Sie sei zwar gegen Zwang, betonte AK-Präsidentin Renate Anderl und plädierte für mehr Anreize für jene, die aus Angst oder Unschlüssigkeit noch nicht geimpft sind. Wegen der Lage in den Spitälern ist sie trotzdem für eine Impfpflicht. "Ich wüsste die Alternative nicht."
Beim Gesetz für die geplante allgemeine Impfpflicht sei allerdings wichtig, dass dieses auf eine breite Basis gestellt werde, so Anderl. Die Arbeiterkammer werde sich auch genau die Konsequenzen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anschauen.
Ungeachtet dessen müsse weiter darauf gesetzt werden, Ungeimpfte zu überzeugen statt zu strafen oder über das Ende von Gratis-Tests zu diskutieren. "Hören wir auf mit der Spaltung in der Gesellschaft", so ihr Appell. Als Beispiel, um Unschlüssige noch zur Impfung zu bringen, nannte Anderl eine Impfprämie. Diese wäre im Vergleich zu den Kosten von Lockdowns immer noch günstig.
Außerdem sei es wichtig, die Vorteile der Impfung noch stärker hervorzuheben, etwa dass bei einer Infektion trotz Impfung nur ein leichter Verlauf zu erwarten sei. Die Arbeiterkammer Wien wird jedenfalls am Montag unter dem "wienerischen" Motto #Gehbitte eine Impfkampagne starten, die vor allem online laufen soll.
Eine Öffnung des Handels am Adventsonntag, wie sie angesichts des aktuellen Lockdowns diskutiert wird, ist für Anderl nur dann vorstellbar, wenn das Arbeiten an diesem Tag für die Angestellten freiwillig erfolgt und diesen dafür Anreize geboten werden. Eine generelle Sonntagsöffnung im Handel lehnt sie ab. "Es kann nur diesen einen Sonntag geben", sie sehe darüber hinaus auch gar keinen Bedarf. "Da haben wir ein klares Nein."
Beim Arbeitslosengeld pochte sie auf eine Erhöhung auf 70 Prozent des letzten Einkommens, außerdem brauche es mehr Alternativen, um mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. An Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) appellierte sie, den beim Arbeitsmarktservice (AMS) ab 2023 geplanten Personalabbau zu stoppen, immerhin komme schon derzeit nur ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin auf 250 Arbeitssuchende.
Zum Homeoffice, das im Lockdown wieder besonders stark angewendet wird, sagte Anderl, dass zu Hause selten Pause gemacht würde. Sie sei "überzeugt", dass die Menschen im Homeoffice "mehr arbeiten". Die AK ist gegen ein reines oder überwiegendes Homeoffice, der Kontakt zu Betrieb und Kollegen dürfe nicht verloren gehen. Es stelle sich bei viel Homeoffice auch die Frage, ob die Mitarbeiter dann überhaupt noch in Österreich säßen. "Das muss man kritisch betrachten", sagte Anderl.
Wenn in Partnerschaften Frau und Mann zu Hause arbeiteten, würde der Mann, so vorhanden, das Büro nutzen und die Frau oft am Küchentisch arbeiten. "Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern werden durch die Pandemie nochmals mit einem Brennglas vor Augen geführt", so die AK-Chefin.