre ungebrochene Stärke landesweit. Man habe das Ziel, die 232 ÖVP- bzw. ÖVP-nahen Bürgermeister zu halten, erreicht, wurde betont. Zwei Drittel der Gemeinderäte seien den Schwarzen zuzuordnen, bilanzierte die Partei.
Für Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hatten die Wahlen "insgesamt ein gutes Ergebnis" zur Folge. Landesgeschäftsführer Martin Malaun gestand aber auch "einzelne bedauerliche Resultate" ein und bezog sich dabei auf Hall und Schwaz. Die ÖVP betonte aber, dass man in sieben der zehn größten Gemeinden – mit Ausnahme Innsbruck, wo nicht gewählt wurde – stärkste Kraft im Gemeinderat sei. Außerdem habe man Mils bei Imst, Schönwies und Wörgl "zurückerobert".
Immens war die Freude bei der Tiroler SPÖ, vor allem wegen des Sieges in Schwaz. SPÖ-Chef Georg Dornauer sprach gegenüber der APA von einem "historischen Ergebnis" für die Sozialdemokratie. "Einen ÖVP-Langzeitbürgermeister auszuhebeln – das muss Victoria Weber erst einmal jemand nachmachen", war er voll des Lobes für die Parteikollegin. Dornauer sprach insgesamt ein Jahr vor der Landtagswahl von einer "schweren Niederlage für die ÖVP, Landeshauptmann Günther Platter und ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun". Die Sozialdemokraten sah er weiter auf einem guten Weg: Man weise einen "starken Organisationsgrad" mit jungen, talentierten Leuten vor Ort auf, so der rote Vorsitzende, der auch daran erinnerte, dass mit SPÖ-Landtagsabgeordnetem Benedikt Lentsch ein junger Politiker die Platter-Heimatgemeinde Zams erobert hatte.
Die FPÖ zeigte sich ebenfalls erfreut – besonders über die Wahl in Kramsach. Der bisherige ÖVP-Bürgermeister sei abgewählt worden, "da er die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat", meinte Landesparteiobmann Markus Abwerzger. Er ortete indes für die ÖVP keinesfalls einen "erfolgreichen Tag": "Viele ÖVP-Ortskaiser wurden heute abgewählt, denn die Bevölkerung hat genug von geschmacklosen Sideletters und WhatsApp-Nachrichten, es braucht eine neue Ehrlichkeit in der Politik, ohne ÖVP-Sumpf", sagte er.
Die NEOS waren besorgt ob der niedrigen Wahlbeteiligung in Kufstein – nachdem nur 40 Prozent mitbestimmt hatten. Krumschnabel sei daher nur von 27 Prozent der Wahlberechtigten zum Bürgermeister gewählt worden. "Das sollte für ihn Auftrag sein, zukünftig in der Gemeindepolitik mehr Fraktionen einzubinden als nur jene zwei, die ihm im Stadt- und Gemeinderat die Mehrheit beschaffen", forderte Landessprecher Dominik Oberhofer. Er gratulierte Obermüller zu ihrem "ausgezeichneten Ergebnis bei der Stichwahl". Über den Zuspruch von über 30 Prozent der WählerInnen freue ich mich sehr und sehe darin einen klaren Auftrag für meine Arbeit im Gemeinderat", sagte die Politikerin in einer Aussendung.
105.000 Menschen zur Wahl aufgerufen
Rund 105.000 Menschen waren Sonntag erneut zu den Wahlurnen gerufen worden. In 31 Gemeinden schaffte im ersten Durchgang kein Bürgermeisterkandidat eine Mehrheit auf Anhieb. In vier Gemeinden – Wörgl, Völs, Nassereith und Wattens – kam es aufgrund von Verzichtserklärungen zu keiner Stichwahl. Am Montag geht dann schon die Angelobung aller 273 neu gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in der Innsbrucker Hofburg über die Bühne.