Die Impflotterie ist Geschichte. Was mit den rund 750 Millionen Euro, die dafür reserviert waren, passiert, ist noch offen. Kanzler Karl Nehammer sprach sich am Sonntag dafür aus, dass Polizisten und Pfleger, die während der Pandemie besonders beansprucht waren, in den Genuss der Mittel kommen. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein will den Fokus eher auf Gesundheitsberufe legen. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer meint gegenüber der Kleinen Zeitung, man sollte das Geld "dringend für die Kinderbetreuung und Bildung sowie für die Gesundheitsversorgung und die Pflege gebrauchen."
Indes gab Nehammer bekannt, dass die im Bundeskanzleramt angesiedelte Experten-Kommission, welche die Impfpflicht evaluieren soll, erst "in den kommenden Wochen tagen wird." Auf ein genaueres Datum wollte sich Nehammer nicht festlegen. Einmal mehr betonte er, dass die Impfpflicht ein großer Eingriff sei, der immer verhältnismäßig sein müsse. Dies werde die Experten-Kommission zu beurteilen haben, so der Bundeskanzler.
Kommission "in Vorbereitung"
Die Kommission, deren Bestellung sich nach Angaben des Gesundheitsministeriums gerade in Vorbereitung befindet, werde die Infektionsentwicklung beurteilen, so Nehammer und betonte dabei zugleich: "Die Kommission besteht nicht nur aus Ärztinnen und Ärzten, sondern auch aus Juristen aus den Fachbereichen Verwaltungsrecht und Verfassungsrecht. Warum ist das wichtig? Weil die Verhältnismäßigkeit immer wieder aufs Neue geprüft wird", so der Bundeskanzler.
Bei der Teststrategie zeichnen sich nun Änderungen ab. Bundeskanzler Nehammer sprach sich klar für ein Ende der Gratis-Coronatests aus. "Kostenpflichtige Tests ja", sagte Nehammer auf eine entsprechende Frage am Rande des Besuchs in der Schweiz. Laut Mückstein beschäftigt man sich derzeit ohnehin intensiv mit der Evaluierung und Überarbeitung der Teststrategie. Bis Ende März soll entschieden werden, wie es weitergeht, ob auch künftig flächendeckend getestet wird oder nicht eher zielgerichtet.
Bund-Länder-Gipfel am Mittwoch
Vor dem für Mittwoch angesetzten Corona-Gipfel bringen sich zudem Bund und Bundesländer in Stellung. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) will beim Gipfel die Lockerungen ab 19. Februar im Detail vorstellen. Es soll aber auch eine darüber hinausgehende Perspektive für den März geboten werden, wie es hieß: "Hier erscheinen aus aktueller Sicht bereits weitere Lockerungen der Maßnahmen möglich. Basis hierfür ist die weiterhin moderate Entwicklung der schweren Krankheitsverläufe aufgrund der hohen Booster-Quote im Land."
Impfpflicht "ohne Bestrafung"
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, hatte zuvor durchblicken lassen, dass er sich die Impfpflicht ohne Bestrafung vorstellen kann. Er glaube nicht, dass es zum jetzigen Stand der Dinge automatische Sanktionen brauche, sagte er gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" am Montag. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht vor dem Gipfel eine Reihe von offenen Fragen. Wie sein Sprecher Andreas Schäfermeier auf APA-Anfrage erklärte, sei etwa offen, wie die weitere Teststrategie aussehe, wie es um die Beschaffung von Corona-Medikamenten stehe und vieles mehr. Dazu kämen offene Fragen wie jene der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht durch eine noch gar nicht eingerichtete, aber gesetzlich vorgesehene Expertenkommission, bevor Strafen ausgesprochen würden.
Lockerungen in der Schweiz
Aus Schweizer Sicht ist eine Impfpflicht kein Thema. Die Frage einer Einführung sei Sache der Kantone, betonte Bundespräsident Ignazio Cassis bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Nehammer in Zofingen, "im Moment ist, aber keine Rede davon". Vielmehr sei die epidemiologische Lage so, dass man demnächst wahrscheinlich wichtige Lockerungen beschließen könne, so Cassis.
Ab diesem Donnerstag sind in der Schweiz weitgehende Lockerungen der Corona-Maßnahmen geplant. Am Mittwoch wird entschieden, ob überhaupt alle Beschränkungen aufgehoben werden oder noch einige Maßnahmen wie die Maskenpflicht beibehalten werden. Die derzeit bestehende 2G-Pflicht in Innenräumen im Kultur- und Freizeitbereich sowie in der Gastronomie soll auf jeden Fall fallen und der Zugang wieder ohne jede Nachweispflicht möglich werden. Debattiert wird derzeit, ob einige Maßnahmen wie die Maskenpflicht in Innenräumen und öffentlichen Verkehrsmitteln vorerst noch beibehalten werden sollen. Auch in der Nachtgastronomie, in Hallenbädern und bei intensiven körperlichen Aktivitäten könnte die 2G-Regel weiter gelten.
Weniger Covid-19-Tote als Österreich
Die Schweiz hat mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl weniger Corona-Tote zu beklagen als Österreich, und das, obwohl die Schweiz in der Pandemie mit Maßnahmen deutlich zurückhaltender war. Offiziell starben bisher knapp 13.000 Menschen in der Schweiz in Zusammenhang mit dem Coronavirus, in Österreich sind es mehr als 14.300.
Die Zahl der Neuinfektionen ist derzeit vergleichbar mit jener in Österreich, allerdings wird in der Schweiz deutlich weniger getestet als hierzulande. In der Schweiz sind Antigentests kostenlos, bei PCR-Tests übernimmt der Staat die Kosten nur bei Personen mit Symptomen oder bei Kontaktpersonen.