Bundeskanzler Karl Nehammer machte am Donnerstagabend auf Puls 4 einmal mehr deutlich, dass er keinen Grund sehe, den Lockdown für Ungeimpfte zu beenden. Selbst dann, wenn Anfang Februar die Impfpflicht das Licht der Welt erblickt und Ungeimpfte in Österreich – de jure – in der Illegalität leben. Ein solcher Lockdown sei zwar eine „sehr intensive Maßnahme“, so der Kanzler im großen Interview, aber immer noch sinnvoll. Einerseits werde die Polizei dadurch geübt, auch den Impfstatus zu kontrollieren. Andererseits würden die Zahlen weiterhin steigen.

Der Lockdown für Ungeimpfte ist Mitte November von der Regierung im Einvernehmen mit den Bundesländern eingeführt worden – damals unter Verweis auf die vollen Intensivstationen (über 600). Aktuell liegen nicht einmal 200 Coronakranke auf Intensivstationen.

Namhafte Experten, die auch der von der Regierung eingesetzten Gecko-Kommission angehören, stellen die Sinnhaftigkeit des Lockdowns für Ungeimpfte infrage. So meinte Epidemiologin Eva Schernhammer in der „Presse“: „Für die Beibehaltung des Lockdowns für Ungeimpfte spricht, dass eine Kursänderung das falsche Signal senden könnte, weil sie mitten in der Omikron-Welle suggerieren würde, dass es eh nichts mehr zu befürchten gibt.“ Die Idee sei allerdings gewesen, Ungeimpfte zu schützen. „Die Erfahrungen zeigen, dass sich viele nicht an die Vorgaben halten. Zudem sollte die Überlastung der Intensivstationen verhindert werden, weil Ungeimpfte ein viel höheres Risiko für schwere Verläufe haben. Auch davon sind wir derzeit weit entfernt. Daher gehört die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme hinterfragt.“

Komplexititätsforscher Peter Klimek will der Politik keine Empfehlungen ausrichten, deutet allerdings an, dass die Wirksamkeit des Lockdowns für Ungeimpfte nicht messbar sei. „Wir haben eine Mobilitätsanalyse durchgeführt, ob in Bezirken mit einer niedrigen Impfrate die Mobilität stärker zurückgegangen ist. Wir hatten erwartet, dass man große Unterschiede sieht. Wir haben es nicht in den Daten gefunden.“


Ob der Lockdown für Ungeimpfte beibehalten werden soll oder nicht, sei eine politische Entscheidung. Klimek merkt allerdings auch an, dass die bestehenden 2G-Regeln nahezu denselben Zweck erfüllen, also Ungeimpften ohnehin der Zutritt ins Gasthaus, ins Geschäft, ins Kino verwehrt sei. Einziger Unterschied seien die Regelungen für private Zusammenkünfte. „Da weiß ohnehin niemand, ob sich die Leute daran halten.“