Die "Vollgas"-Aktion der ÖVP gegen die katholische Kirche im Jahr 2019 war länger vorbereitet. Das zeigen vom Finanzministerium an den Ibiza-Ausschuss übermittelte Mails, über die die Tageszeitung "Österreich" am Sonntag berichtete. Demnach hat das Kanzleramt schon am 4. März eine Aufstellung "aller steuerlichen Begünstigungen im Zusammenhang mit Religionsgemeinschaften" angefordert. Am 13. März erfolgte die Aufforderung, gegenüber den Kirchenvertretern "Vollgas" zu geben.
Der damalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, hatte bei einem Treffen mit dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, am 13. März 2019 angekündigt, "Steuerprivilegien" der Kirche durchforsten und Förderungen kürzen zu wollen. Bisher war aus den von der Staatsanwaltschaft ausgewerteten Chatprotokollen nur bekannt, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Schmid zuvor aufgefordert hatte, gegenüber den Kirchenvertretern "Vollgas" zu geben und sich danach bedankte. Kurz' mittlerweile berühmte Zusage "kriegst eh alles was du willst" stammt ebenfalls aus diesem Chatverlauf. Schmid wurde zwei Wochen später zum Chef der Staatsholding ÖBAG gekürt.
Drohung wegen Flüchtlingspolitik?
Die zitierte Mail lässt nun auf eine Vorbereitung der Aktion im Kanzleramt schließen. Kirchenvertreter gehen davon aus, dass die damalige Drohung im Zusammenhang mit der Kritik der Kirche an der Flüchtlingspolitik der Regierung stand. Denn am 1. März hatte Schipka die von Türkis-Blau geplante "Sicherungshaft" für Asylwerber als Anschlag auf die Menschenrechte bezeichnet.
Auch die türkis-blaue Reform der Mindestsicherung stieß auf Kritik der Kirche. Das Finanzministerium weist einen Zusammenhang damit gegenüber "Österreich" zurück: "Die Steuerprivilegien liegen bei weit über 15 Mrd. Euro. Im Rahmen von Steuerentlastungen werden auch Steuerprivilegien von Gruppen und Organisationen näher angeschaut."