Heute, Donnerstag, wurde der Bestechungsprozess von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache rund um die Privatklinik Währing fortgeführt. Am dritten Prozesstag im Wiener Straflandesgericht Wien gab es ein Wiedersehen für Strache mit ehemaligen Mitstreitern und durchaus prominenten Zeugen. Den Auftakt machte FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch, die unter anderem dazu befragt wurde, welche Gespräche es mit Strache zu diesem Thema gegeben hatte. Geladen war auch Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).
Beide gaben an, sich teils über Straches Engagement gewundert zu haben, die Klinik in den Förderfonds zu bringen. Sie betonten aber, dass dieses Vorhaben politisch nicht relevant gewesen sein. Morgen, Freitag, könnte bereits ein Urteil fallen. Bei Schuldsprüchen drohen bis zu fünf Jahre Haft.
Der dritte Verhandlungstag zum Nachlesen
Strache und der zweite Angeklagte, Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller, haben auf der Anklagebank Platz genommen, die Kamerateams müssen hinaus, es geht los. Und das gleich mit einer spannenden Entwicklung: Nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Grubmüller gestern eine Spende an die FPÖ aus dem Jahr 2016 in Höhe von 2.000 Euro vorgehalten hatte, obwohl dieser andere Spenden dementiert hatte, bestätigt Grubmüllers Anwalt diese Spende nun. Sein Mandant habe das in seinen Kontounterlagen gefunden.
Ex-FPÖ-Kollegin Belakowitsch: Antrag kam "von oben"
Und nun betritt die erste Zeugin den Saal - die freiheitliche Gesundheitssprecherin Belakowitsch. Sie distanzierte sich nach Bekanntwerden von Ibiza zügig von Strache und begrüßte seinen Ausschluss. Sie geht wortlos an ihrem ehemaligen Parteichef vorbei und sitzt mit verschränkten Armen vor der Richterin. Von der Prikraf-Angelegenheit habe sie 2015/2016 erfahren, erklärt sie zu Beginn. Da es sich um eine juristisch komplexe Materie gehandelt hatte, habe sie nicht sonderlich viel Interesse daran gehabt. "Ich war froh, dass ich das nicht weiter verfolgen musste, weil mir das ehrlich gesagt zu komplex war."
Es sei aber sehr wohl so gewesen, dass die Prikraf für alle Privatkliniken geöffnet werden hätte sollen - am Beispiel der Klinik Währing. Die Akustik im Saal sorgt übrigens vor Kopfschütteln bei den Medienvertretern, die Zeugin ist kaum zu verstehen. Ein Fachreferent habe ihr gesagt, dass der Wunsch zum Antrag "von oben" gekommen sei - er habe damit die Parteispitze gemeint. Geschehen sei das in Wahlkampfzeiten, politisch verfolgt habe man die Sache dann nicht mehr. "Das war ein klassisches Randthema." Es sei klar gewesen, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe. Sie selbst habe mit Strache nicht darüber gesprochen.
"Offenbar war ihm das wichtig"
Die Pressekonferenz sei jedenfalls "eine der ungewöhnlichsten" gewesen, die sie je erlebt habe. Sie sei anwesend gewesen, habe aber nichts gesagt. Es sei jedenfalls ungewöhnlich, dass sich Strache damals in diese Pressekonferenz selbst hineingesetzt hatte. "Offenbar war ihm das wichtig." Es sei aber "ein politisch sinnloser Antrag" gewesen. Von der Freundschaft zu Grubmüller habe sie aus dem Akt erfahren. Von seinen Spenden an die Partei wisse sie nichts.
Die Staatsanwältin möchte wissen, auf welcher Gesprächsebene sie sich mit Strache ausgetauscht habe. Nur über Wichtiges, sagt sie. Wie kann es sein, dass man nie über den Prikraf geredet habe, der Einsatz dafür aber dann im Regierungsprogramm festgeschrieben wurde? Sie habe sich darüber aber auch nicht gewundert. Dann wird sie entlassen. Als sie den Saal verlässt, nickt ihr Strache zu.
Richterin: "Karl-Heinz Strache"
Der nächste Zeuge ist dran: der freiheitliche Fachreferent Fritz Simhandl. Von dem Prikraf-Thema habe er aus der Pressekonferenz erfahren. Anträge einbringen sei "ein Massengeschäft", sagt er und erklärt, wie das abläuft. Wenig später sorgt Richterin Claudia Moravec-Loidolt für Lacher im Saal, als sie Strache versehentlich "Karl-Heinz Strache" nennt. Zur Erinnerung: In diesem Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichtes wurde auch der Buwog-Prozess rund um Karl-Heinz Grasser verhandelt. Strache blickt zu den Medienvertretern und nickt.
Sonderlich gut war der Prikraf-Antrag nicht, sagt Simhandl. "Das war sicher kein Paradebeispiel für einen Antrag." Auch er bestätigt, dass dieser politisch nicht sehr sinnvoll gewesen sei. Zu Strache habe er ein freundschaftlich-kollegiales Verhältnis. Während der Befragung kommt Unruhe auf, weil Hartinger-Klein plötzlich im Saal steht. Sie wird in das Zeugenkammerl geführt, bis sie aufgerufen wird. Simhandl darf kurz danach wieder gehen.
Und Hartinger-Klein darf wieder in den Saal für ihre Befragung. Sie gibt als Beschäftigung an: "Pensionistin und Studentin".
