Da scheint Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ein kleines Kunststück gelungen zu sein. Sie baut die Spitze des Bundesheeres um - und (fast) alle sind mit an Bord. Auch Personalvertretung und wehrpolitische Vereine begrüßen im Grunde die Neugliederung, die ihnen am Dienstag im Detail vorgelegt wurde. Präsentiert wurden sie auch dem Bundespräsidenten und den Führungskräften im eigenen Haus, danach erst bekamen Journalisten offiziell Einblick in die Pläne.
Die Reform setzt an der Zentralstelle an, also im Bundesministerium für Landesverteidigung. Die Brigaden, die Militärkommanden, die Schulen und die Ebenen darunter berührt sie nicht. Es sei "keine Reform der Truppe, sondern für die Truppe", betont Ministerin Tanner, die damit ihr Versprechen zum Amtsantritt einlösen will. "Ich habe damals gesagt, dass nicht alles so bleibt, wie es ist." Was sie jedenfalls nicht mehr haben will: Doppelgleisigkeiten, "Akten-Ping-Pong", wie sie es nennt, einen lähmenden Verwaltungsapparat, zu viel Kopflastigkeit.
Doch sie weiß auch, dass es vielen im Heer schon beim Wort Reform schaudert. Tanner: "Die Truppe wurde alle drei bis fünf Jahre neu strukturiert, aber nie wurde etwas zu Ende gebracht. So etwas schadet einer Organisation." Diesmal soll also alles anders sein.
Die Reform im Detail
Aus den fünf Sektionen in der Zentralstelle werden drei Generaldirektionen: Eine klassische Präsidialdirektion vereint Personal-, Budget- und administrative Agenden. In der Generaldirektion für Verteidigungspolitik haben die internationalen Beziehungen, Recht und die Kommunikation ihre Heimat. Beides bleibt im Ministerium angesiedelt, während die sich die "Firma Bundesheer" komplett in der Generaldirektion für Landesverteidigung wiederfindet.
Deren Kommandant ist gleichzeitig Chef des Generalstabs und damit strategischer und operativer Kopf der gesamten Streitkräfte des Bundesheeres, bleibt aber in beratender Funktion auch Teil des Ministeriums. "Es ist nicht ganz die Wiedergeburt des einstigen Armeekommandos", zieht Generalstabschef Robert Brieger einen Vergleich mit früheren Kommandostrukturen. Ihm bzw. seinen Nachfolgern sind acht Direktionen sowie die militärischen Nachrichtendienste unterstellt. Jede hat klar abgegrenzte Aufgabenbereiche, im Einsatz wird aber eng miteinander kooperiert.
Durch die Verschlankung der Zentralstelle und dadurch, dass weniger Abteilungen gebildet werden, wobei aber die einzelnen größer ausfielen, würden Schnittstellen reduziert. Wesentlich sei, dass jede Aufgabe nur einmal wahrgenommen und abgebildet bzw. auf einer Organisationsebene gemanagt wird. "Diese neue Art der Stabskultur macht uns schneller", ist der General überzeugt. Er spricht von einer Dynamisierung des Führungsverfahrens.
Gar bis zu 75 Prozent schneller bei den Prozessen und Abläufen, um bis zu 25 Prozent weniger "Führung" - das verspricht sich Generalsekretär Dieter Kandlhofer von der Struktur. Der gebürtige Steirer und enge Vertraute Tanners gilt als Architekt der Reform. Wenn Kandlhofer davon spricht, dass "das österreichische Bundesheer in der Fläche bleibt, aber Standorte optimiert werden", deutet das auch auf die Aufgabe einzelner Liegenschaften hin. Personal soll jedenfalls allein über die anstehende Pensionierungswelle abgebaut werden - und ausschließlich in der Verwaltung. Rund 1300 bis 1700 Bedienstete werden sich in neuen Aufgabenbereichen wiederfinden, jedoch soll niemand den Garnisonsort wechseln müssen.
Aus für Kommando Streitkräfte
Die Reform hat auch Auswirkungen auf die Steiermark, das Kommando Streitkräfte in Graz wird es in dieser Form nicht mehr geben. Als Direktion 1 (Einsatz Streitkräfte) bleibt es aber wesentlicher Faktor in der Führung der Landstreitkräfte, geleitet werden soll sie weiterhin von einem Dreisterne-General. Derzeit ist das Generalleutnant Franz Reißner, er spricht sogar von einer Aufwertung seines Kommandos.
Die Umsetzung des Reformprozesses beginnt im Juli, im April 2022 soll die neue Organisation weitgehend eingenommen sein. So lange wird auch Generalstabschef Brieger den Umbau begleiten, er wird ja in einem Jahr Leiter des Militärausschusses der EU. Dann wird seine Position neu besetzt, wie auch jene der neuen Führungfunktionen neu ausgeschrieben werden. Das interne Rennen um die neuen Posten hat bereits begonnen.