Freispruch für Christian Pilnacek: Der einst höchste Beamte im Justizministerium hat im Dezember 2020 eine Anzeige der WKStA gegen "Die Presse"-Journalistin Anna Thalhammer an eine Redakteurin des "Kurier" weitergegeben. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sah darin eine Verletzung des Amtsgeheimnisses und klagte Pilnacek an.
Er habe zwar ein Geheimnis verraten, es habe aber gar kein öffentliches Interesse an der Geheimhaltung der Information gegeben, begründete Richterin Julia Matiasch den Freispruch. Die Staatsanwaltschaft könnte noch Rechtsmittel einbringen, das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.
Meinung
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte im Anschluss den "hohen Stellenwert der Unschuldsvermutung". Die Vorwürfe gegen Pilnacek hätten sich vor Gericht in Luft aufgelöst. "Der Imageschaden hingegen ist nicht wieder gutzumachen."
Etappensieg
Doch der Freispruch ist nur ein Etappensieg für Pilnacek, der zweite in zwei Monaten - in der Causa Stadterweiterungfonds wurde keine Anklage erhoben. Bis zu seiner Rehabilitation hat der hohe Beamte dennoch einen weiten Weg, denn der vermutete Geheimnisverrat war nur ein Nebenstrang einer größeren Causa.
Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Christian Pilnacek eine Hausdurchsuchung bei dem Investor Michael Tojner verraten hat. Am 25. Februar 2021 beschlagnahmten die Ermittler daher das Handy des Leiters der Sektion IV im Justizministerium. Noch am selben Tag wird Pilnacek suspendiert.
Das Handy als "smoking Gun"
Während der hohe Beamte erfolglos gegen seine Suspendierung ankämpfte, durchsuchten die Ermittler sein Smartphone. Mit dem Schlagwort Thalhammer - der ersten Journalistin, die wegen der Causa Tojner angefragt hatte - fanden sie einen Chatverlauf mit der Kurier-Journalistin - ein "Zufallsfund".
Nach Prozessende bleiben weitere Fragen offen. So ist etwa nicht geklärt, woher Pilnacek von der Anzeige der WKStA gegen Thalhammer wusste. Zwei abfotografierte Seiten des Vorhabensberichts der Staatsanwaltschaft Wien fanden am 11. Dezember den Weg auf Pilnaceks Mobiltelefon - just als der Akt bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien lag. Wer die Bilder gesendet hat, verriet Pilnacek nicht. Er wolle nicht, dass sich auch andere Personen mit dem Vorwurf der Korruption auseinandersetzen müssten. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt weiter.
Gut informiert
Weitere Bilder auf dem sichergestellten Handy sollen einen WKStA-Informationsbericht an die Oberstaatsanwaltschaft über eine bevorstehende Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zeigen.
Laut WKStA sei diese Information aber unter Verschluss gewesen und hätte nicht an Pilnacek weitergegeben werden dürfen. Immerhin war Pilnacek zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Fachaufsicht der Staatsanwaltschaften zuständig. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.
Politische Konsequenzen
Strafrechtlich weniger relevant dürfte der Ton sein, den Pilnacek in manchen Nachrichten zeigte. So schlug er gegenüber dem ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstätter (ÖVP) vor, man könne den VfGH "nach Kuba exportieren". Einem Anwalt gegenüber nannte er laut "Standard" die Staatsanwaltschaft "missraten".
Und im Jänner dieses Jahres versuchte der hohe Beamte, seine eigene Frau als Präsidentin des Oberlandesgerichts Graz zu installieren. Das wäre eine „Gelegenheit, das an unserer Familie begangene Foul auszugleichen", schrieb Pilnacek laut Falter und Profil an den steirischen Landeshauptmann Schützenhöfer.
Auch wenn diese Nachrichten keine Gerichtsverfahren nach sich ziehen: Im zusätzlich anstehenden Disziplinarverfahren gegen Pilnacek dürften sie dem Beamten nicht helfen. Das könnte besonders lange dauern, hängt es doch an den strafrechtlichen Ermittlungen. Solange es nicht abgeschlossen ist, wird der Sektionschef jedenfalls suspendiert bleiben, blitzte er doch mit seinen Beschwerden bislang ab.
Max Miller