Die Regierungsausgaben für Medien sind aufgrund mutmaßlicher Gefälligkeitsberichterstattung für Inseratenschaltungen ins Rampenlicht gerückt. Vielfach wird von Branchenvertretern und Experten bemängelt, dass die Inseratenbudgets im Verhältnis zu den gesetzlich fixierten Medienförderungen zu hoch seien.
Tatsächlich wurde die Presseförderung im Lauf der Zeit mehrmalsgekürzt. Die Regierungsausgaben für Inserate stiegen dagegen zuletzt massiv an. Der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell nimmt die neue Inseraten-Affäre zum Anlass, eine Art Neustart in Sachen Medienförderung zu fordern. Einerseits will er - in einem Beitrag für "Diskurs, das Wissenschaftsnetz" - das Inseratevolumen mit zehn Millionen pro Jahr beschränken, andererseits die Förderung für Medien anheben.
Die Presseförderung wurde gemeinsam mit der Parteienförderung im Juli 1975 beschlossen. Anfangs war die Presseförderung sogar höher als die Parteienförderung: die Parteien erhielten 1976 umgerechnet 4,6 Millionen Euro (zusätzlich aber noch Mittel für Parlamentsklubs und Parteiakademien), wie aus historischen Aufzeichnungen des Politikwissenschafters Hubert Sickinger hervorgeht - die Tages- und Wochenzeitungen 6,2 Millionen Euro.
Förderungen mehrmals gekürzt
Wäre die Presseförderung seither konsequent an die Inflation angepasst worden, müsste sie laut Wertsicherungsrechner der Statistik Austria 19,2 Millionen Euro ausmachen. Tatsächlich wurde die reguläre Presseförderung aber mehrmals gekürzt. 2011 waren es noch 12,4 Millionen, 2013 10,9 Millionen. Ab 2014 bewegt sich die reguläre Presseförderung konstant unter 9 Millionen Euro. Im Budget für 2022 sind erneut rund 8,7 Millionen eingeplant.
Im von der Corona-Pandemie gezeichneten Vorjahr fiel die Presseförderung mit ca. 27,5 Millionen Euro aufgrund diverser Sonderförderungen außergewöhnlich hoch aus. Damit lag sie dennoch weit unter den Regierungsausgaben für Inserate. Rund 47,3 Millionen investierten damals laut den von der RTR veröffentlichten Medientransparenzdaten zu überwiegendem Anteil ÖVP-geführte Ministerien. Besonders üppig wurden Boulevardzeitungen bedacht, die mehr als die Hälfte der Ausgaben am Printmarkt erhielten.
Ähnlich hoch dürften die Inseratenschaltungen auch heuer ausfallen, gab die Bundesregierung im 1. Halbjahr 2021 doch bereits 24,6 Millionen Euro aus.
"Gekaufte" Medien
"News"-Redakteur Alexander Wetz hat sich in seinem jüngst veröffentlichten Buch "Näher als erlaubt. Wie sich die Politik mit Steuergeld Medien kauft" die Werbeausgaben der jeweiligen Regierungen für Inserate pro Monat näher angesehen. Dabei zeigt sich, dass unter Werner Faymann (SPÖ) monatlich rund 1,2 Mio. Euro flossen. Unter Christian Kern (SPÖ) stiegen die monatlichen Ausgaben auf 1,8 Mio. Euro an, die erste von Sebastian Kurz (ÖVP) angeführte Regierung kam auf 2,1 Mio. Euro. Kanzlerin Brigitte Bierlein und deren Expertenregierung fuhr die Inseratenausgaben stark auf 1,1 Mio. Euro pro Monat zurück.
Die Ausgaben des Finanzministeriums, in dem im Zuge der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um die Inseratenaffäre eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde, blieben entgegen dem Trend aber hoch. Sie beliefen sich auf 570.000 Euro pro Monat und machten damit rund die Hälfte der Gesamtausgaben aus. Die zweite von Kurz angeführte Regierung brachte es schließlich auf 4 Millionen Euro, die pro Monat in Inserate flossen.
Neustart für Medienförderung
Der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell nimmt die neue Inseraten-Affäre zum Anlass, eine Art Neustart in Sachen Medienförderung zu fordern. Einerseits will er - in einem Beitrag für "Diskurs, das Wissenschaftsnetz" - das Inseratevolumen mit zehn Millionen pro Jahr beschränken, andererseits die Förderung für Medien anheben. Scharfe Kritik übt er an der Ära Kurz.
Beide vom VP-Chef geführten Regierungen hätten nichts unternommen, um die prekäre Lage des Journalismus in Österreich zu verbessern, schreibt Hausjell. Ganz im Gegenteil sei mit der kräftigen Ausweitung der Regierungsinserate Druck einhergegangen. Regierungsfreundliche Berichterstattung sei mit noch mehr Inseraten belohnt worden, "ordentliche", also kritische Thematisierung der Regierungstätigkeit sei hingegen mit erheblich weniger Regierungsinseraten oder gar Entzug derselben sanktioniert worden.
Das alles müsse geändert werden. Das Inseratevolumen soll mit 0,1 Promille der Budgetausgaben beschränkt werden. Zudem soll jede Werbekampagne aus öffentlichen Mitteln dem Parlament und der Aufsichtsbehörde KommAustria vorab mit klar formulierten Kommunikationszielen, einem Mediaplan und einer klaren Auflistung der eingesetzten Mitteln zugeleitet werden. Der Rechnungshof solle größere Kampagnen prüfen.
80 Medienleute im Kanzleramt
Noch dringender ist für den Kommunikationswissenschafter eine Reform der Medienförderung. Diese müsse umfangmäßig ein Mehrfaches des Ist-Zustands ausmachen. Sie solle sich "an Größenordnungen liberaler Demokratien in Europa orientieren und zentral Journalismus und nicht bloß die Medienwirtschaft fokussieren" fordert Hausjell und ergänzt: "Wenn die Journalismus-Förderung künftig erheblich höher dotiert ist als das Budget der Regierungsinserate, erledigt sich die illegitime Steuerung von politisch erwünschter Berichterstattung fast von selbst."
Schließlich will Hausjell eine Beschränkung der Sach- und Personalressourcen, die eine Regierung für die eigene Öffentlichkeitsarbeit einsetzen darf. "Im Bundeskanzleramt wirkten zuletzt rund 80 (!) Personen in der 'Medienarbeit'. Ein Viertel davon sollte völlig ausreichen und daher das Limit sein." Zudem brauche es gleich hohe Mittel für die Opposition.