Vieles in "Madres paralelas" ("Parallele Mütter") kennt man aus anderen Werken wie "Volver" oder "Alles über meine Mutter" des spanischen Kultregisseurs. Pedro Almodóvar fokussiert auf unabhängige Frauen mit einem breiten Charakterspektrum sowie deren konsequente Solidarität zueinander. In dem in Venedig uraufgeführtem Drama fügt der 72-Jährige den Erzählungen von Elternschaft eine explizit politische Komponente über ein dunkles Kapitel der spanischen Historie hinzu: die Massengräber der Franco-Diktatur. Erst seit 2020 gibt es ein Gesetz, das ermöglichst, dass die Opfer exhumiert werden dürfen. In "Parallele Mütter" wird das Verdrängen in einem wendungsreichen Plot über zwei ungleiche Mütter verzahnt. Das Private ist hier politisch.

Das Publikum lernt die Fotografin und selbstbewusste Single-Frau Janis (Oscar-Nominierung für Penélope Cruz) während eines Shootings kennen, die Kamera klickt, die Schnitte sitzen. Szenen später sehen wir, wie sie den forensischen Anthropologen Arturo (Israel Elejalde) bittet, ein Grab in ihrem Heimatdorf zu öffnen, um Gewissheit über den Tod des Uropas zu erhalten. Sie landen im Bett und neun Monate später sehen wir Janis hochschwanger auf der Geburtsklinik wieder.

Sie freue sich auf ihre Mutterrolle, erzählt sie ihrer Zimmergenossin. Die 17-jährige Ana (Milena Smit) indes ist verunsichert, weiß nicht, wer der Vater ihres Kindes ist, nennt ihre Schwangerschaft ein "Unglück".
Die beiden freunden sich an – trotz unterschiedlicher Lebensentwürfe. Es eint sie das Mutterglück. Jenes von Janis scheint perfekt und wird in satten Farben (Kamera José Luis Alcaine) ausgemalt, ihre beste Freundin Elena (Rossy de Palma) unterstützt sie, sie beginnt wieder zu arbeiten. Bis sich die Zweifel mehren: Warum sieht ihre Tochter weder ihr noch Arturo ähnlich? Sie lässt einen Gentest machen und erhält traurige Gewissheit: Sie ist nicht die Mutter. Janis ahnt Schlimmes.



An diesem Punkt kommt die Almodóvarsche Zaubermaschine mithilfe eines furiosen Ensembles in Gang und das Melodram über ein großes Geheimnis, getragen von einer Lüge und drohendem Verlust, nimmt seinen Lauf. Hie und da wird verdrängt und vergessen. Hie wie da stemmen sich Frauen dagegen. In der Provinz jene, die im Krieg ihre Väter, Liebsten oder Söhne verloren haben. Und Janis und Ada gegen tradierte Frauenrollen. So vielschichtig hier von Mutter- und Selbstliebe erzählt wird, so kraftlos wirken die politischen Nebenstränge. Auch Themen wie Vergewaltigung in Schulen gehen nicht in die Tiefe.

Bewertung: ****