Der so­ge­nann­te Maul­wurf-Akt der Staatsanwaltschaft Wien sorgt seit Sonn­tag für Un­ru­he in den Rei­hen des In­nen­mi­nis­te­ri­ums. Darin wird, wie "Die Pres­se" be­rich­tet, das Bild eines Freun­des­krei­ses aus ehe­ma­li­gen BVT-Be­am­ten ge­zeich­net, der dank eines weit­rei­chen­den Netz­wer­kes im In- und Aus­land In­for­ma­tio­nen feil­ge­bo­ten und ge­zielt Falsch­in­for­ma­tio­nen ge­streut haben soll.

Kon­kret geht es um drei Män­ner, die sich jah­re­lang ken­nen und die ge­mein­sam unter an­de­rem für Wire­card In­for­ma­tio­nen ge­lie­fert haben sol­len. Aber auch Po­li­ti­ker di­ver­ser Par­tei­en sol­len von den Män­nern mit In­for­ma­tio­nen ver­sorgt wor­den sein. Bei den drei früheren Verfassungsschützern laufen lose Fäden vergangener Skandale von BVT über die Wirecard bis Ibiza zusammen. Ge­lun­gen sei das unter an­de­rem mit einem Netz­werk aus Zu­lie­fe­rern, die nach dem Aus­schei­den der Be­am­ten in BVT, In­nen­mi­nis­te­ri­um und Bun­des­kri­mi­nal­amt wei­ter tätig waren. Den Män­nern wird unter an­de­rem Miss­brauch der Amts­ge­walt, Ver­let­zung des Amts­ge­heim­nis­ses, Be­ste­chung und Be­stech­lich­keit und der Ver­rat von Staats­ge­heim­nis­sen vor­ge­wor­fen.

Haben Politiker für Geheimnisse bezahlt?

Im Zen­trum der ver­mu­te­ten Cli­que steht ein Be­am­ter, der frü­her als At­taché im Aus­land tätig war und gegen den ak­tu­ell wegen Ge­heim­nis­ver­rats er­mit­telt wird. Er soll unter an­de­rem den FPÖ-Po­li­ti­ker Hans-Jörg Je­ne­wein mit In­for­ma­tio­nen ver­sorgt haben, der im BVT-Un­ter­su­chungs­aus­schuss Frak­ti­ons­füh­rer sei­ner Par­tei war.

Bei Jenewein gab es wegen des vermuteten Informationsflusses von Ott zu dem ehemaligen freiheitlichen Mandatar eine Hausdurchsuchung. Laut "Presse" vermutet die Staatsanwaltschaft, dass auch Geld für Informationen geflossen sein könnte. Etwa schrieb Jenewein im September 2019 in einem Chat an Ott: "Du, ich muss mir am Mo noch das ok für die 50 holen. Sobald ich es habe, bitte starten." Ott replizierte: "Endpreis bekommen wir aber erst" und Jenewein antwortet daraufhin: "Ich habe jetzt mal mit 50 kalkuliert." Otts Anwalt will zu der Causa prinzipiell nichts sagen, Jeneweins Anwalt hielt wiederum gegenüber der ZiB2 fest: "Mein Mandat bestimmte Herrn Ott in keinem Fall zu irgendwelchen Straftaten." Zudem hielt er fest, dass es "zu keinem Zeitpunkt zu Geldflüssen" zwischen Jenewein und Ott gekommen sei.

Auch Po­li­ti­ker an­de­rer Par­tei­en könn­ten be­lie­fert wor­den sein, was die Be­trof­fe­nen je­doch be­strei­ten.

Gezielte Falschinformation

Nicht immer waren die Informationen korrekt: Die Gruppe soll etwa hinter den Hauptzeugen des BVT-Skandals gestanden und selbst als Zeugen fungiert haben. Die großteils faktenwidrigen Aussagen hatten zu jener Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz geführt, die nicht zuletzt den Ruf der Behörde international ramponiert hatte. Was folgte, war die Neugründung als "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst" (DSN).

Aber auch nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos habe das Trio seine Finger im Spiel gehabt, etwa indem es mittels anonymer Anzeigen an die WKStA Stimmung gegen Mitarbeiter der SoKo Tape gemacht hätte. Als im Sommer 2020 Hausdurchsuchungen bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-Klubobmann Johann Gudenus stattfanden, soll Ott den beiden Tipps gegeben haben, wie "Die Presse" berichtet.

Und auch in der Causa Wirecard geriet einer der drei ehemaligen Beamten, der zuletzt auch für den damaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek gearbeitet hatte und in dessen Flucht involviert gewesen sein soll, ins Visier der Ermittler. Unter anderem besteht der Verdacht, dass ein geheimes Dokument mit der Formel des Nervengifts Nowitschok aus dem BVT zu Marsalek gelangt sein könnte.

Gestohlene Daten

Auch die jüngsten Enthüllungen rund um das Handy des ehemaligen Kabinettschefs im Innenministerium, Michael Kloibmüller, sollen mit dem Trio zusammenhängen. Nachdem 2017 das Handy des Kabinettschefs ins Wasser fiel, wurde es zu einem IT-Techniker des BVT gebracht. Auch er war Mitglied des verdächtigten Trios und soll die Daten abgesaugt haben.

Dass nun eine Ver­bin­dung zwi­schen dem Ver­däch­ti­gen und den Chats ge­zo­gen wird, be­strei­tet der frü­he­re Ab­ge­ord­ne­te Peter Pilz, des­sen Me­di­um "zackzack.​at" die Chats öf­fent­lich ge­macht hat. Er ver­mu­tet die ÖVP hin­ter den Ver­öf­fent­li­chun­gen, um im Vor­feld des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses von sich ab­zu­len­ken.