Die jüdische Hochschülerschaft hat FPÖ-Chef Herbert Kickl wegen Verharmlosung des Nationalsozialismus angezeigt. Grund ist eine Aussage Kickls, die während eines ZIB2-Interviews Ende Dezember fiel. Dabei habe er die Testpflicht an Schulen mit der systematischen Diskriminierung, Verfolgung, Vertreibung und späteren Ermordung jüdischer Kinder durch die Nazis verglichen und die NS-Verbrechen damit relativiert. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz wies den Vorwurf scharf zurück.
Laut der jüdischen Hochschülerschaft habe Kickl im Rahmen des Interviews am 28. Dezember die Shoah verharmlost, indem er, konfrontiert damit, dass sich bei Demos gegen die Corona-Maßnahmen Menschen mit Juden und Jüdinnen verglichen, gesagt: "[...] dass der Nationalsozialismus ja nicht mit einem Weltkrieg begonnen hat und nicht mit irgendwelchen Vernichtungslagern, sondern er hat damit begonnen, dass man Menschen systematisch ausgegrenzt hat. Er hat damit begonnen, dass man zum Beispiel Kinder, weil sie jüdischer Abstammung gewesen sind, nicht in die Schule gelassen hat."
"Moralisch verwerflich und strafrechtlich relevant"
Diese Aussage sei nicht nur "moralisch verwerflich, sondern auch strafrechtlich relevant", argumentierte die Jüdische Hochschülerschaft in einer Aussendung am Montag. Nach ihrem Dafürhalten erfüllt sie den Straftatbestand des Verbotsgesetz, der die gröbliche Verharmlosung des nationalsozialistischen Völkermordes und anderer nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe stellt.
"Der Vergleich mit dem NS-Regime und die ständige und offene Verharmlosung der Shoah sind eine bewusste Taktik und ebnen den Weg zur Normalisierung von Antisemitismus und Geschichtsrelativierung", kritisierte Sashi Turkof, Präsidentin der Jüdischen Hochschülerschaft. Bini Guttmann, Mitinitiator der Sachverhaltsdarstellung und Exekutivrat im Jüdischen Weltkongress bezeichnete Kickl und die FPÖ als "geistigen Brandstifter dieser Demonstrationen und der antisemitischen Shoa-Relativierung".
Eine "abenteuerliche Verdrehung der Tatsachen" sieht hingegen Schnedlitz in der Sachverhaltsdarstellung. "Wer auf totalitäre Entwicklungen hinweist, der verharmlost nicht eine Diktatur, sondern warnt davor", findet der freiheitliche Generalsekretär. Dass sich diese Organisation hier vor den Karren einer zunehmend totalitären Regierung spannen lässt, sei "bedauerlich".