Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bringt eine Debatte über Österreichs Neutralität in Gang. Nach dem Ex-Streitkräftekommandanten Günter Höfler sprach sich auch Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol(ÖVP) in der Kleinen Zeitung für einen NATO-Beitritt oder die Mitarbeit an einer europäischen Armee der EU aus.
ÖVP-Wehrsprecher Friedrich Ofenauer legte am Sonntagnachmittag nach und betonte per Aussendung, dass die Neutralität nur zur Sicherheit Österreichs beitragen können, wenn mit dieser die Unverletzlichkeit und Integrität des Staatsgebietes von allen Staaten akzeptiert und respektiert werde. Am Beispiel der Ukraine sehe man, was passiere, wenn diese Integrität nicht respektiert werde und ein Land bei seiner Verteidigung auf sich alleine gestellt sei. "Aus diesem Grunde muss über die österreichische Neutralität und ihre Ausgestaltung ernsthaft diskutiert werden, denn sie ist nur eine Seite einer Medaille." Die zweite Seite sei die militärische Landesverteidigung im Gleichklang mit der zivilen, wirtschaftlichen und geistigen Landesverteidigung.
Nato-Beitritt?
SPÖ fordert "unmissverständliche Klarstellung" von Nehammer
Die SPÖ stellt sich hingegen klar hinter die Neutralität. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte Khol Paroli geboten: "Die Neutralität stärkt als Eckpfeiler der österreichischen Außenpolitik unsere Sicherheit", betonte sie. Auch die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) pochte in der ORF-Sendung "Hohes Haus" auf die Beibehaltung einer "aktiven Neutralitätspolitik".
SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried forderte am Sonntag per Aussendung von Bundeskanzler Karl Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) eine "unmissverständliche Klarstellung der ÖVP-Position zur Neutralität". Es sei zu hoffen, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen klare Worte an die ÖVP richte, dass die immerwährende Neutralität Österreichs nicht zur Debatte stehe. Dieser hatte zuletzt eine Aufgabe der österreichischen Neutralität abgelehnt.
FPÖ hält an Neutralität fest, Neos wollen gemeinsame EU-Sicherheitspolitik
Auch die Freiheitlichen halten an der Neutralität fest: Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer betonte am Sonntag auf Twitter, Österreichs solle die Neutralität im Rahmen der umfassenden Landesverteidigung (militärisch, wirtschaftlich, zivil, geistig) schützen. "Seien wir stolz auf unsere Neutralität anstatt einem NATO-Beitritt das Wort zu reden." Der steirische FPÖ-Obmann Mario Kunasek sprach sich dagegen aus, mit Blick auf die Ukraine die 'immerwährende Neutralität' Österreichs kurzerhand über Bord zu werfen".
Bei den NEOS sieht man unterdessen Handlungsbedarf. Gründungsmitglied Veit V. Dengler argumentierte in einem Gastkommentar für den "Standard", die EU reiche als Schutzgemeinschaft nicht. Das einzige funktionierende und historisch sehr erfolgreiche Verteidigungsbündnis sei die NATO und Österreichs Beitritt zu dieser sei fällig. NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger hatte zuletzt auf eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik und ein gemeinsames europäisches Berufsheer gedrängt. "Die Frage, ob das möglich ist innerhalb der Neutralität, ist eine rechtsdogmatische."