Der Rechnungshof hat einen eigenen Entwurf für ein Parteiengesetzveröffentlicht. Der ungewöhnliche Schritt solle "eine fundierte Diskussion ermöglichen" und "einen Beitrag zu mehr Transparenz und Kontrolle leisten", so Rechungshof-Präsidentin Margit Kraker in einer Aussendung. Es möge auch bessere Vorschläge geben, der Rechnungshof hält seinen 50-seitigen Gesetzesvorschlag aber "für den richtigen Impuls zur Stärkung der Demokratie", so Kraker.
Konkret sollen das Parteiengesetz sowie das Parteienförderungsgesetz angepasst werden. In den Kernpunkten geht es um verstärkte Prüfrechte des Rechnungshofs, mehr Pflichten zur Offenlegung für Parteien sowie schmerzhaftere Maßnahmen bei Nichteinhaltung der Regeln. "Politische Fragestellungen" wie Spendenobergrenzen oder die Höhe der Parteienförderung lässt der Rechnungshof bei seinen Vorschlägen bewusst außen vor.
Mehr Kontrolle, weniger Spielraum
Bei der Kontrolle der Rechenschaftsberichte der Parteien will der Rechnungshof alleine über Überprüfungen der Parteienfinanzen entscheiden können, der Rechnungshof spricht von "echten Prüfungsrechten". Parteien sollen künftig den Bericht über ihre Ausgaben bereits sechs Monate nach der Wahl vorlegen müssen - diese Forderung findet sich auch im Regierungsprogramm. Außerdem soll eine genaue Darstellung der Vermögenswerte und Schulden der Partei beigelegt werden. Bei Lücken, Verspätungen oder gar Nichterbringung sollen Sanktionen bis zu 100.000 Euro drohen.
Auch den Parteien nahestehende Organisationen sind dem Rechungshof ein Dorn im Auge. Künftig sollen auch Spenden an solche in den Rechenschaftsberichten ausgewiesen werden - und Teil des Spendenlimits von 772.000 Euro pro Jahr werden. Der Begriff der nahestehenden Organisation soll gleichzeitig erweitert werden. Einnahmen aus Inseraten in Medien solcher Organisationen sollen dann ebenso in den Rechenschaftsberichten offengelegt werden müssen wie jene in Medien von Beteilungsunternehmen oder von Personenkomitees. So sollen Umgehungsmöglichkeiten unterbunden werden.
Außerdem will der Rechnungshof klar regeln, wofür die Parteien die staatliche Förderung verwenden dürfen (neben dem laufenden Betrieb nur für politische Arbeit und Wahlen) und die widmungsgemäße Verwendung prüfen. Und Geldbußen, die der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat verhängt, sollen künftig nicht mehr aus Mitteln der Parteienförderung bezahlt werden.
Regierung säumig
Für den Beschluss des Entwurfs wäre im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Der Vorschlag des Rechnungshofs enthält nämlich mehrere Verfassungsbestimmungen, darunter dass der Verfassungsgerichtshof im Streitfall über die Zulässigkeit der Rechnungshof-Prüfung von Parteien entscheiden soll.
ÖVP und Grüne sind mit einem eigenen Entwurf für die Verschärfung der Transparenzregeln seit Monaten säumig. Ein eigentlich für 2020 angekündigtes Gesamtpaket für Korruptionsbekämpfung und Transparenz kam ebenso wenig zustande, wie der später für September 2021 angekündigte Entwurf für ein neues Parteiengesetz. Kraker fasste daraufhin Anfang September die ungewöhnliche Initiative, einen Gesetzentwurf im Rechnungshof ausarbeiten zu lassen.
Zustimmung von Grünen und Neos, SPÖ und ÖVP prüfen
In einer ersten Reaktion begrüßten die Grünen die Vorschläge des Rechnungshofs. "Der Entwurf enthält viele Überschneidungen mit den von uns Grünen seit Jahren geforderten und im Regierungsprogramm vereinbarten Themen", erklärte die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer in einer Aussendung.
Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner ÖVP würden gut laufen, in den nächsten Wochen will die Regierung einen eigenen Entwurf an die Oppositionsparteien weiterleiten. Die Volkspartei verweist ebenfalls auf laufende Verhandlungen entlang des Regierungsprogramms, in derem Zuge nun auch der Vorschlag des Rechnungshofs geprüft werde.
SPÖ-Rechnungshofsprecherin Karin Greiner freut sich über die Anregungen, will das Thema aber "ernsthaft" angehen. Das Parlament sei für den Gesetzwerdungsprozess verantwortlich, man müsse nun sicherstellen, dass am Ende des Tages eine Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger stehe und nicht durch mögliche Gesetzeslücken neue Schlupflöcher entstehen, so Greiner zur Kleinen Zeitung. Um das zu gewährleisten prüft auch die SPÖ den neuen Vorschlag und will so rasch wie möglich in Gespräche mit ÖVP und Grünen eingebunden werden.
Auch Douglas Hoyos, Rechnungshofsprecher der Neos, wartet bereits ungeduldig. Seit einem halben Jahr gäbe keine Verhandlungen mit den Regierungsparteien, die jüngsten Enthüllungen rund um die Chat-Protokolle im türkisen Umfeld würden aber zeigen, "dass höchste Eisenbahn" sei, so Hoyos zur Kleinen Zeitung. Neos fordern eine Überarbeitung des Gesetzes noch in diesem Jahr. Den Entwurf des Rechnungshofs könne er grundsätzlich unterschreiben, sagt Hoyos: "In genau diese Richtung müssen wir."
FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst will sich die Vorschläge noch genau ansehen. Dass der Rechnungshof künftig aber alleine über Prüfungen bei Parteien entscheiden will, sieht sie kritisch, lässt sie in einer Aussendung wissen. Fürst fürchtet, dass die ehemalige Klubdirektorin der steirischen Volkspartei und nunmehrige Rechnungshof-Päsidentin Kraker bei der ÖVP wegschauen könnte.
Max Miller