Der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil hat im Interview in der Kleinen Zeitung einen für Verfechter einer rigiden Asylpolitik womöglich überzeugenden Vorschlag eingebracht. Asylverfahren sollten künftig nicht mehr in Österreich stattfinden. Wer um Asyl in Österreich ansuchen will, soll dies bei einer österreichischen Botschaft im Ausland, allenfalls in einem von der EU geplanten Asylzentrum in Afrika, im Nahen Osten oder anderswo machen. Sollte ein Asylwerber in Arnoldstein, Spielfeld oder Nickelsdorf anklopfen, sollte er an die nächstgelegene Botschaft, etwa in Laibach, Budapest oder Zagreb verwiesen werden. Österreichische Diplomaten oder Beamte würden garantieren, dass das Verfahren nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention ordentlich abläuft.

EU verhandelt gerade Grenzverfahren

Der angesehene Europa- und Verfassungsrechtler Walter Obwexer erteilt dem Vorschlag allerdings eine Absage. „Das ist keinesfalls machbar. Das europäische Asylsystem sieht vor, dass Anträge von Drittstaatsangehörige, die in einem Mitgliedsstaat oder an der Grenze um Asyl anklopfen, angenommen und geprüft werden müssen.“ Erwogen werde auf europäischer Ebene derzeit die Einrichtung eines Grenzverfahrens. Konkret würden Asylwerberinnen und Asylwerber in einem eigenen Gebäude in Nickelsdorf, Spielfeld und Arnoldstein untergebracht werden. Innerhalb weniger Woche müsste das Asylverfahren durchgezogen werden.

"Nicht im Interesse Doskozils"

Um zu verhindern, dass die Personen untertauchen und verschwinden, dürfe sie das Aufenthaltszentrum bis zur Entscheidung nicht verlassen, so der Europarechtler.  Obwexer wendet ein, die an sich alte Idee des Botschaftsasyls bringe das Problem mich sich, dass sich Schutzsuchende in einer Hauptstadt die Botschaft bzw. das jeweilige Land dann aussuchen. „Das kann nicht im Sinn des Landeshauptmanns.“ Botschaften wie die deutsche oder die österreichische würden dort überrannt werden -  im Unterschied zu den diplomatischen Vertretungen manch anderer EU-Länder. 

Dänen dürfen Sonderweg gehen

In einem Punkt überrascht Obwexer. Die von der britischen oder der dänischen Regierung erwogene Idee, dass Asylwerber in fernen Ländern ihr Asylverfahren abwarten, sei nicht möglich. „Großbritannien und Dänemark können das machen, Österreich aber nicht.“ Dänemark ist bei Asylverfahren nur zum Teil an das EU-Recht gebunden, Kopenhagen hatte eine Sonderregelung das  1993 im Zuge der Wiederholung des zunächst gescheiterten  Maastricht-Referendums herausverhandelt.  Dänemark könne in einem nordafrikanischen Staat ein Aufnahmezentrum errichten, wo die Personen warten müssen, bis die dänischen Behörden über den Antrag entschieden haben. Großbritannien als Nicht-EU-Land könne dies genauso.

Wien hatte sich als EU-Vorsitz Zähne ausgebissen

„Österreich kann es nicht tun, weil das gemeinsame Asylsystem verpflichtend vorsieht, dass Personen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates einschließlich der Grenze einen Asylantrag stellen, das Recht haben, sich in dem Mitgliedsstaat bis zum Ende des Verfahrens aufzuhalten.“ Will die Union das dänische Modell übernehmen, müsste sie das gemeinsame Asylsystem „massiv verändern.“ Die EU müsste mit Drittstaaten Abkommen über die Errichtung von Asylzentren ausverhandeln.

Damit verbunden wäre allerdings eine verpflichtende Verteilung der Schutzsuchenden innerhalb der EU – ein Mechanismus, den die EU unter österreichischem Vorsitz errichten wollte, an dem die Österreicher, allen voran Kanzler Sebastian Kurz und der damalige Innenminister Herbert Kickl, gescheitert sind. Warum ein solcher Mechanismus eng an die Errichtung von Asylzentren in Nordafrika oder wo auch immer gekoppelt ist? „Wenn das Verfahren positiv ausgeht, also die Person Anrecht auf Schutz hat, muss sie wissen, wo sie hin darf“, so der Europarechtler.