Hartinger-Klein: Prikraf-Listung für Klinik sinnlos
Der Prikraf sei für sie ein bekanntes Thema gewesen, gibt sie in der Befragung durch die Richterin an. "Schönheitsoperationen" seien Leistungen, die nicht mit der Sozialversicherung abgerechnet werden können, bekräftigt sie. Das gelte auch für die Klinik Währing. Grubmüller sei zu ihr gekommen und habe geklagt, dass er sich ungerecht behandelt fühle. Sie habe das dann an die Sektion weitergeleitet. Bei einem zweiten Treffen sie ihm aber klar machen wollen, dass eine Prikraf-Listung für die Klinik nicht viel Sinn habe - eben weil keine Schönheits-OPs abgerechnet werden.
Zu Strache habe sie ein kollegiales Verhältnis gehabt, sagt Hartinger-Klein. Ibiza habe das jedoch "zerstört". Die Prikraf-Angelegenheit sei jedenfalls nur ein "Randthema" der Gesundheitsreform gewesen. Von Grubmüllers Spenden wusste sie nichts, Wahrnehmungen dazu, dass diese Straches Motiv für seinen Einsatz sein könnten, habe sie keine. Die Richterin hat keine Fragen mehr, also macht die Staatsanwältin weiter. Die erfährt auf Nachfrage, dass Hartinger-Kleins Sekretärin entschieden habe, dass es zu dem Termin mit Grubmüller kam. Hartinger-Klein ist wenig später entlassen.
Ehemalige Kabinettchefs werden befragt
Nach der Mittagspause geht es weiter mit den früheren Kabinettchefs von Strache und Hartinger-Klein. Den Beginn macht Volker K., der bei der ehemaligen Gesundheitsministerin tätig war. Die Reform der Sozialversicherung sei "die größte der Republik" gewesen, erklärt er. Eine Formulierung, die auch Hartinger-Klein heute schon verwendet hat.
Hat ihm diese gesagt, dass der Fonds erhöht werden soll? Ja, sagt K., die Ministerin hatte das vorher aber anders wiedergegeben. K. beruft sich auf das Regierungsprogramm. "Dass es ihr ein besonderes Anliegen gewesen wäre, habe ich nicht bemerkt." Es sei "ein Punkt wie jeder andere" gewesen. Von einer Öffnung gegenüber allen Kliniken sei ihm gegenüber nicht die Rede gewesen.
"Habe nicht einmal gewusst, was Prikraf ist"
Der ehemalige Kabinettchef von Strache, Helgar S., hat nun Platz genommen und bekommt ähnliche Fragen zu seiner Wahrnehmung in Sachen Prikraf gestellt. Und er stellt gleich klar: "Damals habe ich nicht einmal gewusst, was der Prikraf ist, das habe ich alles erst später aus den Medien gelesen." Mit Strache sei er per Du, "ich war aber nie bei ihm zuhause, ich weiß nicht einmal, wo er wohnt." Straches Engagement für den Prikraf habe er jedenfalls "nicht komisch" gefunden.
Als letzter Zeuge nimmt an diesem Nachmittag Roland W. vor der Richterin Platz. Er war früher Straches Generalsekretär. Er könne sich nicht mehr genau erinnern, wie er von Strache von dem Prikraf-Anliegen erfahren habe. Er könne sich nur erinnern, dass das Wort "Sauerei" gefallen sei. Es war also ein Anliegen, dass Strache wichtig war? Ja. Kontakt zum ehemaligen Vizekanzler habe er keinen mehr.
Strache und Grubmüller haben Spende "vergessen"
Nach dem Hören der Zeugen fragt die Richterin, ob Grubmüller noch etwas zu dem Gesagt ergänzen will? Er sehe keine Beweise gegen ihn oder Strache, antwortet dieser. Verwundert zeigt er sich, dass ihm Hartinger-Klein erklärt haben will, dass Schönheits-OPs keine Sozialversicherungsleistung seien. "Dazu hätte ich sie nicht gebraucht." Die 2.000 Euro Spende habe er "vergessen". An den Grund dafür könne er sich nicht erinnern.
Auch Strache will nach den Äußerungen der Zeugen noch ein paar Dinge klarstellen. Er habe nicht wahrgenommen, dass Grubmüller auf der Spenderliste gestanden hatte. An die 2.000 Euro könne er sich auch nicht erinnern. Die Partei habe immer gut gewirtschaftet mit den Förderungen, da habe das Geld keine große Rolle gespielt. "Ob jemand Freund, oder nicht Freund ist, oder ob jemand vermögend ist, oder nicht, hat für mich nie eine Rolle gespielt." Er habe sich immer für jene eingesetzt, die Unrecht ausgesetzt waren. "Ich habe nichts dafür genommen", die Unterstellung allein ärgere ihn.
Morgen könnte Urteil fallen
Die Richterin unterbricht Strache und vertröstet ihn auf morgen für seine Ausführungen. Zum Ende der Verhandlung stellt die Staatsanwaltschaft noch einige Beweisanträge für die Beschaffung von Unterlagen und fordert die Einvernahme weiterer Zeugen.
Dass bereits morgen, Freitag, ein Urteil gefällt wird, ist damit unklar. Es könnte vertagt werden. Bei Schuldsprüchen drohen bis zu fünf Jahre Haft.