Die Reform des Parteiengesetzes wurde lange angekündigt, heute präsentierten die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer sowie der ÖVP-Abgeordnete Andreas Ottenschläger die Eckpunkte des Regierungsentwurfs. Mit über einem Jahr Verspätung – versprochen war das Paket, das für mehr Transparenz und faireren Wettbewerb sorgen soll, schon für Ende 2020. Bereits im Herbst hatte der Rechnungshof einen eigenen Gesetzesvorschlag präsentiert, nun hat die Regierung nachgezogen.
Der Vorschlag bringt erstmals Prüfrechte für den Rechnungshof, neue Spendenregeln und schärfere Strafen. Wahlkampfkosten müssen früher offengelegt werden, Sozialpartner und Vorfeldorganisationen werden stärker abgedeckt. Vor allem der Ausbau der Kontrolle durch den Rechnungshof benötigt aber eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ. Der Opposition wurde daher heute der Entwurf der Regierung übermittelt – der Öffentlichkeit nicht. Maurer und Ottenschläger präsentierten in der Pressekonferenz nur die wichtigsten Eckpunkte. Bis Sommer soll das Gesetz beschlossen sein.
Direkter Einblick auf Nachfrage
Die Rechenschaftsberichte der Parteien sollen künftig detaillierter werden und dem Rechnungshof mehr Einblick erlauben. So müssen Parteien künftig öffentlich ihr Vermögen und ihre Schulden auflisten müssen. Bei wem die Schulden sind, soll aber nur der Rechnungshof erfahren. Auch Landesorganisationen sollen melden müssen, allerdings nur Vermögenswerte und Schulden ab 50.000 Euro. Einnahmen und Ausgaben der Parteien sollen bis auf die Bezirks- und Gemeindeorganisationen hinunter offengelegt werden müssen.
Bei Ungereimtheiten in den Berichten der Parteien soll der Rechnungshof künftig ein direktes Kontroll- und Belegeinsichtsrecht haben. Dazu muss zunächst der Partei die Möglichkeit gegeben werden, entsprechende Unterlagen und Belege nachzuliefern. Bleiben dennoch Fragen offen, soll der Rechnungshof bei der Partei künftig prüfen und vor Ort Einschau halten können. Bei Meinungsverschiedenheiten soll der Verfassungsgerichtshof schlichten.
All das gilt auch für eine weitere Neuerung: Ein sogenannter Wahlwerbungsbericht soll spätestens sechs Monate nach einer Wahl detailliert die Wahlkampfkosten auflisten. Etwaige Wahlkampfkosten-Überschreitungen lassen sich so schneller nachweisen.
Transparentere Spenden, höhere Strafen
Spenden sollen künftig transparenter werden: Bereits ab 150 Euro sollen Namen und Summen der Spender dem Rechnungshof bekannt gegeben werden, ab 500 Euro müssen die Spender veröffentlicht werden. Die Obergrenze für Einzelspenden von 7500 Euro bleibt. Und alle Unternehmen mit direkter oder indirekter Beteiligung der öffentlichen Hand sollen nicht mehr an Parteien spenden dürfen. Etwas verschärft werden die Regeln für die Veröffentlichung von Mitgliedsbeiträgen (ab 5000 statt bisher 7500) sowie Sponsorings (ab 7500 statt bisher 12.350).
Bei Verstößen sollen künftig höhere Strafen drohen, kündigte die grüne Klubobfrau Maurer an. Wird der Rechenschafts- oder Wahlkampfbericht nicht abgegeben, sollen bis zu 50.000 Euro anfallen, kündigte Maurer an. Auch die Parteienförderung soll einbehalten werden können. "Wenn das letzte Mal 800.000 Euro Strafe angefallen wären, wäre es nach dem jetzigen Modell acht Millionen Euro", brachte Maurer auf Nachfrage die deutliche Wahlkampfkostenüberschreitung der ÖVP 2017 als Vergleich.
Licht auf Vorfeldorganisationen
Künftig müssen alle parteinahen Organisationen im Rechenschaftsbericht genannt werden, auch für sie würden die neuen Regeln gelten, kündigte Maurer an. Manche Gesetzeslücken werden somit geschlossen. So konnten Vorfeldorganisationen der Parteien die Transparenzregeln teilweise umschiffen, wenn sie sich formal von der Partei trennten. Dazu hat beispielsweise die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) einen zusätzlichen Verein zwischen sich und die SPÖ geschalten. Dies wollen ÖVP und Grüne nun erschweren, indem sie den Begriff der parteinahen Organisation weiter fassen. Auch die Sozialpartner sollen über den laufenden Betrieb hinausgehende Wahlwerbungsausgaben offenlegen.
Ein Schlupfloch für die Spendentransparenz in Parteizeitungen wird geschlossen. Diese gilt bisher nur, wenn die Partei selbst ein Medium herausgibt. Künftig gilt die Offenlegung von Inseraten über 2500 Euro auch, wenn das Medium von einer parteinahen Organisation, einem Abgeordneten oder einem Kandidaten herausgegeben wird.
Alle Regelungen sollen nur für Parteien gelten, die auch staatliche Unterstützung – also etwa Parteienförderung – erhalten. Neu gegründete Parteien können demnach auch weiterhin mit größeren Spendern in Wahlen starten. Wer wie die KPÖ in der Steiermark oder die Impfgegner-Partei MFG in Oberösterreich in einem Landtag vertreten ist, ist von der Rechenschaftspflicht betroffen.
FPÖ: "Transparenz wird zurückgefahren"
SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried unterstrich nach dem Fraktionengespräch, dass seine Partei für Transparenz stehe. Es sei die Sozialdemokratie gewesen, die eine Obergrenze in der Parteienfinanzierung geschaffen habe. Nun stehe der nächste Schritt an, und man werde sich konstruktiv an dieser Diskussion beteiligen.
Die Sofortmeldung von Spenden soll nach dem präsentierten Modell wegfallen. Wenn stattdessen nur noch quartalsmäßig gemeldet werden müsste, könnten Spenden gerade im Wahlkampf nicht eingesehen werden, kritisiert der FPÖ-Abgeordnete Michael Schnedlitz in einer ersten Reaktion. Somit würde die Transparenz teilweise sogar zurückgefahren werden.
Offen ist für Schnedlitz auch, ob die Spendenobergrenze von 7500 Euro auch für Personenkommittees gelten wird oder ob hier jede Person einzeln zählt. Und dass ausgerechnet die nahende Bundespräsidentenwahl von den neuen Regelungen ausgenommen sei, ist für Schnedlitz "unverständlich". Der ÖVP-Abgeordnete Ottenschläger erklärte das mit dem Zeitplan: Die im Herbst anstehende Wahl bereits einzubeziehen wäre "sehr sportlich" gewesen. Man werde aber auch die Bundespräsidentenwahl nachziehen, verspach Ottenschläger.
NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak äußerte sich positiver. Transparenz bei Parteifinanzen sei besonders wichtig, und was nun vorgeschlagen werde, sei jedenfalls eine Verbesserung gegenüber dem Status quo. Man werde den Vorschlag im Detail prüfen. Strengere Strafen seien wichtig. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich manche sonst nicht an die Regeln halten würden, sagte er.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker begrüßt die vorgelegte Reform. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA sprach sie von einem "wichtigen Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle". Gleichzeitig äußerte sie die Hoffnung, dass auch die Oppositionsparteien diese Reform mittragen.
Max Miller