Per QR-Code ins Gasthaus, Hotel oder Konzert – all das hätte dieses Wochenende bereits möglich sein sollen. Man sei hier Vorreiter in der EU, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz noch vor einem Monat. In dieser Woche musste der Start für den nationalen Grünen Pass erneut nach hinten verschoben werden – vorerst um eine Woche.
Das Gesundheitsministerium begründet das mit kurzfristig durch die EU bekannt gegebenen Änderungen bei den technischen Anforderungen. Aus der EU-Kommission ist allerdings zu hören, dass sich die Anforderungen, die von allen Mitgliedsstaaten Ende April beschlossen wurden, seither nicht verändert haben. Mit der Union dürfte die Verzögerung also eher nichts zu tun haben.
Vielmehr lässt sich einmal mehr beobachten, dass großen Ankündigungen oft keine oder nur unzureichende Umsetzungen gefolgt sind. Das zeigen auch andere Versprechungen aus den letzten Monaten.
Schlüsselanhänger fürs Contact Tracing
Als eine der ersten Prestigeprojekte im Kampf gegen die Pandemie hat die Regierung im März 2020 gemeinsam mit dem Roten Kreuz die Stopp-Corona-App vorgestellt, um das Contact-Tracing zu erleichtern und Infektionsketten zu durchbrechen. Durchsetzen konnte sich das drei Millionen Euro teure Tool aufgrund von Datenschutzbedenken und der Diskussion um eine verpflichtende Nutzung aber nie. Um auch jene Personen zu erreichen, die kein Handy besitzen, versprach Bundeskanzler Kurz im April 2020 auch die Einführung eines Schlüsselanhängers, der Contact-Tracing via Bluetooth ermöglichen sollte. Eine Idee, die offenbar so schnell verfolgen ist wie sie angekündigt wurde. Im März 2021 gab Kurz in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos an, nicht weiter Auskunft über den Fortschritt dieses Schlüsselanhängers geben zu können, da er für Maßnahmen dieser Art nicht zuständig sei. Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärte daraufhin, dass die Entwicklung eines solchen Anhängers nie in Auftrag gegeben worden ist.
Gratis-Masken für alle ab 65
Als schneller Schutz für die ältere Bevölkerung sollten alle Österreicher über 65-Jahre im vergangenen Dezember zehn Gratis-FFP2-Schutzmasken bekommen. Zunächst verzögerte sich die Verteilung aufgrund einer Abänderung des entsprechenden Bundesgesetzes, dann musste dem zuständigen Gesundheitsministerium eine Abfrage im zentralen Melderegister ermöglicht werden. Erst am Heiligen Abend erfolgte die erste Lieferung. Bis zur dritten Jänner-Woche hätten alle der rund 1,7 Millionen Betroffenen ihre Masken bekommen sollen, nach der ersten Jänner-Woche waren es gerade einmal 170.000. Im Februar wurde dann eine Hotline bei der Post eingerichtet bei der sich alle, die keine Masken erhielten, beschweren konnten. Erst Ende Februar, also drei Monate nach der Ankündigung, waren alle Masken ausgeliefert. Wie die “Wiener Zeitung” berichtet, lagen die Kosten für den Versand (7,5 Millionen Euro) letztlich sogar über jenen für die Masken selbst (6,5 Millionen Euro), die noch dazu aus China importiert wurden.
Kostenlose Wohnzimmertests aus der Apotheke
Große Ankündigungen schüren große Hoffnungen. So war es auch im Februar, als die Regierung das Corona-Testangebot mit kostenlosen Schnelltests für zu Hause erweitern wollte. Wie der Ansturm auf die Apotheken beweisen sollte, war das zwar eine gute Idee, in der Kürze der Zeit aber nicht umsetzbar. Von den rund 7,5 Millionen Menschen, die Anspruch auf ein Testkit hatten, konnten in der ersten Woche der Aktion im März gerade einmal 600.000 versorgt werden, weil zu wenige Tests zur Verfügung gestanden sind. Dazu gingen zu Beginn rund 300.000 Menschen, die sich von der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) abgemeldet hatten, leer aus. Erst Mitte April war es auch ihnen möglich, Tests aus der Apotheke zu bekommen.
Sputnik für Österreich
“Auf den letzten Metern” befinde sich die Beschaffung des russischen Impfstoffs Sputnik V, erklärte Kanzler Kurz Ende März in diesem Jahr. Nach einem Treffen mit dem russischen Botschafter Dmitri Ljubinski in Wien kündigte Kurz damals an, dass Österreich bis Anfang Juni eine Million Sputnik-Impfdosen bekommen wird. Bis heute ist allerdings keine Lieferung des Impfstoffs in Österreich angekommen, obwohl der Kanzler im März von einer “verbindlichen Lieferzusage” sprach. Das liege an der fehlenden Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, erklärte Kurz wiederum Ende April, dabei schloss er ursprünglich auch eine nationale Zulassung nicht aus. Vor Herbst dürfte Sputnik jedenfalls von der EMA nicht zugelassen werden. Um das Ziel, allen Impfwilligen bis Sommer eine Impfung anbieten zu können, sei der russische Impfstoff aber ohnehin nicht mehr zwingend notwendig, hieß es zuletzt aus dem Kanzleramt.
Impfung für alle bis Ende Juni
“Der Impfturbo ist angelaufen”, freute sich Kurz anlässlich einer vorgezogenen Lieferung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer Ende April. In einer Sonderausgabe der Zeit im Bild versicherte er stolz, dass bis Ende Juni jeder Österreicher, der sich impfen lassen will, geimpft sein wird. Der Impffortschritt sei mit einer Ketchup-Flasche zu vergleichen, so Kurz damals. Zunächst fließt wenig, ehe plötzlich riesige Mengen und mehr als notwendig herauskommt. Mittlerweile ist klar, dass Österreich das Juni-Ziel nicht erreichen wird, auch ein Ketchup-Effekt ist nicht absehbar. Aus dem Umfeld jener Kreise, die die Bundesländer mit Impfstoff versorgen, ist zu hören, dass frühestens Mitte bis Ende Juli damit zu rechnen ist, dass jeder einen Erststich erhält. Mittlerweile spricht die Regierung nur noch von fünf Millionen möglichen Erstimpfungen bis Ende Juni. Das liege jedoch an der gestiegenen Impfbereitschaft.
Andreas Terler