1. Was ist vom Öffnungsgipfel zu erwarten?
Am 19. Mai soll Österreich groß aufsperren. Schulen und der Handel sind bereits offen, Mitte Mai sollen Gastronomie, Kultur, Sport, Hotellerie folgen. Womöglich fallen auch die Grenzbalken. Fitnessstudios und Nachtgastronomie müssen sich gedulden. Seit elf Uhr beraten Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, die Sozialpartner Harald Mahrer und Wolfgang Katzian, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Bürgermeister Michael Ludwig - Schützenhöfer und Ludwig sind virtuell dabei.
Ursprünglich sollte um 14 Uhr im Weltmuseum am Heldenplatz das Ergebnis verkündet werden, aus virologischen Gründen ist man vom Bundeskanzleramt dorthin übersiedelt, die Präsentation wurde auf 15.30 Uhr verschoben - offenkundig wegen der Bedenken der anwesenden Experten.
2. Werden alle Bereiche gleichzeitig geöffnet?
Ja, denn man will sich eine Debatte wie vor einem Jahr ersparen, wo hintereinander geöffnet wurde und vielen sich die Frage gestellt hat, warum dieser Bereich aufsperren darf, jener aber nicht. Darüber herrscht weitgehend Konsens zwischen den Akteuren.
3. Sind solche Öffnungen nicht verantwortungslos?
Epidemiologen haben großes Bauchweh. Verwiesen wird auf Vorarlberg, wo im März geöffnet wurde und die Zahlen wieder steigen. Besonders Kopfzerbrechen bereitet die neue, besonders heimtückische Tirol-Mutation, die die Impfungen überlistet. Auch stagnieren die Infektionszahlen auf hohem Niveau. Die Politik beteuert, dass unter strengsten Auflagen geöffnet wird.
4. Sind alle Politiker so euphorisch wie Kurz?
Dem Vernehmen nach traf sich der Chef der Landeshauptleutekonferenz, Hermann Schützenhöfer, gestern mit den höchsten Corona-Experten des Landes, die ihm dringend nahegelegt haben sollen, nur höchst vorsichtige Öffnungsschritte zu setzen, keine Euphorie an den Tag zu legen, jeden Schritt von der Infektionslage abhängig zu machen.
5. Was ist bei der Gastro zu erwarten?
In einer ersten Phase sollen maximal vier Leute Platz nehmen. Wer ins Wirtshaus geht, muss eine Maske mitnehmen, sich vorher testen lassen, sich vielleicht beim Eingang registrieren. Offen ist, wer die Unterlagen kontrolliert, ob der Kellner oder sonst jemand. Im Gasthaus müssen die Tische weit voneinander aufgestellt sein. Wie die Kapazitätsbeschränkungen aussehen, interessiert die Sozialpartner.
6. Zahlt sich das überhaupt aus?
Zu befürchten ist, dass die Auflagen so streng sind, dass sich ein Aufsperren gar nicht wirtschaftlich rechnet. Das gilt auch für die Kultur.
7. Worauf darf die Kultur hoffen?
Der Koalition schwebt vor, dass Oper, Theater, Kinos, Kulturveranstalter, öffnen, allerdings nur 50 Prozent der Plätze belegt sein dürfen - mit einer Obergrenze von 1500 Personen. Um hineingelassen zu werden, bedarf es eines Tests. Die großen Häuser wollen im Freien Container für Last-minute-Tests aufstellen. Museen könnten schon Anfang Mai öffnen.
8. Wohin geht die Reise beim Sport?
Fußball, Formel 1, Tennis und andere Veranstalter dürfen wieder Publikum empfangen, so der Plan, allerdings mit Testpflicht und Kapazitätsbeschränkungen.
9. Womit darf die Hotellerie rechnen?
Anders als 2020 sollen auch Beherbergungsbetriebe – im selben Atemzug wie Sport, Kultur und Gastronomie – ihre Pforten öffnen.
10. Welche Tests sollen erlaubt sein?
Das ist eine der Schlüsselfragen des Öffnungskonzepts, denn die Epidemiologen drängen vehement darauf, dass nur einwandfreie Tests zugelassen werden bzw. kein Missbrauch möglich ist. Ideal wären von professioneller Hand durchgeführte Tests in Teststraßen, Apotheken, bei Ärzten oder sonst wo. Wohnzimmertests sollten einen PCR-Standard haben, wie etwa die in Wien verbreiteten Gurgeltests.
11. Was ist mit Geimpften?
Virologisch gibt es keinen Grund, warum Geimpfte, deren zweiter Stich zwei Wochen zurückliegt, nicht ins Wirtshaus dürfen wie Getestete. Das sieht der Grüne Pass, von dem oft die Rede ist, auch so vor. Nur: Das entsprechende Gesetz wird derzeit vom Bundesrat blockiert. Darüber hinaus fürchtet die Politik eine Debatte über Impfprivilegien.
12. Gibt es weitere Öffnungen bei Schulen?
Eine Rückkehr zum normalen Präsenzunterricht für alle Schulstufen dürfte bereits für den 17. Mai geplant sein. Derzeit haben nur die Volksschüler fünf Tage Unterricht an den Schulen, alle anderen grundsätzlich Schichtbetrieb.
Vor Sitzungsbeginn im Kanzleramt erwiesen sich die meisten Teilnehmer als wortkarg. Lediglich Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer ließ sich ein Statement entlocken. Er plädierte für eine "breite, faire Öffnung" mit entsprechenden strengen Sicherheitskonzepten, wobei es ihm nicht so wichtig sei, ob diese am 17. oder 19. Mai losgehen solle, wie er auf Nachfrage meinte: "Uns ist es wichtig, dass es vor Pfingsten stattfindet." Die Gastro-Sperrstunde wünscht er sich jedenfalls um 22 Uhr, damit sich "zwei gute Runden am Abend" in den Lokalen ausgehen.
Niederösterreich beendet Lockdown am 2. Mai
Die Öffnungsschritte sollen in weiterer Folge einige Wochen beobachtet werden. Ist die Entwicklung günstig, könnten im Juni weitere Lockerungen kommen. Erst dann ist etwa die Öffnung von Fitnessstudios eine Option. Die Nachtgastronomie wird wohl noch länger warten müssen.
Niederösterreich will indes - wie geplant - den harten Lockdown am 2. Mai beenden. Nach einem Gipfel mit Gesundheitsexperten und Vertretern der Wirtschaft zur Corona-Situation hat Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag "grünes Licht" für den Öffnungs-Fahrplan gegeben. Sie betonte, dass die gesetzten Maßnahmen "deutliche Wirkung" gezeigt hätten.
Die Prognosen für die Lage auf den Intensivstationen würden zeigen, dass "der gemeinsame Weg, den wir in der Ostregion zum Schutz der Bevölkerung gegangen sind, wichtig, richtig und vor allem erfolgreich war", sagte Mikl-Leiter. Auch wenn die Lage weiterhin ernst sei, würden die gesetzten Maßnahmen mittlerweile gut greifen. "Bei den Neuinfektionen, den Hospitalisierten und auf den Intensivstationen kommt es bereits zu einem positiven Trend der Erholung und Entspannung."