Wenn die Impfpflicht Anfang Februar in Kraft treten wird, steht die Justiz wohl vor einem enormen Mehraufwand. Schon im Begutachtungsverfahren forderten Verfassungsrichter mehr Personal, um die Masse an möglichen Einsprüchen gegen verhängte Strafen abarbeiten zu können. Für Sigrid Maurer, Klubobfrau der Grünen im Parlament, ist das kein Grund zur Sorge, wie sie am Montagabend im Interview mit der Zeit im Bild 2 sagte: "Das Verfahren ist nicht wahnsinnig kompliziert" und werde zur Routine, wenn der erste Fall beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) lande: "Wir fahren auf Sicht."
Es gelte nämlich ein abgekürztes Verfahren. Dadurch liegt die erste Strafe bei 600 Euro, die sich aber erhöht, wenn jemand Einspruch dagegen einlegt. Unter Verfassungsjuristen ist diese Regelung umstritten, Maurer ist aber überzeugt von der rechtmäßigkeit dieses Verfahrens. Auch im Straßenverkehr gebe es ähnliche Verfahren, so die Klubobfrau.
Verhandlungen im Schnelldurchlauf
Dass das Gesetz nach dem Ende des Begutachtungsverfahrens vor einer Woche im Schnelldurchlauf verhandelt wurde, verteidigt Maurer ebenso: "Der Beschluss ist jetzt notwendig, weil die Vorbereitungshandlungen auch eine gewissen Zeit brauchen", sagt Maurer. Zudem sei die Regierung bei der Ankündigung der Impfpflicht kritisiert worden, dass sie zu spät komme.
Auch wenn die Pflicht für die aktuelle Welle wohl kaum hilft, sei sie gerade im Hinblick auf den kommenden Herbst wichtig, sagt Maurer: "Vor einem Jahr wussten wir noch nichts von Delta oder Omikron. Führende Virologen sagen, dass weitere Varianten kommen werden." Daher ist auch noch unklar, wie viele Impfungen die Impfpflicht umfassen werde. Man wisse noch nicht, wie künfitge Mutationen auf die Immunität gegen Omikron reagieren werden, sagt Maurer. Wenn es neue Erkenntnisse gebe, werde die Regelung adaptiert.
Ziemlich klar ist hingegen der weitere Fahrplan für die Impfpflicht. Am Montag bekam der Gesetzesentwurf zur Impfpflicht im Gesundheitsausschuss des Nationalrates eine breite Mehrheit, am Donnerstag wird das Gesetz im Plenum beschlossen. Anfang Februar, nach der Zustimmung durch den Bundesrat, soll es dann in Kraft treten.
Distanzierung von parteiinternen Kritikern
Die Grünen distanzieren sich unterdessen auch von Impfpflicht-Kritikern in den eigenen Reihen. Laut Klubchefin Sigrid Maurer muss der von ihnen nominierte Dornbirner Stadtrat Martin Hämmerle nach einem viel kritisierten "Faschismus"-Sager seine Funktion zurücklegen. Parteimitglied sei er keines. Und die Mitgliedschaft von Ex-Parteichefin Madeleine Petrovic, die sich wiederholt höchst impfskeptisch geäußert hat, sei ruhend gestellt.
Maurer stellte in der ZiB2 klar, dass die Grüne Partei in Bund, Ländern und im Klub "zu 100 Prozent hinter der Impfpflicht steht". Petrovics Äußerungen seien "keine Position der Grünen Partei und zu 100 Prozent abzulehnen". Die frühere Bundessprecherin (1994 bis 1996) und niederösterreichische Landessprecherin (2002 bis 2015) habe keine Funktion bei den Grünen mehr.
Peter Schöggl