Sie werden ausschließlich harmonische Bilder zu sehen bekommen“, verspricht ein blauer Delegierter aus Wien. Auch er macht sich heute auf den Weg nach Wiener Neustadt, wo 760 Delegierte der FPÖ einen neuen Parteichef küren und mit ihm eine neue Ära einleiten wollen. Klubobmann Herbert Kickl wird beim außerordentlichen Parteitag der Freiheitlichen zur neuen Nummer eins gewählt, Gegenkandidaten gibt es keinen.
Der einzige, der sich kurzzeitig in einem Interview für die Position gemeldet hatte, war Wiens Landesparteichef Dominik Nepp. Der versichert nun, dass die Wiener „zu hundert Prozent“ hinter Kickl stehen. „Vielleicht ändert sich die eine oder andere Tonalität. Herbert Kickl ist ja bekannt für eine scharfe Formulierung und eine spitze Zunge“, sagt Nepp. „Ich glaube, genau das braucht es jetzt, kantige und scharfe Oppositionspolitik.“
Abschied per Tweet
Dass die „spitze Zunge“ nun zum Chef aufsteigt, wird nach einem spektakulären Abgang von Vorgänger Norbert Hofer möglich. Kickl hatte in den vergangenen Wochen mehrfach Interesse an einer alleinigen Parteiführung geäußert und immer wieder gegen Hofer gestichelt. Bis dieser genug hatte und nach seinem Reha-Aufenthalt via Twitter seinen Rückzug verkündete. Kurz darauf wurde die Nachricht gelöscht, die Entscheidung stand dennoch fest.
Er wolle sich nicht jeden Tag ausrichten lassen, wie ungeeignet er für den Job sei, erklärte Hofer verärgert. Wenige Tage später saß aber auch er in der Sitzung des Parteipräsidiums, in der Kickls zum neuen Chef designiert worden war.
Klare Verhältnisse vor der Wahl?
Über den Zeitpunkt dieses von Kickl forcierten Machtwechsels gibt es unterschiedliche Theorien in der Partei. Eine, die man besonders oft hört, klingt so: Nachdem in den Wochen davor das Neuwahlen-Gespenst durch die heimische Parteienlandschaft gegangen war, hat man sich auch bei den Blauen gefragt, wer wohl ein geeigneter Spitzenkandidat wäre. Nachdem Kickl Interesse bekundet hatte, sei es nicht unwahrscheinlich, dass dieser einen schnellen Machtwechsel forciert habe, damit bereits vor einer möglichen Wahl klare Verhältnisse herrschen – ohne lange und öffentliche Debatten.
Nur wenige sprechen von einem lang vorbereiteten Putsch. Und werfen zu Recht ein, dass Wechsel an der FPÖ-Parteispitze auch in der Vergangenheit selten reibungslos verliefen. Ressentiments gegen Kickls Machtübernahme waren auch bei Hofer-Anhängern schnell verflogen – wohl auch aufgrund mangelnder personeller Alternativen.
Kritische Stimmen aus Oberösterreich
Eine gewichtige Stimme fehlte jedoch, als Kickl zum Chef gewählt wurde – die des oberösterreichischen Landesparteichefs Manfred Haimbuchner. Der Anführer der letzten blauen Bastion, der im Herbst Landtagswahlen zu schlagen hat, gilt als Anhänger des gemäßigten Hofer-Kurses. Und er nimmt Kickl Hofers Verdrängung vom blauen Thron übel. Zusammenarbeiten will der Oberösterreicher mit dem neuen Anführer, eine Einmischung in seinen Wahlkampf aber nicht.
Dass der Parteitag – entgegen der Tradition der letzten Jahre – nicht in Haimbuchners Hoheitsgebiet stattfindet, will man intern nicht als Zeichen eines gestörten Verhältnisses verstanden wissen. Wiener Neustadt habe sich lediglich angeboten, weil das bei einer Sitzung vorgeschlagen wurde und der Veranstaltungsort – die Arena Nova – noch frei war.
Landbauer als Zukunftshoffnung
Dass der Parteitag auf seinem Terrain stattfindet, freut vor allem Niederösterreichs Landesparteichef Udo Landbauer. Er gilt seit Längerem als – wenn auch zuletzt nicht medial als solcher aufgetretener – Unterstützer des Klubobmannes. Wohl auch deshalb zieht er in die Riege von Kickls Stellvertretern ein. Der Mittdreißiger wird zudem als Zukunftshoffnung der Partei gesehen.
Inhaltlich rechnen Freiheitliche und Beobachter nun mit einem schärferen Auftritt der Freiheitlichen. Vor allem gegenüber der ÖVP, insbesondere Kanzler Sebastian Kurz, dürfte der Ton rauer werden. Viele erhoffen sich von kantiger Oppositionspolitik a la Kickl eine weitere Stabilisierung nach dem Ibiza-Tief. Erst dann könne über Regierungsbeteiligungen nachgedacht werden. Mit einem Parteichef Kickl scheint diese ohnehin wenig realistisch zu sein. Intern rechnet man mit einem hohen Ergebnis bei der heutigen Abstimmung. „Alles andere wäre eine große Überraschung“, sagt der Wiener Delegierte. Denn davon gab es in der Partei zuletzt genug.