Es ist fast schon ironisch: Ausgerechnet über die Auslieferung von Michaela Steinacker soll der Immunitätsausschuss des Parlaments nun entscheiden, weil sie im Visier der Justiz steht. Steinacker ist aber nicht nur Justizsprecherin ihrer Partei, der ÖVP, sondern gleichzeitig sowohl Vorsitzende des Justizausschusses als auch Mitglied im Immunitätsausschuss.
Die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA interessieren sich besonders für Steinackers Zeit als Angestellte der Raiffeisen evolution (jetzt Strabag Real Estate) von 2013 bis 2017. Für diese fünf Jahre hat die Abgeordnete dem Parlament Nebeneinkünfte von mehr als 10.000 Euro monatlich gemeldet.
Verdeckte Parteispende?
Die WKStA will nun einem Hinweis nachgehen, wonach die gut bezahlte Tätigkeit tatsächlich eine verdeckte Parteispende für die ÖVP gewesen sein soll. Einer Whistleblowerin zufolge soll Steinacker nämlich tatsächlich kaum für die Immobilienfirma, sondern beinahe ausschließlich für die Partei gearbeitet haben. Daher hegt die WKStA den Verdacht der Untreue sowohl gegen die verantwortlichen Geschäftsführer der Raiffeisen evolution als auch gegen Steinacker. Für ein Verfahren ist aber die Aufhebung der parlamentarischen Immunität nötig.
Wie viel Steinacker als Generalbevollmächtigte genau verdient hat, ist öffentlich nicht bekannt. Die für die maximale Strafdrohung bei Untreue maßgebliche Summe von 300.000 Euro wird aber schon mit den ans Parlament gemeldeten Mindesteinkünften von jeweils über 10.000 Euro monatlich überschritten. Sollte das Parlament der Auslieferung zustimmen, drohen Steinacker somit im Fall einer Verurteilung ein bis zehn Jahre Haft.
Für Steinacker gilt die Unschuldsvermutung. Die ÖVP hat am Dienstag bereits betont, dass die Abgeordnete ihre Pflichten „ordnungsgemäß und mit ausdrücklicher Zustimmung des Unternehmens“ erfüllt habe. Auf eine Ablehnung des Ansuchens wollte sich der ÖVP-Klub aber nicht festlegen.