"Du hast eine BUDGET-Steigerung von 30 Prozent! Das haben wir nur für dich gemacht. Über 160 Mio mehr! Und wird voll aufschlagen. Du schuldest mir was :-))) LG t." Das schrieb Thomas Schmid, damals Generalsekretär des Finanzministeriums, im April 2016 an Sebastian Kurz, damals Außenminister. Nachrichten wie diese beschäftigen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die ihren Akt über Sebastian Kurz zuletzt um diese Korrespondenz ergänzte. Und sie beschäftigen den Anwalt Werner Suppan.
Wer in die Kanzlei von Werner Suppan will, sucht in der illustren Wiener Innenstadt vergeblich. Im Bezirk Ottakring, am Fuße des Wilhelminenberges, hat sich der Rechtsanwalt eingerichtet - gemeinsam mit zwei Partnerinnen. "Der erste Bezirk wimmelt vor Anwälten, da bleibe ich lieber in der Vorstadt", erklärt Suppan lächelnd, während er in einem Besprechungszimmer mit gepolsterter Wand Platz nimmt. Im Zentrum der politischen Debatte befinden sich aktuell drei seiner prominentesten Klienten: Bundeskanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und Ex-Finanzminister Hartwig Löger (alle ÖVP). Gegen sie alle laufen Ermittlungen wegen diverser Anschuldigungen.
Die türkise Partei betraut den Juristen mit einem Großteil ihrer Rechtsangelegenheiten. "Klarstellungen" zu Ermittlungen in den Medien oder die inzwischen medial präsente Klage eines ÖVP-Mediums gegen "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk, überall steht Suppans Name drauf. Er war es auch, der den Kanzler über die Ermittlungen gegen ihn informierte.
"Eine andere Partei würde ich nicht vertreten"
Mehr als 50 Prozent seiner Arbeitszeit geht für politische Agenden drauf, erzählt er. "Es ehrt mich, dass mir die Partei, der Bundeskanzler und Minister ihr Vertrauen schenken." Für eine andere Fraktion würde Suppan übrigens nicht arbeiten, die dominante Wandfarbe in seiner Kanzlei ist das einzig rote an ihm. "Ich habe zwar auch schon einzelne SPÖ- und FPÖ-Funktionäre und auch grüne Aktivisten vertreten, aber eine andere politische Partei würde ich nicht als Klienten nehmen."
Suppans Verbindung zur ÖVP besteht seit Jahrzehnten. Der in Klagenfurt geborene Jurist engagiert sich bereits früh in der Schulpolitik und später in der ÖVP. Neun Jahre lang ist er Anfang der 2000er für sie als Bezirksrat in Ottakring tätig. Seine Karriere in der Juristerei beginnt er in der Kanzlei von Ex-ÖVP-Generalsekretär Michael Graff. Seine Ambitionen auf höhere Weihen in der Wiener Partei scheitern jedoch. "Heute bin ich froh, dass dieser Kelch an mir vorbeigegangen ist", sagt er.
Verfassungsgerichtshof trotz Polit-Nähe?
Ein hohes Amt im Staat hat Suppan inzwischen aber inne - seit 2017 ist er Ersatzmitglied im Verfassungsgerichtshof. Kann der Haus- und Hofjurist einer Partei wirklich in einer zur Unabhängigkeit verpflichteten Institution sitzen? Ja, sagt Suppan. "Als Ersatzmitglied kommt man ohnehin selten dran. Und wenn, wird eine mögliche Befangenheit ganz genau geprüft." Sollte er jemals zum ständigen Verfassungsrichter aufsteigen, "würde ich die Vertretung von Spitzenpolitikern nicht mehr übernehmen". Ambitionen auf einen der 14 Richtersessel habe er derzeit aber ohnehin nicht, beteuert er.
Dass die ÖVP auf die aktuellen Ermittlungen seit Wochen mit scharfen Angriffen auf die Justiz in Gestalt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) reagiert, der es bei ihren Ermittlungen um ein gezieltes "Herauspicken" von türkisen Spitzenpolitikern gehe, will Suppan nicht direkt kommentieren. Im Gespräch gibt er aber zu bedenken, welche Nachwirkungen solche Angriffe auf die Justiz haben können. Und welchen Eindruck sie vermitteln. Eine Entscheidung über eine mögliche Anklage gegen Kurz dürfte nach seiner Einschätzung noch Monate dauern.
"Ich haue jeden raus, der mich anlügt"
Wie er den Kanzler auf einen möglichen Prozess vorbereitet, will er nicht verraten. Was unterscheidet die Rechtsberatung eines "normalen Klienten" von der eines Politikers? Suppan denkt nach. "Man muss bei einem Politiker immer die mediale und öffentliche Wirkung mitdenken. Wenn ich mich beispielsweise gegen eine abfällige Bezeichnung in einem Medienartikel zur Wehr setze, riskiere ich, dass bei einer - immer möglichen - Abweisung in erster Instanz die Medien oder politischen Gegner gleich „im Namen der Republik“ Schwarz auf Weiß haben, dass man ihn so bezeichnen darf. Bei unbekannten Klienten fallen diese Überlegungen weg."
Nur eines könne er nicht leiden: "Ich haue mich für jeden Klienten voll rein. Aber ich haue auch jeden raus, bei dem ich das Gefühl habe, er lügt mich an. Ich kann jemanden nicht vertreten, wenn ich nicht alle Fakten habe."