Die drei Oppositionsparteien, SPÖ, FPÖ und NEOS, bringen nach dem Exekutionsantrag des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wegen der ausgebliebenen Aktenlieferung an den Ibiza-Untersuchungsausschuss eine Ministeranklage ein. Blümels fortgesetzte Verweigerung der Aktenvorlage sei "offenkundig rechtswidrig" gewesen, wie es in dem der APA vorliegenden Antrag heißt.
Blümel missachte seit einem Jahr die Verfassung und seit Anfang März eine Anordnung des VfGH, kritisierte SPÖ-Klubvorsitzender Jörg Leichtfried. Dies sei ein "Tiefpunkt" türkiser Politik. "Regierungsmitglieder, die auf die Verfassung und unsere Gesetze vereidigt sind, müssen diese auf Punkt und Beistrich befolgen", so Leichtfried. Ein Minister, der sich so verhält wie Blümel, sei daher rücktrittsreif.
Mit der Weigerung, das VfGH-Erkenntnis umzusetzen, habe der Finanzminister gegen die Verfassung verstoßen, betonte Nikolaus Scherak von den Neos: "Das kann ein selbstbewusstes Parlament nicht hinnehmen." Der VfGH soll jetzt die Möglichkeit bekommen, zu untersuchen, ob Blümel mit der verspäteten Lieferung der Akten an den Untersuchungsausschuss eine Gesetzesverletzung begangen hat.
"Das Maß ist endgültig voll"
Für den freiheitlichen Klubobmann Herbert Kickl ist das Maß, was Blümel anbelangt, "endgültig voll". Blümel sei der erste Minister überhaupt, der es wagt, eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu ignorieren. Nach so einem Verhalten könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, argumentierte er: "Blümel hätte längst von sich aus den Hut nehmen müssen."
Der entsprechende Antrag, der die Amtsenthebung Blümels erwirken soll, wird zunächst einmal dem Verfassungsausschuss zugewiesen. Dass der Finanzminister tatsächlich real gefährdet wäre, ist jedoch unwahrscheinlich, ist doch für eine Ministeranklage ein Mehrheitsbeschluss des Nationalrats notwendig. Dafür bräuchten die Oppositionsparteien Stimmen aus den Regierungsfraktionen.