Am Wochenende nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz wird die politische Landschaft in Österreich neu vermessen. Mehrere aktuelle Umfragen zeigen: Es ist viel in Bewegung gekommen.
Sowohl bei OGM für den "Kurier" als auch bei Unique Research für das "profil" liegt die Volkspartei nur noch hauchdünn vor der SPÖ. Die Grünen leiden dagegen nicht unter der Regierungskrise.
Bei OGM werden für die ÖVP 26 Prozent ausgewertet, für die Sozialdemokraten sind es 24. Auch nicht weit dahinter folgt die wieder erstarkte FPÖ mit 21 Prozent. Die Grünen stehen mit den NEOS gleichauf bei zwölf Prozent.
Schallenberg mit Kurz fast gleichauf
Ziemlich ähnlich sieht die Sache bei Unique Research aus, auch wenn man hier zwei Mal abgefragt hat, einmal die ÖVP mit Alexander Schallenberg und einmal mit Sebastian Kurz. Groß ist der Unterschied nicht. Mit dem Kanzler läge man bei 25 Prozent, mit dem Altkanzler bei 26. Die Sozialdemokraten wären bei einer Schallenberg-Kandidatur gleichauf, im anderen Fall mit 24 Prozent leicht zurück. Die FPÖ pendelt zwischen 18 und 19. Die Grünen wären stark wie lange nicht mit 14 Prozent egal, wer die ÖVP anführt. Die NEOS stehen zwischen elf und zwölf Prozent.
ÖVP-Wähler wünschen sich Kurz zurück
Unter ÖVP-Wählerinnen und -Wählern genießt Kurz weiterhin großes Vertrauen: 84 Prozent der potenziellen türkisen Wählerschaft wünschen sich laut OGM Kurz als nächsten Spitzenkandidaten für die ÖVP. "Das darf man nicht überbewerten", analysiert Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung, am Sonntag in der "Runde der Chefredakteure" im ORF: "In der ÖVP gibt es einen Loyalitätsschock. Die ÖVP ist in einem prekären Zustand."
Ein Novum gibt es bei den Koalitionsvarianten: Zum ersten Mal hätte die österreichische Variante der Ampel-Koalition – SPÖ, Grüne und Neos – eine hauchzarte Mehrheit im Vergleich zu Türkis-Blau. Auch eine Große Koalition ÖVP/SPÖ würde sich ausgehen.
Kogler als Gewinner der Regierungskrise
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wird auch als Gewinner der Regierungskrise erachtet: In einer Umfrage von Peter Hajek für ATV beurteilten 43 Prozent der 800 Befragten seine Performance mit "sehr gut" und "gut", nur 16 Prozent als "sehr schlecht". Umgekehrt das Urteil über Kurz: Mit 47 Prozent "sehr schlecht" und 19 Prozent "eher schlecht" war sein Negativwert der höchste aller abgefragten Politiker. FPÖ-Chef Herbert Kickl schnitt mit 64 Prozent "eher schlecht" und "sehr schlecht" noch eine Spur besser ab.
Zum neuen Bundeskanzler Schallenberg hatte zwar ein großer Teil (29 Prozent "keine Angabe") noch keine Meinung. Aber immerhin 40 Prozent hielten auch seine Performance für "eher schlecht" und "sehr schlecht".
Österreicher glauben den Vorwürfen
Die deutliche Mehrheit der Österreicher glaubt auch, dass an den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft gegen Altkanzler Kurz etwas dran ist. In der Erhebung von Unique Research für das "profil" äußern sich 67 Prozent in diese Richtung. Nur 23 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass an den Vorwürfen nichts dran ist. Bei OGM sind 71 Prozent sehr oder eher der Meinung, dass der Rücktritt von Kurz gerechtfertigt ist.
Nichts hätten die Österreicher von dem angedachten Vierer-Bündnis gegen die ÖVP gehalten. Nur elf Prozent gaben bei OGM diese Regierungskonstellation, die von Grünen bis zu den Freiheitlichen gereicht hätte, als ihre Favoritin an. Das ist deutlich weniger, als Neuwahlen präferiert hätten (32 Prozent). Bevorzugt wird aber eine Fortsetzung der Koalition, die 47 Prozent als ihre bevorzugte Variante nannten.