Der Wiener Stadtrechnungshof hat die Pläne des Ausbaus der Wiener U-Bahn geprüft. Das Projekt dürfte deutlich teurer werden als erwartet. Die vierte Ausbaustufe des "Linienkreuzes U2/U5" kostet demnach fast doppelt so viel wie geplant: Statt 950 Millionen mindestens rund 1,7 Milliarden Euro. Zudem verzögerte sich durch das Verfahren der Baubeginn, bis zur Eröffnung könnten die Kosten auf über 2 Milliarden steigen. Auch die fünfte Stufe dürfte teurer werden. Insgesamt steigen die Kosten des U-Bahn-Ausbaus auf rund 6,5 Milliarden Euro.
In der vierten Ausbauphase ist der Bau der U2 von der Station "Rathaus" bis zur Station "Matzleinsdorfer Platz" und der U5 von der Station "Rathaus" bis zum "Frankhplatz" vorgesehen. Im Mai 2015 dafür wurde laut dem Rechnungshofbericht ein Finanzierungsübereinkommen zwischen dem Bund und dem Land Wien abgeschlossen. Hier wurde ursprünglich von Gesamtkosten in der Höhe von rund 950 Millionen Euro (Preisbasis 2013) und einer Eröffnung im Jahr 2023 ausgegangen.
Preise aus 2011
Bei den Ausschreibungen der wesentlichen Bauleistungen für die Stationen "Frankhplatz" und "Rathaus" fiel dem Bericht zufolge aber auf, dass die Kostenschätzungen der Wiener Linien zu niedrig angesetzt waren. Sie "basierten nämlich auf nicht valorisierten Preisen aus dem Jahr 2011 und enthielten auch keine Zuschläge für die komplexe Leistungserbringung im innerstädtischen Bereich", heißt es in dem Bericht.
Die Wiener Linien widerriefen in der Folge die Ausschreibungen - obwohl ein beauftragter Sachverständiger marktkonforme Preise attestiert hatte. Die neuerliche Ausschreibung ergab letztlich höhere Angebotssummen, zudem kam es zu Verzögerungen im Projektablauf.
Die abgeschätzten Gesamtkosten für die vierte U-Bahn-Ausbauphase wurden dann auf rund 1,702 Milliarden Euro (Preisbasis 2020) erhöht. Unter Berücksichtigung der Vorausvalorisierung bis zur geplanten Eröffnung der vierten U-Bahn-Ausbauphase Ende 2028 bzw. Jänner 2029 wurden geschätzte Gesamtkosten von rund 2,092 Milliarden Euro prognostiziert.
Gesamtkosten von fast 6,5 Milliarden Euro
Erst im September hatten sich Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und der Wiener Finanzstadtrat Peter Hacker (SPÖ) darauf geeinigt, die Gesamtkosten von rund 6 Milliarden Euro zwischen Bund und Land zu teilen. Doch auch bei der fünften Aufphase dürfte es dem Bericht zufolge zu höheren Kosten kommen. Eine interne Kostenabschätzung der Wiener Linien ging hier von rund 2,696 Milliarden Euro (Preisbasis 2020) aus.
Unter Berücksichtigung der geplanten Betriebsaufnahme im Jahr 2032 wurde in dem Bericht nun ein vorausvalorisierter Betrag von rund 4,357 Milliarden Euro genannt. "Für das 'Linienkreuz U2/U5' ergäben sich somit insgesamt abgeschätzte vorausvalorisierte Gesamtkosten in der Höhe von rund 6,449 Milliarden Euro", so der Stadtrechnungshof.
Die Wiener Linien betonten in einem Statement gegenüber der APA, dass die Ausführungen des Stadtrechnungshofes die Vorgehensweise der Wiener Linien bestätigen, "bei derartig komplexen Projekten Kostenschätzungen, die wirklich halten, erst nach erfolgter Detailplanung und den Rohbau-Ausschreibungen zu nennen" - diese Investitionskosten hätten die Wiener Linien demnach vergangenes Jahr im Dezember bekanntgegeben. "Sie betragen in Summe für die erste Baustufe U2xU5 2,1 Mrd. Euro. Die Entscheidung für Neuausschreibungen hat sich in einer Gesamtbetrachtung ausgezahlt und hat rund 200 Mio. an Ersparnis gebracht", hieß es.
ÖVP und FPÖ kritisieren
Kritik kam von der Opposition: "Leider sind die schlimmsten Befürchtungen hinsichtlich möglicher Kostenexplosionen beim U-Bahn-Ausbau vom Stadtrechnungshof nicht nur bestätigt, sondern sogar übertroffen worden. Mit rund 6,5 Milliarden Euro werden sich die Gesamtkosten gegenüber den ursprünglichen Schätzungen verdoppeln, ein Fiasko für die Wiener Linien, aber vor allem für die Wiener Steuerzahlerinnen und Steuerzahler", so ÖVP-Finanzsprecher Manfred Juraczka.
Die Wiener FPÖ sah ebenfalls eine "massive Kostenexplosion". "Wie schon beim KH Nord wird auch beim U2/U5-Bau Geld verschleudert, als hätte man im Keller des Rathauses den Goldesel stehen. Offenbar ist man bei der Stadt Wien nicht in der Lage, nach Kostenwahrheit zu bauen, der Dilettantismus scheint Programm zu sein", so der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp in einer Aussendung.