Das Sozialbarometer zeige, dass die wachsenden Ängste der Menschen auch ein Umdenken in sozialen Fragen bewirke, sagt der Direktor der Österreichischen Volkshilfe, Erich Fenninger. "Es ist bedrückend und besorgniserregend, zu sehen, wie stark die Menschen belastet sind."
Rund 1000 Menschen in ganz Österreich wurden befragt. Das Ergebnis:
- Zwei Drittel haben große oder weniger große Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, nur ein Drittel fühlt sich ganz sicher.
- 63 Prozent, also fast zwei Drittel, wünschen sich die Anhebung der Nettoersatzquote von 55 auf 70 Prozent, also ein höheres Arbeitslosengeld. Bei den Menschen, die weniger Einkommen haben, sind es sogar 73 Prozent.
- 58 Prozent der Befragten – also fast sechs von zehn – plädieren für eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden. Fenninger: "Das zeigt den gesellschaftlichen Wandel. Es steigt die Zustimmung zur Idee, die Arbeit, die vorhanden ist, zu teilen."
- 94 Prozent der Befragten fordern eine bessere Entlohnung in den Gesundheits- und Sozialberufen. Für Fenninger Ausdruck dessen, dass die Krise gezeigt habe, dass es ohne die Betreuungsberufe nicht gehe, "der soziale Bereich ist systemrelevant, aber von schönen Worten allein können die Betroffenen nicht leben".
- 88 Prozent der Befragten sind für einen verbindlichen Mindestlohn von 1750 Euro brutto pro Monat. Für Fenninger eine Folge davon, dass viele Menschen, etwa in Gastronomie oder Handel, schon zwei oder drei Jobs bräuchten, um überleben zu können.
- Armut und Armutsgefährdung setzen sich in der Pension fort, was gerade Frauen besonders stark spüren. Laut Umfrage sprechen sich 85 Prozent der Befragten für frauenspezifische Förderprogramme aus, um die Benachteiligungen abzubauen; bei den weiblichen Befragten sind es sogar 91 Prozent.
Die Volkshilfe nahm den bevorstehenden Tag der Arbeit und den Tag der Arbeitslosen am Tag davor zum Anlass, um folgende Forderungen an die Bundesregierung zu erheben:
- Die Erhöhung der Nettoersatzquote für das Arbeitslosengeld: "Es darf nicht nur Firmen-Rettungsschirme, sondern es muss auch Rettungsschirme für die Menschen geben."
- Die Arbeitszeitverkürzung, damit die vorhandene Arbeit besser verteilt wird. "Wir leben in einer Zeit, in der vor allem auch jüngere Menschen eine andere Work-Life-Balance suchen."
- Einen verbindlichen Mindestlohn, "denn für die unteren Einkommensschichten ist es unzumutbar, mit so wenig Geld zu leben".
- Die Verbesserung der sozialen Hilfen, um Menschen das Wohnen und die Teilhabe am Leben zu sichern – das Ende der Mietstundungen könnte eine Vielzahl von Delogierungen zur Folge haben.
Claudia Gigler