Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Mittwoch seine Westbalkanreise fortgesetzt und mit Bosnien einen Rückführungsplan für irreguläre Migranten vereinbart. Mit dem Sicherheitsminister von Bosnien und Herzegowina, Selmo Cikotić, unterzeichnete er eine Absichtserklärung. Scharfe Kritik äußerten mehrere Initiativen in Österreich. Außerdem kündigte Nehammer an, dass Österreich für das abgebrannte Camp Lipa 500.000 Euro bereitstellt, damit dieses winterfest gemacht wird.
Die Arbeiten dazu haben laut dem Innenministerium bereits begonnen, mit dem Geld sollen ein Wasser- und Abwassernetz sowie Stromanschlüsse errichtet werden. Im Dezember war die Lage in Bihać eskaliert, nachdem das Camp Lipa im Nordwesten des Landes kurz vor Weihnachten von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) geräumt worden war – mit der Begründung, dass es die bosnischen Behörden nicht winterfest gemacht hätten. Kurz darauf brannten die Zelte aus, den damaligen Berichten zufolge hatten Bewohner das Feuer selbst gelegt. Beobachter gehen davon aus, dass auch die Einheimischen das Feuer aus Wut auf die Flüchtenden gelegt haben könnten.
Charterflüge für Migranten ohne Bleibechancen
Zentrales Ziel der Balkanreise von Innenminister Nehammer ist die Erarbeitung von Rückführungsplänen mit den besuchten Ländern. Migranten ohne Bleibewahrscheinlichkeit, die laut Nehammer auch ein Sicherheitsproblem sind, sollen bereits von den Balkanländern in die Herkunftsländer zurückgebracht werden. Mit Bosnien wurde bereits ein Charterflug vereinbart. Damit zeige man den Menschen, dass es nicht sinnvoll sei, Tausende Euro in die Hände von Schleppern zu legen, ohne die Aussicht auf eine Bleibeberechtigung in der EU zu haben, betonte Nehammer.
Die geplanten Rückführungen sollen über die im vergangenen Sommer bei der Ministerkonferenz in Wien angekündigte "Plattform gegen illegale Migration" operativ organisiert werden. In die Koordinierungsplattform für Migrationspolitik mehrerer EU-Länder – darunter Deutschland – sowie der Westbalkanstaaten wird auch die EU-Kommission miteinbezogen.
Beamte sollen im "Eskortentraining" geschult werden
Bosnien hat bereits auch konkrete Anliegen für Unterstützung vorgebracht. So sollen 50 sogenannte "Rückführungsspezialisten" in Österreich trainiert werden. Diese sind bei Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen für die Sicherheit in den Flugzeugen zuständig. Bei diesem sogenannten Eskortentraining werden die bosnischen Beamten theoretisch und praktisch geschult, in Absprache mit Frontex und unter Miteinbeziehung der Cobra, berichtete Berndt Körner, stellvertretender Exekutivdirektor von Frontex.
"Wir helfen bei der Ausbildung, vermitteln Standards, das ändert aber nichts an der Verantwortlichkeit, die bleibt in den jeweiligen Ländern", sagte er im Gespräch mit der APA. Es gehe darum, dass "alle internationalen Standards eingehalten werden", betonte der österreichische Spitzenbeamte.
NGOs sehen "falsches Zeichen"
Scharfe Kritik an dem von Nehammer geplanten "Rückführungsplan" übten unterdessen zahlreiche Initiativen aus der Zivilgesellschaft. "Wenn Österreich den Westbalkanländern helfen will, dann soll es diese Länder beim Aufbau von rechtsstaatlichen Asylverfahren unterstützen. Wenn allerdings Menschen, die in diesen Ländern keine fairen Verfahren erwarten können, einfach abgeschoben werden sollen und Österreich dabei hilft, macht es sich zum Komplizen eines Völkerrechtsbruches", kritisierte etwa Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, in einer Aussendung.
"Die Vertiefung der Zusammenarbeit mit der EU-Agentur Frontex ist ein falsches Zeichen", erklärte Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der NGO Asylkoordination Österreich. "Die Vorwürfe gegen Frontex umfassen inzwischen unterschiedlichste Bereiche von unterlassener Hilfeleistung über Beteiligung an illegalen Push-backs bis zur Verschwendung von Steuergeldern bei ausufernden Betriebsfeiern. Statt auf die strikte Einhaltung der völker- und menschenrechtlichen Verpflichtungen zu pochen, stärkt Österreich der umstrittenen Grenztruppe den Rücken."
"Im Flüchtlingsschutz müssen wir immer die Menschen im Auge haben, die Schutz suchen. Ich habe bei meiner Reise nach Bosnien selbst gesehen, unter welchen Bedingungen Geflüchtete leben müssen. Für mich ist klar: Diejenigen, die Schutz vor Verfolgung brauchen, müssen durch faire Asylverfahren zu ihrem Recht kommen", sagte Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich und Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik.