Es ist der erste Korruptionsprozess, der sich - eher zufällig - aus den Ermittlungen nach dem Ibiza-Video ergeben hat: Ab morgen, Dienstag, steht Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache vor Gericht. Der ehemalige FPÖ-Obmann muss sich wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen verantworten.

Der Vorwurf: Strache soll sich dafür eingesetzt haben, die Privatklinik eines befreundeten (und nun ebenfalls angeklagten) Unternehmers, Walter Grubmüller, in den Privatkrankenanstalten-Fonds Prikraf aufzunehmen. Die WKStA sieht einen Zusammenhang mit einer Spende von 10.000 Euro von Grubmüller an die FPÖ.

Die Verhandlung ist vorerst auf vier Tage anberaumt, im Falle von Schuldsprüchen drohen den Angeklagten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Sowohl Strache als auch Grubmüller haben das bisher entschieden bestritten.

Der exklusive Prikraf-Club

Um zu verstehen, worum es genau geht, muss man ein Stück ausholen: Ein Teil türkis-blauen Sozialversicherungsreform, die im Kern aus vielen Sozialversicherungsträgern nur noch fünf machen sollte, war die Aufstockung des besagten Fonds. Aus diesem bekommen Betreiber privater Spitäler, die zur öffentlichen Gesundheitsversorgung beitragen, einen Teil der Kosten von Behandlungen zurück. Wird jemand etwa in einer privaten Klinik am Bein operiert, bekommt diese das Geld dafür aus dem Prikraf – nicht so viel wie öffentliche Spitäler, aber genug, um den Eingriff rentabler zu machen, weil es die Verrechnung an Patienten erspart.

Der Haken: Nicht jedes private Spital kann hier Rechnungen einreichen. Um Mittel aus dem Fonds zu bekommen, muss man auf der Prikraf-Liste stehen – und wer dort steht, kann auch die Politik entscheiden. Derzeit sind 39 solcher Privatspitäler gelistet – und um den jüngsten Eintrag, die Privatklinik Währing, dreht sich die Geschichte.

Strache hatte sich schon seit 2017 öffentlich dafür eingesetzt, Grubmüllers Währinger „Vienna International Medical Clinic“ auf die Prikraf-Liste zu setzen. Im Rahmen der Kassenreform wurde dann nicht nur der Fonds um 14 Millionen Euro aufgestockt – großteils aus Mitteln der Sozialversicherung –, sondern auch besagte Klinik per Gesetz auf die Liste gehoben.

Korfu-Reisen und Spendenkonten

Die Opposition protestierte schon damals: Die FPÖ lasse sich „ihre Zustimmung damit abkaufen, dass eine Klinik aus dem freiheitlichen Umfeld in den Genuss von Versichertengeldern kommt“, kritisierte etwa Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker.

Er sieht sich durch die Ermittlungen bestätigt und fordert Reformen: „Weil eine Klinik, die Versorgungsleistungen erbringt, keinen Rechtsanspruch auf Aufnahme in den Prikraf hat, ist das System korruptionsanfällig.“ Es brauche objektive Regeln anstatt politischer Spielchen“, sagte Loacker vor kurzem zur Kleinen Zeitung.

Anlass für die Ermittlungen waren auf Straches Handy gefundene Nachrichten, in denen von Flügen nach Ibiza und Korfu in Grubmüllers Privatjet die Rede sein soll. Außerdem bat Grubmüller Strache um das „Spendenkonto für die EU-Wahl“ 2019.

"Welches Gesetz wäre für dich wichtig?"

Der entsprechende Gesetzestext, mit dem die Klinik dann auf die Prikraf-Liste kam, soll - so sieht es die WKStA - im Rahmen der Verhandlungen um die türkis-blaue Sozialversicherungsreform zustande gekommen sein, nachdem Strache Grubmüller gefragt hatte, "Welches Bundesgesetz wäre für dich wichtig, damit die Schönheitsklinik endlich fair behandelt wird?"

In diesem Kontext - so belegen es auf Straches Handy sichergestellte Chats - regte Strache bei Grubmüller eine "genaue Gesetzesänderung, damit ihr zu euren Genehmigungen kommt" an.

Diese Woche wird das Gericht entscheiden, ob das tatsächlich Bestechlichkeit ist - oder ob, wie Strache argumentiert, kein Zusammenhang zwischen Spenden und privaten Einladungen und seinem Einsatz für die Klinik besteht. Mit einem Urteil wird am Freitag gerechnet.