Das Vorpreschen von Bundeskanzler Sebastian Kurz bezüglich immer weiterer Öffnungsschritte hat jetzt zu einer Unstimmigkeit in der Koalition geführt. Lockerungen müssten auf Basis von Daten und Fakten vollzogen werden, wandte sich der Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) im Ö1-"Morgenjournal" gegen das Bauen von Luftschlössern. Zu Gast in unserem Kleine-TV Studio erklärte er gestern zudem, dass die Maske noch bis zum Winter bleiben werde. Die ÖVP reagierte verständnislos.
Kurz hatte am Freitag bei einem Besuch in Tirol weitere Lockerungen angekündigt, etwa was Sperrstunden oder Abstandsregeln angeht. Auch legte er schon am Donnerstag nahe, dass bei einem Treffen der Regierung mit den Landeshauptleuten kommenden Freitag Änderungen bei der Maskenpflicht zum Thema werden.
Da war Mückstein noch an der Seite des Kanzlers gestanden, das Vorpreschen vom Freitag missfiel dem zuständigen Minister dann aber auch öffentlich. Denn das entsprechende Prozedere sei in der Koalition anders vorgesehen gewesen. Für Mückstein ist Kurz' Vorstoß daher "entbehrlich". Der Minister betonte auch, dass man vorsichtig bleiben müsse und nicht die Bevölkerung verunsichern solle.
Was die Masken angeht, steht Mückstein ebenfalls auf der Bremse. Der Gesundheitsminister erklärt im Gespräch mit der "Kleinen Zeitung", dass wir im Sommer und auch im Winter "die Maskenpflicht grundsätzlich noch haben" werden. Dies gilt offenbar vor allem für Innenräume. "Über die Maskenpflicht outdoor werden wir reden können", meint der Ressortchef.
Der Livetalk zum Nachsehen:
Für die ÖVP rückte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) aus, um ihre Verwunderung auszudrücken. Mückstein sei in das Vorgehen mit dem Treffen am kommenden Freitag eingebunden.
Köstinger will mit ihm ein Gespräch führen und ihn offenkundig von weiteren Lockerungen überzeugen: "Wir können nicht auf Dauer erwachsenen Menschen vorschreiben, dass sie sich maximal zu viert treffen dürfen, insbesondere wenn sie geimpft sind." Auch das Vereins-, Sport- und Kulturleben sowie die Jugendarbeit müssten wieder zum Blühen gebracht werden.
Ziel sei immer gewesen, eine Überlastung der Intensivstationen zu verhindern und die Gesundheit der Österreicher zu schützen. Dies sieht Köstinger durch die aktuell niedrige Inzidenz und den Impf-Fortschritt gelungen.
Dass Mückstein nun offensiv Kurz entgegentritt, gefällt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. In einer Aussendung meinte er: "So offene Worte kennt man nicht mehr seit dem Eintritt der Grünen in diese Regierungskonstellation." Kurz kündige an, was seinen Umfragewerten dienlich sei. Der Gesundheitsminister dürfe dann hinter ihm herräumen und müsse gezwungenermaßen die Rolle des Bremsers und Spielverderbers einnehmen.