Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer rechnet nicht damit, dass seine Partei Sebastian Kurz in absehbarer Zeit wieder als Spitzenkandidaten bei einer Wahl ins Rennen schicken wird. Auf eine diesbezügliche Frage der Kleinen Zeitung antwortete der steirische VP-Chef: „Wir konzentrieren uns jetzt auf den Alexander Schallenberg. Die gerichtlichen Verfahren, die es abzuwarten gilt, werden mehrere Wahlen überleben. Insofern halte ich Ihre Frage für theoretisch.“
Auch eine baldige Rückkehr von Kurz ins Kanzleramt ist für Schützenhöfer und die erstarkten Landeshauptleute offensichtlich kein Thema: „Darüber haben wir nicht gesprochen.“
Es gebe an der Spitze des Landes künftig auch nicht zwei Kanzler, einen offiziellen und einen Schattenkanzler. Das sei ein Zerrbild und eine Fehldeutung. Auch eine Fernsteuerung wie unter Jörg Haider, der vom Bärental aus Einfluss auf seine Regierungspartei nahm, wies Schützenhöfer als Fabelerzählung zurück. „Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Schallenberg ist keine Schachfigur, die man hin und her schiebt. Er wurde nominiert, weil er als konsensfähiger und harmonieorientierter Politiker mit dem Koalitionspartner die drängenden Zukunftsprojekte der Regierung weiterführen soll“, bekräftigte der Landeshauptmann.
Sebastian Kurz, dessen Amtsverzicht, ihm, Schützenhöfer, Respkt abringe, werde als Klubobmann „gute Arbeit im Parlament“ leisten, „so wie Wolfgang Schüssel nach seiner Kanzlerschaft“.
Wie stark hinter den Kulissen der Einfluss der Landeshauptleute auf die nächtliche Entscheidung des Kanzlers gewesen sei, wollte Schützenhöfer nicht preisgeben. Er räumte aber ein, dass er sowohl mit Kurz als auch mit Werner Kogler in intensivem Austausch gestanden sei. Auf die Frage, ob er sich von Kurz, der den Amtsverzicht als Opfergeste und nicht als Sühneakt kommunizierte, mehr Bewusstsein für die Schwere der Vorwürfe erwartet habe, meinte Schützenhöfer: „Das wäre eine Überforderung. Man darf nicht vergessen, in welchem Ausnahmezustand man als Betroffener in so einem Moment ist.“
Er, Schützenhöfer, habe in den dramatischen Tagen der vergangenen Woche zwei Lager in der ÖVP wahrgenommen: „Es gab eine Gruppe, die der Meinung war, die Partei dürfe es sich nicht gefallen lassen, dass der Koalitionspartner den Kanzler abschießt. Und die andere Gruppe kam mit Fortdauer des Nervenpokers immer mehr zur Überzeugung, wir derpacken es nicht mehr.“ Eine „Dampfwalze“ habe die Partei überrollt, auch von innen:
Triebfeder des Handelns sei das Bemühen gewesen, eine „unverantwortbare Anti-Kurz-Viererkoalition mit Herbert Kickl als Mitregenten“ abzuwehren. Es sei befremdend gewesen mitzuerleben, „mit welcher Schmerzbefreitheit die SPÖ bereitgewesen wäre, für die Rückkehr zu den Futtertrögen der Macht ihre Überzeugungen über Bord zu kippen.“ Freilich ging es der ÖVP auch um die Sicherung ihrer Macht, der Kanzlerschaft.
Beide Regierungshälften mahnte der steirische Landeschef angesichts der drängenden Zukunftsaufgaben zu Besonnenheit im Umgang miteinander. Es gelte, das „schwer erschütterte Vertrauen“ zwischen den Bündnispartnern neu zu festigen und die Emotionen im Zaum zu halten. Die Grünen warnte er vor ungezügeltem Triumphalismus und die eigene Partei vor Vergeltungsfantasien. „Auf Rache zu sinnen, wäre Gift.“