1. Warum plötzlich die Aufregung? Österreich hat eine Inzidenz von 18 - im Herbst lag sie bei 700?
Weil die aktuelle Dynamik wegen der Delta-Variante eine dramatische ist. Zuletzt war der „Ansteckungsfaktor“ (Reproduktionsfaktor) am 31. Oktober – vor Ausbruch der zweiten Welle mit etwa 8000 Toten – so hoch wie derzeit.
2. Wird es wieder so schlimm wie damals?
Nein. Erstens gibt es die Impfung, knapp die Hälfte der impfbaren Bevölkerung ist vollimmunisiert. Zweitens gibt es Tests in Hülle und Fülle. Drittens gibt es das 3-G-Kontrollregime. Viertens erkranken fast nur Jüngere an Corona, nur wenige müssen ins Spital.
3. Warum handelt die Politik dann so rasch?
Nach Informationen der Kleinen Zeitung spielte die Angst vor einer Reisewarnung durch die deutsche Regierung eine nicht unwichtige Rolle. Hielte die Dynamik an, würde Österreich zwischen 1. und 8. August eine 7-Tage-Inzidenz von 75 aufweisen – mit der fatalen Nebenwirkung, vom Robert-Koch-Institut und der deutschen Regierung als Risikogebiet ausgewiesen zu werden. Dann würde Berlin vor „nicht notwendigen, touristischen Reisen“ nach Österreich abraten. Der August wäre sommertouristisch verloren.
4. Warum grassiert Corona so unter der Jugend? Wegen der Partys?
Unsinn. Tatsächlich sind 70 Prozent aller Infizierten jünger als 25 – nicht, weil sie unverantwortlich handeln, sondern weil die Impfstoffe bisher für die Älteren reserviert waren. Nur 20 Prozent der 15- bis 24-Jährigen sind vollimmunisiert. Der Jugend kann man keinen Vorwurf für die Quote machen. Ältere Verweigerer sind ein größeres Problem.
5. Muss die Jugend jetzt verzichten?
Großkonzerte wie Nova Rock und das Frequency Festival wurden bereits abgesagt. Rammstein gastiert nicht am Wörthersee, Guns n' Roses nicht im Happel-Stadion.
6. Wie will man die Impfquote heben?
Die Politik setzt auf niederschwellige Angebote. In Wien will man Impfboxen in der Lugner-City, am Viktor-Adlermarkt, in Bädern aufstellen. In Wien kann man sich ohne Anmeldung impfen lassen.
7. Was ist mit Impfanreizen?
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer ist kategorisch. „Wir werden Geimpften kein Freibier ausschenken, wir sind nicht auf einem Kirtag. Es ist eine ernste Sache.“ Kärntens LH Peter Kaiser kann sich Impf-Konzerte vorstellen. Wer rein will, kann sich impfen lassen, es sei denn, er ist es bereits.
8. Wie sehen Ärzte die Situation?
Reinhold Kerbler, Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde meint: „Der wesentlichste Faktor für eine Impfentscheidung ist das Gespräch mit dem beratenden Arzt. Viele Jugendliche und Eltern haben Bedenken, diese muss man ernstnehmen und aufklären.“ Epidemiologe Gerald Gartlehner ist großzügiger und kann sich Gutscheine, Gratistickets vorstellen. „Alles was das Ziel erreicht, ist legitim.“