Der Wiener Landtagsabgeordnete Wolfgang Kieslich wechselt von der ÖVP zur FPÖ. Das gab Kieslich am Mittwoch in einer Pressekonferenz der FPÖ Wien bekannt. Als Grund nannte der frühere schwarze Bezirksparteiobmann von Simmering den "Impfzwang" - also die von der Regierung angekündigte Impfpflicht.
Bis zuletzt war Kieslich Verkehrssprecher der Wiener ÖVP und hatte sich etwa lautstark für den Bau des Lobautunnels eingesetzt. Laut geltender Geschäftsordnung wird er formal nicht im FPÖ-Klub aufgenommen, sondern diesem als "wilder" Abgeordneter angehören. Teil der Fraktion könnte er nur werden, wenn er auch für die FPÖ kandidiert hätte.
"Bevormundung" und "Denunzierung" durch ÖVP
Kieslich sprach bei der Pressekonferenz von einem der "einschneidendsten Tage" seines Lebens. Der Schritt, nach "über einem Vierteljahrhundert die österreichische Volkspartei zu verlassen", sei ihm nicht leicht gefallen. Die ÖVP habe sich habe sich aber von ihrer Position als Mitte-Rechts-Partei verabschiedet und sich zu einer "reinen Mitte-Partei" ohne Kanten und ohne Profil gewandelt.
Ausschlaggebend für den Wechsel waren dann die Verbote rund um die Coronapandemie - mit dem Impfzwang als Höhepunkt. Diese "Bevormundung" verortete der Abgeordnete "bei Linksparteien und nicht bei der ÖVP". "Hier wurde eine rote Linie überschritten", sagte Kieslich. Zudem kritisierte er die "Denunzierung von friedlichen Demonstranten" als "Rechtsradikale und Staatsverweigerer" als "einfach letztklassig".
"Flüchtlingsrouten sind nicht geschlossen"
Außerdem kritisierte der ehemalige Verkehrssprecher, dass die ÖVP bei Straßenprojekten wie dem Lobautunnel und der Stadtstraße "vor den Grünen in die Knie gegangen ist". Auch mit der Flüchtlingspolitik ist Kieslich nicht einverstanden. "Die Flüchtlingsrouten sind nicht geschlossen", meinte der Abgeordnete. Insgesamt befand Kiesling - in der Sprache des Straßenverkehrs gesprochen -, dass die Regierung "mit 200 ungebremst gegen die Wand fährt".
Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete eine generelles Rumoren innerhalb Wiener ÖVP. Bei dem Antrag der Freiheitlichen gegen die Impfpflicht hätten etwa gleich acht ÖVP-Abgeordnete den Saal verlassen. Die ÖVP würde aber auch unter ihrem neuen Obmann Karl Mahrer weiterhin für Lockdowns für Ungeimpfte und eine generelle Impfpflicht stehen. "Die FPÖ ist die einzige verlässliche Oppositionspartei. Wir fordern weiter einen sofortigen Kurswechsel, weg mit dem Impfzwang, weg mit dem Lockdown für Ungeimpfte, weg mit 2G-Kontrollen im Handel und weg mit der Maskenschikane für Schüler", so Nepp.
ÖVP unbeeindruckt
Kieslichs frühere Partei zeigt sich vom Wechsel unbeeindruckt. "Reisende soll man nicht aufhalten", heißt es in einer ersten Stellungnahme des türkisen Rathausklubs, und: "Die Volkspartei hat klare Werte. Wenn sich jemand offenbar mit diesen Werten nicht mehr identifizieren kann, ist der Schritt, die Partei zu verlassen, sicher die beste Lösung. Politische Arbeit ist nur erfolgreich, wenn man mit voller Überzeugung hinter den Werten einer Gesinnungsgemeinschaft steht." Auf der Website des türkisen Rathausklubs wurde Kieslich bereits entfernt.
Max Miller