Neue Woche, neue Chats. Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss konzentrierte sich am Vormittag auf die Frage, wie gut die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ihrer Arbeit nachgehen kann. Chats zeigen, dass grundlose Ermittlungen gegen die Korruptionsjäger angedacht waren.

Dabei sei die WKStA ohnehin schon unterbesetzt, Aktenleaks würden die Arbeit zusätzlich erschweren, klagte Bernhard Weratschnig, Gruppenleiter der WKStA. Seit Beginn der Ermittlungen erlebe er "beispiellose Medienkampagnen gegen Mitarbeiter" sowie "dienstrechtlichen Druck", dessen "volle Dimension" öffentlich noch nicht bekannt sei, sagte Weratschnig. Ob aber politische Motive hinter den Handlungen stehen würden, konnte er auf eine entsprechende Frage der ÖVP nicht sagen.

Auf die Veröffentlichung von Akten angesprochen betonte der Oberstaatsanwalt einmal mehr, dass eine Weitergabe für Staatsanwälte strafbar sei. Er könne diesbezüglich für sein Team "die Hand ins Feuer legen".

Ermittlungen gegen Korruptionsjäger

Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper legte Weratschnig einen Chatverlauf zwischen dem suspendierten Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek und dem leitenden Oberstaatsanwalt Johann Fuchs, der die Leitung der Dienst- und Fachaufsicht über die WKStA innehatte, vor. Daraus ging hervor, dass Pilnacek und Fuchs die "Soko Tape" beauftragen wollten, gegen die Korruptionsjäger zu ermitteln.

Pilnacek schrieb laut "Falter" an Fuchs: "Hans, wir müssen koordinieren; meine Idee ist, dass StA Wien (…) mit Soko das Leak ermittelt". Und: "Franz Lang (damaliger Chef des BKA, Anm.) meint, dass diesmal das BVT Quelle des Leaks ist; egal, irgendwann muss effektiv ermittelt werden. (…)" Weratschnig betont, dass die Soko "befangen" sei, weil auch sie als potenzielle Leak-Quelle in Betracht kommen würde – genauso wie Fuchs selbst.

Außerdem habe man "hier auch Grundsätze der Strafprozessordnung vernachlässigt" und ohne Verdacht Ermittlungsschritte setzen lassen wollen, so Weratschnig. "So ein Vorgang ist wahrscheinlich einzigartig", sagte der Korruptionsjäger im U-Ausschuss, "dass die Polizei nicht nur mit der Staatsanwaltschaft, sondern auch gegen sie ermittelt". Als Personalvertreter würden ihn die Chats bestärken, "dass hier ein extremer Aufarbeitungsbedarf besteht."

Direkte politische Einflussnahme auf die WKStA habe er nicht wahrgenommen, sagte der WKStA-Gruppenleiter. Jedoch würde die Auswertung der Chats zeigen, dass so etwas eben nicht direkt laufe, argumentierte Weratschnig. Auch könne er nicht beurteilen, ob es tatsächlich zur Observation der WKStA gekommen sei, räumte Weratschnig ein. Er könne nicht sagen, was die StA Wien gemacht habe.

Pilnacek ist zwar suspendiert, Johannes Fuchs ist aber weiterhin leitender Oberstaatsanwalt. Die Fach- und Dienstaufsicht über die WKStA musste Fuchs abgeben. Er hat aber die Aufsicht über jede Staatsanwälte inne, die wiederum die Arbeit der WKStA kontrollieren. Der frühere Leiter der "Soko Tape", Andreas Holzer, leitet nun das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK).

Kurz in Causa Beinschab noch nicht einvernommen

In der Causa Beinschab rund um politische Umfragen, die mit Steuergeld bezahlt wurden und mutmaßlich Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nutzen sollten, gab es mit dem Geständnis der Meinungsforscherin Sabine Beinschab sowie der Festnahme der früheren Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) zuletzt rasante Entwicklungen.

Ein Beschuldigter konnte aber noch nicht einvernommen werden, sagte Weratschnig im U-Ausschuss: Sebastian Kurz. Laut dessen Verteidiger wolle Kurz zuerst die "Beweisergebnisse abwarten" und dann Stellung nehmen. Der frühere ÖVP-Chef beteuerte stets, alles zur Aufklärung beitragen zu wollen.

Auch weitere neue Details brachte Weratschnig vor. So wird in den Ermittlungen gegen den früheren Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wegen der verzögerten Aktenlieferungen auch gegen Wolfgang Peschorn als Präsidenten der Finanzprokuratur ermittelt, da dieser um eine Vermittlungstätigkeit mit dem U-Ausschuss gebeten wurde. Derzeit liegt in der Causa ein Vorhabensbericht im Justizministerium.

Auch die Kloibmüller-Chats, die der ehemalige Politiker Peter Pilz bei seiner Befragung dem U-Ausschuss übergeben hat, schaut sich die WKStA an, verriet Weratschnig. Die Daten würden dahingehend geprüft, ob sie Beweismaterial darstellen. In den Akt würden diese aber nur eingehen, wenn sie für die Causa relevant sind.

Wolf wird zum Thema

Am Nachmittag ist ein Abteilungsleiter des Finanzministeriums geladen. Der frühere Kabinettsmitarbeiter war von Thomas Schmid als "Hure für die Reichen" bezeichnet worden. Die Abgeordneten interessieren sich besonders für die Vorgänge im Finanzministerium rund um diverse Steuercausen, darunter jene des Unternehmers Siegfried Wolf oder für das sogenannte "Beinschab-Österreich-Tool", bei dem mittels Steuergeld frisierte Umfragen zum Vorteil der ÖVP und dem Fortkommen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz erstellt worden sein sollen. Einmal mehr wird dabei auch die Rolle des damaligen Generalsekretärs und späteren ÖBAG-Chefs Thomas Schmid beleuchtet werden.

Er habe die Nachricht von Schmid "Vergiss nicht – du hackelst in einem ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen!" nicht ernst genommen. Das zeige auch seine Antwort: "Danke, dass wir das so offen besprechen können!"

Statt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) führt am Nachmittag Norbert Hofer (FPÖ) den Vorsitz im U-Ausschuss. Der Vormittag war aber – anders als bisher bei Sobotka – nicht von Geschäftsordnungsdebatten, sondern von Aufklärung geprägt.

Mit diesen Themen geht es dann am Donnerstag, dem vierten Befragungstag, weiter. Neben dem Leiter der Internen Revision im Finanzministerium werden ein Fachvorstand und der Sektionschef Mayr den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.