"So ein Baby kann man stundenlang anschauen", erklärte der frische Vater Sebastian Kurz (ÖVP) Anfang Dezember seinen vollständigen Rückzug aus der Politik. Es sei ihm bewusst geworden "wie viel Schönes es auch außerhalb der Politik gibt."
Vier Wochen später hat der Ex-Kanzler einen neuen Job. Kurz wird im 1. Quartal 2022 bei der US-Investmentfirma Thiel Capital als "Global Strategist" zu arbeiten beginnen. Laut "Heute" soll der Lebensmittelpunkt des Ex-Kanzlers aber in Wien bleiben. Kurz wird demnach zwischen den USA und Europa pendeln.
Paypal-Gründer und Facebook-Investor
Hinter Thiel Capital steht der amerikanische Investor Peter Thiel. Thiel war Mitgründer des Online-Zahlungsdienstes Paypal und der Datenanalysefirma Palantir - und der erste externe Investor in den Social-Media-Riesen Facebook.
Kurz kennt Thiel bereits länger. So gut, dass sich der Investor für die Preisverleihung des Frank-Schirrmacher-Preis den damaligen Kanzler als Lobredner wünschte, wie "der Standard" berichtete. Der Paypal-Mitgründer sei mit dem Kanzler gut bekannt, hieß es im August.
Im Jahr 2017 trafen sich die beiden auf der Münchner Sicherheitskonferenz, wie ein Bild auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zeigt:
Trump-Spender und Monopol-Fan
Thiel ist in Deutschland geboren, seine Eltern wanderten mit ihm aber bereits in seinem ersten Lebensjahr in die USA aus. Thiel unterstützt die konservativen Republikaner, auch finanziell. So soll er etwa 2016 1,25 Millionen Dollar für den Wahlkampf von Donald Trump gespendet haben - obwohl ihm der spätere US-Präsident "viel zu wenig disruptiv" war. Dennoch wurde er einer der Berater Trumps, im Wahlkampf 2020 gab es aber keine öffentliche Unterstützung Thiels für den Ex-Präsidenten.
Der Investor stellt persönliche Freiheit über staatlichen Einfluss, ist aber ein Gegner des freien Wettbewerbs, der Profite senke. "Wettbewerb ist etwas für Verlierer", schrieb der Verfechter von Monopolen daher im Wall Street Journal. Der US-Journalist und Thiel-Biograph Max Chafkin bezeichnete die Ideologie des Investors in einem Interview als "an der Grenze zum Faschismus". Thiel sei der Idee der Demokratie gegenüber feindlich eingestellt, so Chafkin im Gespräch mit "Time".
FPÖ vermutet "Absetzbewegung"
Beim Fraktionsvorsitzenden der FPÖ im neuen ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss, Christian Hafenecker, haben "die Alarmglocken geläutet", als er von Kurz' neuem Job hörte. Immerhin hätten schon beim letzten Untersuchungsausschuss Manager ihren Hauptwohnsitz ins Ausland verlegt und waren so für das parlamentarische Kontrollorgan nicht mehr greifbar, sagte der Abgeordnete bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Kurz begehe einen "Houdini-Trick" und "zaubert sich vor aller Augen weg", so Hafenecker.
Max Miller