Der nachlassende Schutz bei doppelt Geimpften in Kombination mit der aggressiven Delta-Variante sowie der Einkehr des Winters treibt die Infektionszahlen in lichte Höhen. Heute wurden in Österreich nach einer Datenkorrektur 8.594 Neuinfektionen gemeldet. Österreichs Sorgenkind Nummer eins, Oberösterreich, meldete 2.317 neue Fälle und steuert auf eine Inzidenz von mehr als 1000 zu. Das geht aus der wöchentlichen Prognose des von der Regierung eingesetzten Corona-Konsortiums hervor.
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Gesundheitslandesrätin Christina Haberlander (ÖVP) haben daher in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz - ohne Beisein eines Vertreters des blauen Koalitionspartners - Verschärfungen angekündigt: In vielen Bereichen kommt 2,5-G, das PCR-Testangebot wird ausgebaut, auch ein eigenes Gurgel-Angebot soll eingeführt werden. Mit einer Impflotterie soll die Impfbereitschaft gesteigert werden.
2,5-G und eigenes Gurgelangebot
Ab Montag gilt in Oberösterreich in Gastronomie, Hotellerie, bei körpernahen Dienstleistern, in Kultureinrichtungen, Theatern, Kinos und Pflegeeinrichtungen 2,5G. Man muss folglich nachweisen, dass man geimpft, genesen oder PCR-getestet ist. Bei Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern soll 2-G gelten.
Dafür will man das PCR-Testangebot ausbauen. Beginnen will man damit im besonders stark betroffenen Innviertel. Mit Mittwoch kommender Woche wird ein eigenes Gurgeltest-Angebot ausgebreitet werden. Man habe dafür per Ausschreibung eine geeignete Firma gefunden, erklärte Stelzer. Bislang gehört Oberösterreich zu den Schlusslichtern bei der Zahl der PCR-Tests.
Sollte der Bund Oberösterreich zuvorkommen, gelten natürlich die bundesweiten Regeln. "Bei der Lage, die wir haben, verlasse ich mich aber lieber auf mich selber", sagt der Landeshauptmann. Man werde daher bereits am morgigen Freitag die entsprechende Verordnung beschließen.
Erhöhte Impfbereitschaft durch Impflotterie
Oberösterreich will vor allem auch die Impfquote steigern. "Das wichtigste G ist geimpft", sagt Haberlander und ruft erneut zur Impfung auf. Es seien noch viele Impftermine frei, auch der dritte Stich sei wichtig, um die Schutzwirkung zu gewährleisten.
"Man kann sagen, die Impfung liegt wie ein Geschenk auf dem Silbertablett, aber es wird nicht zugegriffen", sagt Stelzer. Um die Impfung noch attraktiver zu machen, soll für alle geimpften Personen eine Impflotterie Mitte des Monats starten. Details dazu sollen in den kommenden Tagen präsentiert werden. Die Impflotterie im Burgenland hatte erst am Mittwoch ihr Ziel von 10.000 zusätzlichen Impfungen erreicht.
Allen, die jetzt "eine Hintertüre suchen", um die neuen Maßnahmen zu umgehen, bittet der Landeshauptmann, daran zu denken "wie denn ihr Beitrag dazu aussieht, Gesundheit und Leben in unserem Land zu schützen." Stelzer fordert einen Schulterschluss gegen das Virus.
2,5-G für FPÖ "äußerst kritisch"
Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) sieht die Einführung der 2,5 G- Regel in der Gastronomie und anderen Bereichen "äußerst kritisch", bemühte sich aber, eher den Bund im Fokus zu behalten: Er habe Verständnis, dass bei der derzeitigen Entwicklung in den Spitälern "die Verantwortlichen im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung etwas unternehmen müssen, um einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken", schrieb er in einer Stellungnahme zu der von Stelzer angekündigten Landesverordnung.
2,5G in vielen Lebensbereichen sieht er aber sehr kritisch und will sich die Sache auch rechtlich noch ansehen. Haimbuchner moniert vor allem, dass sich Genesene nach 180 Tagen mit einem entsprechenden Antikörpertest nicht mehr freitesten können. "Das ist eine völlig unsachliche Behandlung der Genesenen und eine gesundheitspolitische Fehlentscheidung der Bundesregierung."
Aktuelle Entwicklung dramatisch
Das Dashboard des Landes wies am Donnerstag 164.362 Infizierte - davon 2.317 Neuinfektionen - sowie 364 (plus 16) Patienten auf Normal- und 62 (plus vier) auf Intensivstationen sowie drei Todesfälle aus. Das Bundesland ist regelmäßig Spitzenreiter bei der Zahl der Neuinfektionen, hinzu kommt die bundesweit niedrigste Durchimpfungsrate von 57,7 Prozent. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag (Stand Mittwoch) bei 660,5, im Bezirk Braunau überschritt sie sogar die 1.000er-Marke. Seit Donnerstag sind in elf der 18 Bezirke Ausreisekontrollen nötig.
Mitte nächster Woche dürfte die Inzidenz in Oberösterreich zwischen 820 und 1300 liegen. Aktuell liegt sie bei 660. Nur die baltischen Länder sowie Slowenien wiesen dann höhere Inzidenzen auf als Oberösterreich, in dem in elf von 18 Bezirken bereits Ausreisekontrollen existieren. Oberösterreich muss damit rechnen, vom deutschen Robert-Koch-Institut wie auch von anderen Ländern wieder auf die rote Liste gesetzt werden.
Wien, Vorarlberg, Kärnten als Sorgenkinder
In Österreich dürfte in den kommenden sieben Tagen die Inzidenz auf 620 anstiegen, am geringsten fällt sie in Wien (zwischen 250 und 450) aus. Nicht synchron verläuft die Auslastung der Intensivstationen. Mitte November wird, so das Prognose-Konsortium, Wien mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent, Vorarlberg mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent, sowie Kärnten und Oberösterreich mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent die Auslastungsgrenze von 33 Prozent überschreiten.