Die nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen die ÖVP im Finanzministerium gestarteten internen Untersuchungen haben Unregelmäßigkeiten bestätigt. Kritik üben die Prüfer insbesondere an der Vergabe von Studien an die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, aber auch an der Vergabe von Inseraten. Der neue Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sieht ein „Strukturversagen“, wie er Donnerstag vor Journalisten sagte. Das Ministerium prüft Schadenersatzforderungen.
Hohes Maß an Unregelmäßigkeiten
„Das Bild ist nicht wirklich ein besonders rosiges“, sagte der Leiter der Revision, Hannes Schuh, vor Journalisten. Negativ aufgefallen ist der internen Revision vor allem eine Studie der Meinungsforscherin Sabine Beinschab zur „Wirtschafts- und Budgetpolitik“. Im September 2016 gestartet, hätte sie nur 34.680 Euro kosten sollen. Bezahlt wurden aber 155.940 Euro, weil bis Jänner 2018 neun zusätzliche Rechnungen gelegt wurden. Welchen Sinn die „Ergänzungsarbeiten“ hatten, konnte die Revision nicht nachvollziehen. Der Auftrag weise ein „hohes Maß an Unregelmäßigkeit“ auf, hieß es dazu im Bericht.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts, dass Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dessen politischen Aufstieg durch manipulierte Umfragen unterstützt und dafür aus Mitteln des Finanzministeriums bezahlt haben könnten. Hinweise darauf entnehmen die Ermittler sichergestellten Chats zwischen dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, und der lange für die Tageszeitung „Österreich“ tätigen Meinungsforscherin Sabine Beinschab.
Kommentar
Keine Ausschreibungen, keine Studienergebnisse
Die Ermittler glauben, dass Beinschab später in „Österreich“ veröffentlichte Umfragen über Scheinaufträge an das Finanzministerium verrechnet haben könnte. Einen dieser Scheinaufträge vermutet die WKStA in der erwähnten Studie zur Budgetpolitik. Von der Revision überprüft wurden insgesamt aber 28 Studien, die von der Kommunikationsabteilung des Ministeriums in Auftrag gegeben wurden, davon 13 bei Beinschab. Ergebnis: In keinem einzigen Fall gab es eine Ausschreibung, in 26 Fällen fehlten die Studienergebnisse im Akt und in zwei Fällen waren die Studien auch auf Nachfrage nicht mehr aufzufinden. Dabei handelt es sich um zwei von Beinschab abgerechnete Studien zu den Themen „Nulldefizit“ und „Steuerentlastung“.
Unregelmäßigkeiten fanden seine Prüfer auch bei den Inseraten der Kommunikationsabteilung in der Tageszeitung „Österreich“. Auch hier gab es Direktvergaben ohne Ausschreibung, obwohl Inseratenschaltungen eigentlich über die Bundesbeschaffung hätten erfolgen sollen. Außerdem ging die Initiative für die Schaltung von Inseraten laut Schuh stets von der Zeitung aus. Auch hier waren die Akten unvollständig. Brunner kündigte an, die Inserate des Ministeriums künftig reduzieren zu wollen. Die Untersuchungsergebnisse hätten „Defizite aufgezeigt, die dem Selbstbild einer modernen und effektiven Verwaltung entgegenstehen“.
Ausgespart bleibt im Bericht aber die Frage, ob die Kommunikationsabteilung ihr Vorgehen mit Schmid oder dem Ministerbüro abgesprochen hat. Die Revision hat sich nämlich ausschließlich auf die vorliegenden Akten konzentriert und keine Befragungen durchgeführt. „Dass es vorher vermutlich in manchen Fällen Besprechungen mit jemand anderen gibt, das ist nicht aktenkundig dargestellt“, sagte Schuh dazu. Auch „externe Korrespondenz“ (etwa mit ÖVP oder Kanzleramt, Anm.) finde sich in den Akten nicht.
Scharfe Kritik am Vorgehen der Revision kommt daher von Johannes Pasquali, dem derzeit dienstfrei gestellten Leiter der Kommunikationsabteilung. Von allfälligen Vereinbarungen zwischen Schmid und Beinschab habe er keine Kenntnis gehabt, betonte er in einer schriftlichen Stellungnahme. Außerdem sei er stets von der „rechtmäßigen Verwendung“ der Studien ausgegangen. Trotzdem sei er entgegen der Revisionsordnung des Ministeriums nicht zu den Vorwürfen befragt worden. „Zur Aufklärung und zum Verständnis hätte ich gerne beigetragen, doch war dies offensichtlich nicht erwünscht und wurde sogar schriftlich verweigert“, so Pasquali.
Keine Vorwürfe gegen Susanne Thier
Das Finanzministerium überlegt nun jedenfalls, sich für die entstandenen Kosten schadlos zu halten, wie der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, sagte. Den Revisionsbericht hat er wie auch die Studien an die WKStA weitergeleitet. Keine Vorwürfe erhebt das Ministerium übrigens gegen Susanne Thier, die Freundin von Ex-Kanzler Kurz, die vor ihrer Karenz ebenfalls in der Kommunikationsabteilung arbeitete, wie Peschorn sagte.