Kaum zurück aus der Sommerpause geht es im Nationalrat schon heiß her. Zu Beginn der ersten Sitzung im Herbst hat die FPÖ eine Aktuelle Stunde zum Thema Asyl beantragt. Klubobmann Herbert Kickl warf darin der Regierung, insbesondere Innenminister Karl Nehammer, zu diesem Thema Inkompetenz vor. Bei den Asylanträgen gebe es den größten Zuwachs seit 2015, angekündigte Gesundheitskontrollen seien aber nicht durchgeführt worden, so Kickl, der Nehammer der Lüge bezichtigte. Dafür kassierte er sogleich einen Ordnungsruf. Sein Klubkollege Hannes Amesbauer sah neue Asylheime "wie Schwammerl aus dem Boden schießen".
Nehammer konterte, Kickls Ausführen seien "letztklassig" und entzog ihm gar das Du-Wort: "Wir sind mit einer völlig neuen Form der Welle der illegalen Migration konfrontiert", sagte Nehammer und verwies auf die Grenzübertritte zwischen Belarus und Litauen. Er, Nehammer, suche aber Verbündete auf EU-Ebene, während die Kommission die falsche Politik verfolge. Der Schutz der Außengrenze funktioniere nämlich nicht. Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper forderte hingegen, man müsse die Menschenwürde der Antragsteller wahren. Sowohl Kickl als auch Nehammer würden Sicherheit vorgaukeln, Chaos schüren und martialische Lösungen anbieten, die aber keine seien.
Grünen-Mandatar Georg Bürstmayr betonte, Aufgabe der Parlamentarier sei, nicht wie die FPÖ an Emotionen zu drehen, sondern besonnen nach guten Lösungen für die Gesellschaft zu suchen. SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner stieß sich ebenfalls daran, dass keine Problembewältigung versucht werde, sondern die Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Dabei sei Asyl keine Sicherheitsfrage, sondern eine Frage der Menschlichkeit und auch der Nächstenliebe.
Am Rande der Sitzung haben vier der fünf Klubobleute einmal mehr eindringlich zur Corona-Impfung aufgerufen. Ob künftig auch am Arbeitsplatz die 3G-Regel gelten soll, will die Regierung vor der oberösterreichischen Landtagswahl lieber nicht zu früh beschließen. Beschlossen hat die Regierung in der Zwischenzeit jene Pensionserhöhung, die bereits am Wochenende angekündigt wurde.
Ibiza-U-Ausschuss formal beendet
In derselben Sitzung wurde auch der Ibiza-U-Ausschuss formal beendet. Die abschließende Debatte verlief entlang der bekannten Linien. ÖVP-Fraktionsvorsitzender Andreas Hanger bezeichnete den Ausschuss einmal mehr als "Unterstellungsausschuss" aufgrund der vielen "Skandalisierungsversuche". Für kommende U-Ausschüsse forderte er eine klarere Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes und eine Klarstellung des Begriffs der "abstrakten Relevanz". Mit dieser Begründung wurden viele Dokumente und Chat-Nachrichten an den Ausschuss geliefert, Hanger sah dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt.
Die Oppositionsparteien ziehen das Resümee des Ausschusses freilich völlig anders. SPÖ-Fraktionsvorsitzender Kai-Jan Krainer sieht es als gegeben, dass "die türkis-blaue Bundesregierung käuflich war". Der Ausschuss habe ein "System Kurz" gefunden. Ein System, dessen wesentlicher Teil die selbst ernannte "Familie" war, die "absolute Kontrolle" angestrebt habe. Besonders die Chat-Nachrichten von Bundeskanzler Sebastian Kurz rund um die Bischofskonferenz ("Bitte Vollgas geben") hätten gezeigt, wie die ÖVP mit Macht umgehe.
"Zwischenetage im Staat"
Auf das "System Kurz" verwies auch FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker, "das sich eine Zwischenetage im Staat gezimmert hat". Hafenecker rückte besonders die SOKO Tape in den Fokus, die er als "Kern der Politpolizei im Land" bezeichnete. Für Grünen-Frontfrau Nina Tomaselli war der Ausschuss ein "politischer Selbstreinigungsprozess". Auch sie sagte, die türkis-blaue Bundesregierung wollte ein Parallelsystem errichten, der Ausschuss habe alle Erwartungen erfüllt und forderte die ÖVP auf, sich einen Ruck zu geben, um erforderliche Maßnahmen – etwa ein Anti-Korruptionspaket – in die Wege zu leiten.
Konkrete Maßnahmen forderte auch Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. Intransparente Geldflüsse an Parteien müssten unterbunden und Korruption bekämpft werden. Außerdem müsse die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt werden: "Der Ausschuss hat klar gezeigt, dass man die Justiz aushungern oder unter Druck setzen kann, und dass Ermittlungen je nach beschuldigter Person kleingehalten oder beschleunigt werden können", sagt Krisper.
Zumindest erste Reformen, die direkt aus dem U-Ausschuss hervorgehen, wird es vorerst nicht geben. Am Ende der Debatte wurden zwei diesbezügliche Anträge der Opposition abgelehnt. Einer wollte eine Live-Übertragung von U-Ausschüssen und einer forderte, die Akten des Ausschusses nicht zu vernichten.
Letztes Jahr im Ausweichquartier
Der Parlamentsbetrieb kommt heute somit wieder voll in Schwung, der Umbau des Parlamentsgebäudes ist hingegen noch im Gange. Ein letztes Mal kehrt die Politik daher zurück in ihr Ausweichquartier. Erst in genau einem Jahr kehren die Abgeordneten ins Prunkgebäude am Ring zurück.